Kompetenzfelder von smart4life
Diese Ziele des Zunkunftsclusters können erreicht werden, da in den vergangenen Jahren eine beispiellose Kompetenzen Dresdner Forscher auf den Gebieten Organische Elektronik, (Bio)Materialforschung, Lebenswissenschaften und Medizin/Medizinische Translation entstanden ist. Insbesondere die Integration von Organischer Elektronik und Hydrogelen mit spezifischer biomolekularer Affinität, ermöglichen den mit smart4life angestrebten fächerübergreifenden Brückenschlag zur Erschließung grundlegend neuer Technologien.
Materialforschung
Materialforschung ist schon immer „critical enabler“ neuer Technologien und Produkte. Auch die mit dem Zukunftscluster smart4life angestrebte technologische Verschmelzung von biologischen und elektronischen Prozessen beruht primär auf materialwissenschaftlicher Innovation. Dresden als europaweit führendes Zentrum der Material- und Werkstoffforschung, organisiert in einer starken institutionenübergreifenden Vernetzung (Materialforschungsverbund Dresden e.V., MFD), verfügt über besonders ausgeprägte Expertisen zu Biomaterialien und zu elektrisch leitfähigen organischen Materialien und damit den für smart4life entscheidenden Gebieten. Das Max-Bergmann-Zentrum für Biomaterialien bildet hierfür bereits eine effektive Schnittstelle zwischen Materialforschung und Lebenswissenschaften. Hier konnten Kombinationen von biologischen Materialien mit niedrigdimensionalen Halbleitersystemen erarbeitet werden, die wichtige Durchbrüche bei der Entwicklung von ultrasensitiven und hochspezifischen biomolekularen Sensoren und neuromorphen Transistoren ermöglichen. Gleichzeitig wurden neue Prinzipien für bioresponsive Polymersysteme erforscht, mit denen die biologisch rückgekoppelte Bereitstellung und Bindung von bioaktiven Substanzen möglich ist. Mit diesem Konzept konnten bereits neuartige adaptiv-antikoagulante Polymer-Coatings für blutkontaktierende Medizinprodukte, morphogenetische Matrixmaterialien für dreidimensionale, humane Gewebe und Krankheitsmodelle sowie anti-inflammatorische Hydrogele zur Behandlung chronischer Wunden entwickelt werden. In jüngster Zeit wurden darauf aufbauend elektrisch leitfähige, bioresponsive Hydrogele hergestellt, die erstmals die funktionelle Kombinierbarkeit von Biohybrid-Materialien mit leitfähigen organischen Materialkomponenten belegen. Die technologische Entfaltung und kreative Nutzung dieses weltweit bisher völlig einzigartigen Materialsystems zur Herstellung von bioresponsiven elektronischen Bauteilen wie OECTs (organisch-elektrochemischen Transistoren) steht im Fokus der mit dem Zukunftscluster geplanten Aktivitäten und bildet die Basis für die fundamental neuen biomedizinischen Anwendungen, die mit dem Zukunftscluster erschlossen werden sollen.
Organische Elektronik
Das Dresden Integrated Center for Applied Physics and Photonic Materials unter der Leitung von Professor Karl Leo, dem Sprecher des Zukunftsclusters smart4life, gehört zu den wichtigsten Pionieren bei organischen Halbleitern weltweit. Die Forschung des Instituts stützt sich inzwischen auf fünf Professuren und ist eng mit der Arbeit weiterer universitärer und außeruniversitärer Gruppen, v.a. am Fraunhofer FEP und am Leibniz-IPF, verzahnt. Im 2009 gegründeten Netzwerk OES wird die Technologietranslation in wirtschaftliche Aktivitäten koordiniert. Die Tatsache, dass es bereits mehrfach überaus erfolgreich gelungen ist, innovative Grundlagenforschung des IAPP in neuartigen elektronischen Technologien und Produkten zu verwerten, ist eine wesentliche Motivation für das sehr ambitionierte Programm des Zukunftsclusters smart4life: Am IAPP entwickelte Konzepte zur kontrollierten Dotierung organischer Halbleiter werden inzwischen durch die Ausgründung novaled vertrieben und milliardenfach in Displays eingesetzt. Auf Basis dieser Dotierung wurden pin-Bauelemente eingeführt, die sowohl in organischen Leuchtdioden als auch Solarzellen eingesetzt werden. Eine weitere wissenschaftliche Pionierleistung ermöglichte die Entwicklung von organischen Leuchtdioden mit besonders hoher Effizienz. Das IAPP verfügt auch über große Erfahrungen bei der Entwicklung von Sensoren auf Basis organischer Materialien. Beispielsweise wurde ein neuartiges Prinzip für Infrarot-Detektoren etabliert, dass es erlaubt, die Detektionswellenlänge sehr einfach und über einen breiten Bereich abzustimmen. Die auf organischen Halbleitern basierenden Detektoren sind vielfältig einsetzbar und besonders für biomedizinische Anwendungen von smart4life geeignet. Sehr wichtig für die geplanten Arbeiten des Zukunftsclusters sind neuartige Transistoren auf Basis organischer Moleküle. Wie konventionelle Transistoren sind diese Bauteile entscheidend, um mit elektronischen Schaltungen Sensorsignale zu verstärken, aktorische Systeme anzusteuern und Daten zu übertragen. Mit 40 MHz hält die Professur von Karl Leo den Weltrekord für die höchste Schaltfrequenz bei organischen Transistoren mit niedriger Betriebsspannung. Die hier verwendeten vertikalen Transistor-Strukturen haben Potential für weit höhere Frequenzen und liefern die ideale Basis für schnelle Organische Elektronik, die durch smart4life mit innovativen Materialkonzepten für biomedizinische Technologien funktionalisiert wird.
Lebenswissenschaften
Dresden hat sich in kurzer Zeit zu einem der dynamischsten, weltweit führenden Standorte lebenswissenschaftlicher Forschung entwickelt. Dabei sind sowohl Grundlagenaspekte der (Stamm)Zell- und Entwicklungs-Biologie als auch stärker mit biomedizinischen Anwendungen verknüpfte Gebiete wie Regeneration und Bioingenieurwissenschaft zu charakteristischen Schwerpunkten geworden. Stimuliert durch das Profil der TU Dresden und ihr Umfeld standen dabei von Anfang an neue technologische Konzepte im Fokus. Die erfolgreiche Forschung zu Grundprinzipien der Zell- und Gewebe-Organisation ermöglichte spezialisierte Initiativen zu medizinischen Fragestellungen. Mit der Etablierung des Else-Kröner-Fresenius-Zentrum für Digitale Gesundheit und des Exzellenzclusters „Physik des Lebens“ werden seit 2019 starke Impulse für eine noch mehr auf Technologie geprägte biomedizinische und biophysikalische Forschung gegeben. Dieses Profil kann durch smart4life noch wesentlich vertieft werden, da mit dem Zukunftscluster erstmals biomolekulare und elektronische Signalprozesse miteinander verschränkt werden können, was sowohl die biologische Grundlagenforschung als auch ihre biomedizinische Nutzung von Grund auf verändern könnte. Umgekehrt bietet das lebenswissenschaftliche Umfeld für smart4life eine ideale Basis für kompetitive Aktivitäten auf den Geschäftsfeldern von smart4life: Mit weltweit führenden Experten und „rising stars“ auf dem Gebiet von humanen Organoiden wird es möglich sein, zielgerichtet neue elektronische Technologien für die Analyse und Steuerung von komplexen in vitro Modellen humaner Gewebe für die Wirkstoffidentifizierung und für individualisierte Therapien zu erschließen. Mit international führenden Spezialisten für Mechanismen von Entzündungsprozessen und Infektionen können innovative sensorische Konzepte für die frühe elektronische Detektion von Infektionen an Medizinprodukten effektiv erkundet und validiert werden. Die herausragende Qualifikation von Dresdner Forschern auf den Gebieten der Regenerationsbiologie und der Immunmodulation bildet auch die Basis für die von smart4life angestrebte Entwicklung innovativer Technologien für die Stimulation von Regenerationsprozessen. Außerordentlich wertvoll für smart4life ist gleichzeitig das hohe wissenschaftliche Niveau und die fachliche Vielfalt der neurowissenschaftlichen Forschung in Dresden, die wesentlich dazu beitragen werden, mit radikal innovativen Technologien die Grenzen zwischen biologischen und elektronischen Signalprozessen zu verschieben, um neue therapeutische Optionen zu schaffen.
Medizinische Translation
smart4life fokussiert nicht nur auf innovative Technologien zur Medikamentenentwicklung, sondern zielt darüber hinaus auf medizinische Anwendungen für neue Klassen von Implantaten, Instrumenten und Messsystemen ab. Für diesen Translationsschritt ans Patientenbett bedarf es nicht nur technischer Kompetenz, sondern auch einer klinischen Innovationsinfrastruktur, die am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden der TU Dresden in den letzten Jahren strategisch gestärkt wurde. Erfolgreiche Lösungen werden idealerweise aus einem definierten medizinischen Bedarf heraus entwickelt. Ärzte müssen diesen Bedarf klar kommunizieren können und einen Überblick über technische Möglichkeiten und Grenzen haben, während die high-tech-Spezialisten die besonderen regulatorischen, ethischen und klinischen Anforderungen im Bereich Medizintechnik kennen und berücksichtigen müssen. Dafür stellt der medizinisch-lebenswissenschaftliche Campus der TU Dresden eine einzigartige Infrastruktur zur Verfügung: Dies umfasst ein laufendes Programm interdisziplinärer Innovationsprojekte für Medizintechnik im Else-Kröner-Fresenius-Zentrum für Digitale Gesundheit (EKFZ), regulatorische Forschungs- und Beratungsstruktur, ein leistungsfähiges Zentrum für klinische Forschung (KKS) an der Medizinischen Fakultät sowie aktive Innovations- und Versorgungsforschung. Damit besteht eine nahtlose Begleitung von medizintechnischer Innovation von der Grundlagenidee bis zur Erstattung durch die Kostenträger des Gesundheitswesens. Dies wird insbesondere für die nachhaltige Entwicklung in den weiteren Umsetzungsphasen von smart4life entscheidend sein. Die Medizinische Fakultät der TU Dresden hat eine starke wissenschaftliche Agenda. Sie sorgt für eine lückenlose Ausbildung von klinischen Wissenschaftlern (Dresden School of Clinical Science). Zur Überwindung von Barrieren bei der Umsetzung von frühen Innovationen in die Routineversorgung hat die Medizinische Fakultät 2012 ein Zentrum für evidenzbasierte Gesundheitsversorgung eingerichtet. Das EKFZ ist der strukturelle Anker für die Etablierung einer neuen Interdisziplinarität. Ein starkes Netzwerk der Medizintechnikforschung und -industrie in Dresden sowie die Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden bieten einzigartige Möglichkeiten für die von smart4life zu etablierenden innovativen Medizintechnik-Lösungen. Im EKFZ stehen smart4life breite Expertise und Infrastruktur zur Regulatorik von Medizinprodukten, Implementierung und Transfer zur Verfügung. Das Nationale Zentrum für Tumorerkrankungen Dresden und die erste Außenstelle des Deutschen Krebsforschungszentrums schaffen durch die Schwerpunktsetzung auf high-tech-Innovation, Technik und Bildgebung ein einzigartiges Umfeld für die Anwendung von smart4life Technologien in der Onkologie.