03.04.2024
Sommersemester 2024: Masterprojekte zum Thema "Küchengärten: ihre Bedeutung, Produkte und Geschichte".

Blick auf die Ostseite des Schlosses Colditz von der ehemaligen Schlossgärtnerei
In unserem Semesteroberthema beschäftigen wir uns in den Masterprojekten mit dem Thema „Küchengärten: Ihre Bedeutung, Produkte und Geschichte“. Dazu sind verschiedene Bearbeitungen – von wissenschaftlichen Betrachtungen bis hin zu Planungen mit Nutzungskonzeptionen am Objekt, den Versorgungsgärten des Schlosses Colditz – möglich. Wir freuen uns auf die Bearbeitung! Gerne auch mit eigenen Projektideen!
Einleitung
Als Küchengärten (franz. jardin potager) wurden die Obst- und Gemüsegärten bezeichnet, die zur Versorgung und Belieferung der herrschaftlichen und klösterlichen Küchen dienten. Diese Nutzgärten waren in der Regel direkt an die herrschaftlichen Gartenanlagen angeschlossen und konnten wie die Lustgärten kunstvoll angelegt sein. Der Küchengarten versorgte die herrschaftlichen Köche, Konditoren und Apotheker mit Gemüse, Früchten, Kräutern und Heilpflanzen. Einer der bekanntesten, heute noch existierende Küchengarten ist der Potager du roi am Schloss Versailles. Er wurde 1678 angelegt und war Vorbild für zahlreiche Küchengärten der Barockzeit, die ebenfalls nach gartenkünstlerischen Gesichtspunkten gestaltet wurden.
Leider sind viele dieser historischen Nutzgärten heute weitgehend in Vergessenheit geraten bzw. nicht mehr vorhanden. In den letzten Jahren kam diesem Gartentypus jedoch wieder verstärktes Interesse zu Teil. So haben sich Netzwerke, z. B. in Deutschland, Frankreich und England, zur Aufgabe gestellt, die Nutzgärten wieder stärker in das Blickfeld zu rücken und wiederzubeleben.
Die Versorgungsgärten des Schlosses Colditz
Bisher wenig oder kaum erforscht sind die Küchengärten an den Gartenanlagen, die die Staatlichen Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen betreuen. Es ist zwar bekannt, dass an vielen Schloss- und Burganlagen eine vielfältige Küchengartenkultur existierte, z. B. in Colditz, in Nossen, in Altzella, in Weesenstein, in Rammenau und in Gnandstein, allerdings sind die Gärten heute kaum noch als solche erkennbar, zumeist nur noch im Bestand ablesbar oder gar nicht mehr existent.
Das von weitläufigen Garten- und Parkanlagen umgebende Schloss Colditz liegt exponiert auf einem Porphyrfelsen oberhalb der gleichnamigen Stadt Colditz, Landkreis Leipzig. Mehrere Gärten dienten der Versorgung, so der Baumgarten, der Weinberg, der Tiergarten und die Schlossgärtnerei. Bedeutend für die gärtnerischen Anlagen war Sophie von Brandenburg (1568-1622), die von 1603 bis 1622 auf Colditz, ihren Witwensitz residierte und der Anlage eine letzte Blütezeit verschaffte. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde die herrschaftliche Nutzung aufgegeben, es wurden Heil- und Pflegeanstalten für Geisteskranke in den Räumlichkeiten des Schlosses untergebracht. Im Zweiten Weltkrieg diente es als Kriegsgefangenlager, von 1946 bis 1996 als Krankenhaus. Seit 2003 gehört das Schloss Colditz mit seinen Anlagen zu den Staatlichen Schlössern, Burgen und Gärten gGmbH. Neben einer musealen Nutzung befinden sich heute eine Jugendherberge und die Landesmusikakademie Sachsen im Schloss.
Thema 1: Der historische Baumgarten des Schlosses Colditz (LM 120, 210/ 310)
Für den Baumgarten, der sogenannten Weißenburg, können Obstbaumpflanzungen vom 16. bis zum 19. Jahrhundert nachgewiesen werden. Heute belegen mehrere Kleingärten den schlossnahen Bereich; mit Auslauf der Pacht sollen diese zukünftig geräumt werden. Ziel ist es hier, einen Baumgarten nach historischen Überlieferungen neu anzulegen.
Inhalte:
• Erforschung/Zusammenstellung der Geschichte des Baumgartens
• Bestandserfassung und Analyse
• Denkmalbewertung
• Zielplanung unter Berücksichtigung der aktuellen Nutzungen sowie Vermittlungsaspekten

Bereich des ehemaligen Baumgartens in der sogenannten Weißenburg. Heute mit Kleingärten besetzt.
Thema 2: Terrassengarten zwischen Schlosspark und Schlossgärtnerei (LM 210/ 310)
Zwischen Schlosspark und Schlossgärtnerei befindet sich ein mit Trockenmauern terrassierter Bereich, der vor 1828 angelegt wurde und ebenfalls der Versorgung diente. Heute ist dieser Bereich stark überwachsen, einzelne Obstbäume finden sich noch im Bestand. Als Teil der ehemaligen oberhalb liegenden Schlossgärtnerei, die als Versorgungsgarten der Anstalt im 19. Jahrhundert in einem Teil des Tiergartens angelegt wurde, soll dieser Bereich künftig wieder sichtbar gemacht und einer Nutzung zugeführt werden.
Inhalte:
• Erforschung/Zusammenstellung der Geschichte des Terrassengartens
• Bestandserfassung und Analyse
• Denkmalbewertung
• Zielplanung mit Nutzungskonzeption unter Berücksichtigung der aktuellen Nutzungen sowie Vermittlungsaspekten

Blick auf den ehemaligen Terrassengarten zwischen unterem Schlosspark und oberer Schlossgärtnerei
Thema 3: Ehemaliger kurfürstlicher Weinberg (LM 210/ 310)
Nördlich des Schlosses befindet sich südexponiert der ehemalige kurfürstliche Weinberg, den Kurfürstin Sophie von Brandenburg im Jahr 1610 anlegen ließ. Noch heute sind die Trockenmauern samt Terrassen des Weinbergs und Reste zweier Grotten deutlich erkennbar. Der Weinberg war von Beginn an auch als Lustgarten geplant. Auf der Höhe befand sich ein Weinbergshaus, in dessen Erdgeschoss eine Küche eingerichtet war. 1890 wurde das Gebäude zur Ruine der fiktiven „Hainburg“ umgestaltet. Heute befindet sich der Weinberg in Privatbesitz.
Inhalte:
• Erforschung/Zusammenstellung der Geschichte des Weinbergs
• Bestandserfassung und Analyse
• Denkmalbewertung und Zielplanung mit Nutzungskonzeption
Thema 4: Die Wiederbelebung von Küchengärten in England, Frankreich und Deutschland (LM 210/ 310)
Seit einigen Jahren werden historische Nutzgärten in Europa wiederentdeckt und revitalisiert. So haben sich z. B. in England, Frankreich und Deutschland Netzwerke gebildet, um die Wiederbelebung von Nutzgärten zu unterstützen. Mit dem immer größer werdenden Bewusstsein für gesunde Ernährung und biologisch angebaute Lebensmittel interessieren sich mehr und mehr Menschen für alte Gemüse- und Obstsorten, die in den wiederbelebten Küchengärten angebaut werden.
Im Jahr 2001 wurde in England das „Walled Kitchen Gardens Network“ gegründet, in dem mittlerweile mehr als 150 Anlagen Mitglied sind. Dazu gehören u.a. West Dean in West Sussex, Attingham Park in Shropshire oder Holkham Hall in Norfolk. In Frankreich haben sich seit 2012 mehr als 75 Nutzgärten im Netzwerk „Potagers de France“ zusammengeschlossen. Mehr als eine Million Menschen besuchen jährlich z. B. den „Potager du roi“ in Versailles, die Küchengärten von Villandry, Chambord oder Chenonceau im Loire-Tal. In Deutschland sind es mit 11 Anlagen vergleichsweise wenige Nutzgärten, die im Küchengartennetzwerk vereint sind. Zu nennen sind z. B. der Küchengarten der Eutiner Residenz, der Herrschaftliche Obstgarten im Schlosspark Bad Homburg v. d. Höhe, der Küchengarten im Veitshöchheimer Hofgarten und die Schlossgärtnerei mit Küchengarten im Muskauer Park.
In einer Projektarbeit ist die Wiederbelebung von Küchengärten im europäischen Vergleich darzustellen und aufzuzeigen, wie in Deutschland die Wiederherstellung von Küchengärten mehr unterstützt werden kann. Welche Konzepte sind erfolgsversprechend und möglicherweise übertragbar? Welche Zusammenspiele gibt es zwischen Museumskonzeption, dazugehörigen (Küchen-)Gärten und Museumsgastronomie? Welche Akteure spielen in Frankreich und England eine Rolle? Welche Organisationen? Gibt es spezielle Förderprogramme? Oder ist das Bewusstsein einfach ein ganz anderes?
Thema 5: Der Küchengarten des 18. Jahrhunderts: Gestalt, Anbau und Entwicklung - eine Literaturschau (LM 210/ 310)
Ihre Blüte hatten die Küchengärten im Barock. Ludwig XIV. (1638-1715) setzte mit seinem königlichen Gemüsegarten, dem bereits mehrfach erwähnten Potager du Roi, Maßstäbe. Ihm ging es neben der Versorgung seines Hofstaates vor allem um den Genuss. Jean-Baptiste de la Quintinie (1626-1688) war einer der ersten Gärtner, der außersaisonal Früchte zu produzieren verstand. So gab es bereits im März Erdbeeren und im Juni Feigen.
In einer Literaturschau soll der Küchengarten des 18. Jahrhunderts in seiner Gestalt, Struktur und Anbaumethoden dargestellt werden.
Thema 6: Anbau und Produktion- Plädoyer für eine Nachhaltigkeit. Eine Stellungnahme (LM 210/ 310)
In einer Welt, die zunehmend von Umweltproblemen und Ressourcenknappheit geprägt ist, wird die Notwendigkeit einer nachhaltigen Anbau- und Produktionspraxis immer dringlicher. Ein nachhaltiger Anbau und Produktion umfasst eine Vielzahl von Maßnahmen, die darauf abzielen, die Umwelt zu schützen, die Biodiversität zu erhalten sowie soziale und wirtschaftliche Bedürfnisse berücksichtigen. Dazu gehören der Einsatz umweltfreundlicher Anbaumethoden, die Reduzierung von Pestiziden und Chemikalien, die Förderung von biologischer Vielfalt und der Schutz natürlicher Ressourcen wie Wasser und Boden. Indem wir auf eine nachhaltige Anbau- und Produktionspraxis setzen, können wir nicht nur die Umwelt schützen, sondern auch die Qualität unserer Lebensmittel verbessern, die Gesundheit der Verbraucher fördern und die Widerstandsfähigkeit des Gartenbaus und der Landwirtschaft gegenüber den Herausforderungen des Klimawandels stärken.
Der Erhalt alter regionaler Sorten spielt dabei eine wichtige Rolle. Viele historische Sorten sind eng mit bestimmten Regionen, Traditionen und Geschmacksrichtungen verbunden und tragen zur kulturellen Vielfalt bei. Ihr Verlust würde nicht nur zu einer Verringerung der kulinarischen Vielfalt führen, sondern auch das Wissen und die Fertigkeiten der Bauern und Gärtner, die diese Sorten kultivieren, gefährden. Um die Sortenvielfalt und damit auch Biodiversität zu erhalten und letztendlich zu steigern, sind gezielte Erhaltungsmaßnahmen erforderlich. Dazu gehören die Sammlung und Dokumentation von Saatgut alter Sorten, die Einrichtung von Genbanken und die Förderung des Anbaus und der Verwendung traditioneller Sorten durch Landwirte, Gärtner und Verbraucher.
In einer Projektarbeit sind die Aspekte eines nachhaltigen Anbaus und Produktion versus Regionalität und Sortenvielfalt in einer Stellungnahme aufzuzeigen. Was bedeutet Nachhaltigkeit in Bezug auf Anbau und Produktion? Welche (regionalen) Initiativen zum Sortenerhalt gibt es? Welche Rolle können dabei wiederhergestellte Küchengärten spielen?