Zur Geschichte des IBAD
Vorlesungen zur Baugeschichte und eine Sammlung für Baukunst gab es an der Technischen Hochschule Dresden seit Gründung der Hochbauabteilung des Königlichen Polytechnikums 1875.
Geschichte des IBAD
... Für die bau- und kunstgeschichtliche Ausbildung verantwortlich waren damals KARL WEIßBACH (Geschichte der Baukunst), der später auch als Architekt für die Institutsbauten der Abteilungen Maschinenbau und Elektrotechnik in Erscheinung trat, und ab 1878 zusätzlich RICHARD STECHE (Geschichte der Technischen Künste, Praktische Ästhetik, Entwicklung der Künste in Sachsen). Dessen Nachfolger wurde 1893 CORNELIUS GURLITT, einer der bedeutendsten Forscher und Lehrer dieser Zeit auf dem Gebiet der Bau- und Kunstgeschichte. 1896 übernahm er das Fach Geschichte der Baukunst von WEIßBACH (unterstützt ab 1898 durch Vorlesungen von LOUIS SPONSEL in Geschichte der Architektur und des Kunstgewerbes), ab 1908 erweiterte er seine Vorlesung um Aspekte des Städtebaus, der Denkmalpflege, der historischen Kunstlehre, der Kunst des Orients und Sachsens, der Geschichte der Kunstkritik u. a. 1900 hatte die TH Dresden das Promotionsrecht erhalten und GURLITT wusste diese Chance für die bauhistorische Forschung zu nutzen. Als erster Architekt in Deutschland promovierte hier 1902 HERMANN MUTHESIUS, Mitbegründer des Deutschen Werkbundes (1907) und einer der bedeutendsten Reformarchitekten in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Das war der Auftakt zur Entstehung eines Netzwerks aus Alumni, Doktoranden und Wissenschaftlern, das bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts erheblichen Einfluss auf die Forschung und deren Themen hatte.
STECHE und GURLITT waren auch mit wichtigen Aufgaben im Rahmen der Königlichen Kommission zur Erhaltung der Kunstdenkmäler betraut. (Das Sächsische Landesamt für Denkmalpflege wurde erst 1920 gegründet, nach dem Ende der Monarchie in Sachsen). Das Archiv dieser Kommission wurde 1908 in die Sammlung für Baukunst eingegliedert, die auf Initiative GURLITTS seit 1897 entstanden war und bereits Sammlungen für Baukonstruktionslehre, für das Entwerfen von Hochbauten und für die Fächer Bauformenlehre, Freihand- und Ornamentzeichnen und Stillehre des Kunstgewerbes enthielt. Leider konnte die Sammlung, die sich bald zur größten ihrer Art in Deutschland entwickelt hatte, an der TH Dresden nicht dauerhaft fortgeführt werden. Große Teile wurden jedoch in den 1930er Jahren dem Landesamt für Denkmalpflege übereignet, wo sie bis heute eine wichtige Arbeits- und Forschungsgrundlage darstellen; was an der Technischen Hochschule verblieb, wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört.
Als Nachfolger GURLITTS für die Geschichte der Baukunst wurde 1920 OSKAR REUTHER berufen, ein Spezialist für Alte Hochkulturen, dessen wissenschaftlicher Schwerpunkt auf bauarchäologischen Forschungen im Vorderen Orient lag. Seine Lehre ergänzten ab 1924 FRITZ RAUDA mit Vorlesungen zu mittelalterlicher Baukunst und OTTO SCHUBERT, eigentlich zuständig für Bauformenlehre und Entwerfen und zugleich wichtiger Architekt des genossenschaftlichen Wohnungsbaus in Dresden, mit Vorlesungen zur Baukunst des Barock und zur SArchitektur Spaniens.
REUTHER war Gründungsmitglied der 1926 ins Leben gerufenen und bis heute bestehenden Koldewey-Gesellschaft (wichtigstes Forum für Bauhistoriker und bauarchäologisch tätige Architekten im deutschsprachigen Raum) und von 1932 bis 1934 Rektor der TH Dresden, ein Amt, das er augenscheinlich vorbehaltlos im Sinne nationalsozialistischer Hochschulpolitik ausübte. Die 1933 einsetzenden und unter dem Rektorat des ebenfalls aus der Hochbauabteilung kommenden WILHELM JOST zwischen 1935 und 1945 fortgesetzten Repressalien führten unter anderem dazu, dass OTTO SCHUBERT 1938 seine Stelle und 1940 seine Lehrbefugnis verlor.
Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Abteilung Architektur zunächst der Fakultät für Kommunale Wirtschaft und danach der Fakultät für Bauwesen angegliedert. Inmitten der schweren Kriegszerstörungen konnte der Lehrbetrieb bereits im Oktober 1946 wieder aufgenommen werden, nun allerdings unter sozialistischen Vorzeichen. Nachfolger REUTHERS und Leiter der nunmehr zusammengelegten Lehrstühle für Geschichte der Baukunst und Allgemeine Kunstgeschichte wurde der seit 1936 hier lehrende Kunsthistoriker EBERHARD HEMPEL. Das Lehrangebot umfasste vornehmlich Überblicksvorlesungen und die Kunst- und Baugeschichte Sachsens, insbesondere Dresdens. Flankiert wurden diese Lehrveranstaltungen bis 1957 durch Vorlesungen des rehabilitierten und an die TH Dresden zurückgeholten OTTO SCHUBERT. Als Nachfolger HEMPELS übernahm 1956 sein vormaliger Assistent WALTER HENTSCHEL die Leitung des Instituts für Kunstgeschichte und die Sammlung für Baukunst. Bereits seit 1955 Inhaber eines Lehrstuhls für Kunstgeschichte und Denkmalpflege (in dieser Fächerkombination erstmalig in Deutschland), hatte er das Lehrgebiet Denkmalpflege, das in seinen Grundzügen bereits durch das Wirken GURLITTS begründet worden war, neu aufgebaut. Unterstützt wurde er dabei durch Landeskonservator HANS NADLER, der seit Anfang der 1950er Jahre dem Institut als Lehrbeauftragter verbunden war. Als Schüler REUTHERS mit bauarchäologischen Methoden vertraut, brachte NADLER auf Exkursionen und Übungen die praktischen Aufgaben der Erhaltung und Wiederherstellung der Denkmallandschaft Sachsens in die Architektenausbildung ein. Als er 1965 nach langwierigen Bemühungen der Abteilung zum Honorarprofessor ernannt worden war, konnte er auch die Vorlesungen zur Denkmalpflege übernehmen.
Seit 1957 gab es an der TH Dresden (die Aufwertung zur Technischen Universität erfolgte 1961) auch einen Lehrstuhl für Theorie der Architektur und Entwerfen, der die mit SCHUBERTS Tod vakant gewordene Professur für Bauformenlehre und Entwerfen ersetzte. Auf ihn berufen wurde der aus Lübeck in die DDR übergesiedelte Architekt GEORG MÜNTER, der seit 1954 als Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der technisch-ideologischen Zentralinstanz des Bauwesens der DDR, der Deutschen Bauakademie in Ostberlin, tätig gewesen war. Den offiziellen zeitgeschichtlichen Veröffentlichungen zufolge lehrte er Architekturtheorie und Baugeschichte auf ausdrücklich marxistischer Grundlage, wobei es im Wesentlichen um die systematische Anwendung des Marxismus-Leninismus und dessen Kunstdoktrinen bzw. Geschichtsmodellen auf Fragen der architektonischen Produktion zu gehen hatte. Dabei rückte nun auch die Baukunst des 19. und 20. Jahrhunderts stärker in den Blick. Die bleibende Leistung MÜNTERS liegt in seinen Untersuchungen zu Idealstädten der Frühen Neuzeit, auch wenn er sich aus heutiger Sicht damit wissenschaftlich weit weniger profilierte als EBERHARD HEMPEL durch seine langjährigen Forschungen zu Kunst und Architektur des Barock und WALTER HENTSCHEL durch die Arbeiten zur Kunstgeschichte Sachsens.
Nach dem Tode MÜNTERS erfolgte 1965 die Gründung des Institutes Theorie und Geschichte der Architektur, in dem der Lehrstuhl Theorie der Architektur und Entwerfen mit dem Lehrstuhl für Geschichte der Baukunst und den Lehrfächern Denkmalpflege und Konstruktive Sicherung von Baudenkmalen zusammengeführt wurden. (Für die Lehrfächer Kunstgeschichte und Marxistische Ästhetik war fortan das Lehrgebiet Kunstwissenschaft in der Sektion Philosophie und Kulturwissenschaften zuständig.) Ab 1969 kam es im Kontext der DDR-Hochschulreform, der Industrialisierung des Bauwesens und der damit einhergehenden zunehmenden Marginalisierung des Architektenberufs in der DDR nicht nur zur Schaffung einer vereinigten Fakultät für Bau-, Wasser- und Forstwesen an der TU Dresden, in der die frühere Abteilung Architektur nun als eine von fünf „Sektionen“ fortbestand, sondern auch zu einer weiteren Zusammenführung von architekturtheoretischen und baugeschichtlichen Anteilen der Architektenausbildung. 1973 wurden sie in einer Professur für Theorie und Geschichte der Architektur und Entwerfen unter der Leitung von KURT MILDE konzentriert, der im Folgenden nicht zuletzt durch grundlegende Forschungen zur damals noch weithin verkannten Architektur des 19. Jahrhunderts wissenschaftlich in Erscheinung trat. Außerdem konzipierte und leitete er einen postgradualen Studiengang, der die Möglichkeit bot, eine Spezialqualifikation als Fachingenieur in der Denkmalpflege zu erwerben. Aus diesem Umfeld ist 1984 (anlässlich der ICOMOS-Generalversammlung in der DDR) eine Broschüre hervorgegangen, die die „Aneignung des baulichen Erbes gleichsam zum normalen Bestandteil sozialistischer Umweltgestaltung“ erklärt. Und weiter heißt es darin: „Bauen ist Weiterbauen, und daher ist die Aneignung des baulichen Erbes in den allgemeinen Reproduktionszyklus des baulichen Lebensrahmens mit eingeschlossen, der das Erhalten, Modernisieren und den Neubau umfasst.“
Der Mittelalter- und Kirchenbauspezialist KLAUS MERTENS erhielt im Zuge der Erneuerung der Technischen Universität Dresden nach 1990 den nun wieder eingerichteten Lehrstuhl für Baugeschichte, den er bis zu seiner Emeritierung 1997 innehatte. Als erster Sprecher der Abteilung Architektur nach der Wiedervereinigung Deutschlands gestaltete er deren Neubeginn maßgeblich mit. Im Zuge dieser Reform kam 1993 mit der Gründung der heutigen Architekturfakultät und der damit verbundenen Einrichtung des IBAD eine Hochschuldozentur für Architekturtheorie hinzu, die FALK JÄGER übernahm, und im selben Jahr wurde THOMAS WILL auf die neu geschaffene Professur für Denkmalpflege und Entwerfen berufen. HANS-GEORG LIPPERT trat 1998 die Nachfolge von KLAUS MERTENS an. Die folgenden Jahre brachten strukturelle Veränderungen. Die Dozentur für Architekturtheorie wurde in eine Professur für Architekturtheorie und Architekturkritik umgewandelt, auf die 2001 ACHIM HAHN berufen wurde. Im Jahre 2004 konnte (mit Unterstützung des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst und der Deutschen Stiftung Denkmalschutz) das Forschungs- und Lehrprofil des IBAD um eine Professur für Denkmalkunde und angewandte Bauforschung erweitert werden, auf die HANS-RUDOLF MEIER berufen wurde. In diesen Jahren wurde ein postgradualer Masterstudiengang "Denkmalpflege und Stadterneuerung" ins Leben gerufen, der allerdings nur wenige Jahre bestand. Nach MEIERS Wechsel an die Bauhaus-Universität Weimar 2007 wurde diese Professur 2008 bis 2012 durch INGRID SCHEURMANN vertreten.
Im Zuge der Eingliederung der Architekturprofessuren der HTW Dresden in die TU Dresden kam 2018 MARY PEPCHINSKY als Professorin für Architektur und Gesellschaft ans IBAD und wirkte hier bis 2021. In diesen Jahren begann ein neuerlicher Generationenwechsel. Im Zuge dessen musste das IBAD schmerzhafte Einsparungsmaßnahmen hinnehmen, die mit einer personelle Verkleinerung einhergingen. ACHIM HAHN und THOMAS WILL gingen 2018 in Pension und wirkten im Anschluss noch fünf Jahre als Seniorprofessoren. 2019 wurde CLAUDIA MARX auf die Professur für Denkmalpflege und Entwerfen berufen. HANS-GEORG LIPPERT erreichte 2023 die Altersgrenze und bleibt dem IBAD ebenfalls noch für fünf Jahre als Seniorprofessor erhalten. SONJA HNILICA wurde 2023 auf die Professur für Baugeschichte und Architekturtheorie berufen. Gegenwärtig besteht das IBAD somit aus zwei Professuren und den jeweiligen Mitarbeiter*innen.
(hgl/ah/tw/za/sh)
Quellen:
(Autorenkollektiv) 1828-1988. Geschichte der Technischen Universität Dresden, Berlin 1988
Dorit Petschel (Bearb.): Die Professoren der TU Dresden 1828-2003 (175 Jahre TU Dresden, Bd. 3), Köln / Weimar / Wien 2003
Erhard Schmidt, Die Entwicklung der Hochbauabteilung an der Technischen Hochschule Dresden in den Jahren von 1900 – 1945, ein Beitrag zur Geschichte der Technischen Universität Dresden, unveröffentlichte Dissertation, Dresden 1981
Technische Universität Dresden, Sektion Architektur (Hg.), Beiträge aus Lehre und Forschung zur Architektonischen Gestaltung der sozialistischen Umwelt, Dresden 1975
Technische Universität Dresden, Sektion Architektur (Hg.): Beiträge der Sektion Architektur in Lehre und Forschung bei der Aneignung des baulichen Erbes, Dresden 1984
Technische Universität Dresden, Sektion Architektur (Hg.): Beiträge der Architekturausbildung für die Praxis 1980-1989, Dresden 1990
TU Dresden, Fakultät Architektur (Hg.): Bauen lehren – Bauen lernen. Die Architekturfakultät der TU-Dresden, Leipzig und Dresden 1997
Veröffentlichung der Sektion Architektur zu Ehren des 100. Geburtstages W. I. Lenins, in: Wissenschaftliche Zeitschrift der TU Dresden 18 (1969), H. 6, S. 15-17.
Kunstgeschichte in der Nachkriegszeit 1945-1955, http://ikg.uni-karlsruhe.de/projekte/kg45_55/lektiographie/ dresden (zuletzt aufgesucht: Juli 2008)