24.10.2025
#FactFriday: Frauenbildung
Heute ist Bildung für Mädchen selbstverständlich.
Doch das war nicht immer so! Bis weit ins 19. Jahrhundert durften Frauen in Deutschland kaum lesen, schreiben oder rechnen lernen, geschweige denn studieren.
Bildung war ein männliches Privileg und wer als Frau Wissen wollte, galt schnell als „überheblich“.
Bildung im 19 Jahrhundert
Im frühen 19. Jahrhundert war das deutsche Bildungssystem streng geschlechtsgetrennt.
Mädchen besuchten meist nur Volksschulen. Dort lernten sie grundlegende Fertigkeiten. Nach der 6. Klasse war das vorbei. Die weiterführende Schulen waren nur für Männer gedacht.
Die Lehrpläne für Mädchen sollten kein Wissen vermitteln, sondern Anpassung: Religion, Nähen, Sittenlehre und etwas Lesen mit dem Ziel „Erziehung zur guten Ehefrau und Mutter“. Nur wenige wohlhabende Familien schickten ihre Töchter auf höhere Töchterschulen, die privat organisiert waren.Aber auch dort war das Ziel gesellschaftliche Etikette -> kein Abitur, kein Studium.
Erste Aufstände
In der Mitte des 19. Jahrhunderts wuchs das Bedürfnis nach qualifizierterer Bildung auch für Mädchen. Frauen begannen, sich gegen ihre Beschränkung auf das Häusliche zu wehren.
Ab 1850 entstanden in mehreren Städten Lehrerinnenseminare, die Frauen zumindest einen Beruf im Bildungsbereich ermöglichten. Doch auch diese Ausbildung war inhaltlich reduziert und schloss gesellschaftliche Aufstiegsmöglichkeiten aus.
Helene Lange veröffentlichte 1888 die „Gelbe Broschüre“, in der sie die unzureichende Mädchenbildung kritisierte und gleiche Bildungsstandards forderte.
Ihr Engagement führte 1888 zur Gründung des Vereins „Reform der Mädchen- und Frauenbildung“, der das erste anerkannte Mädchengymnasium 1893 in Karlsruhe einführte.
Frauenbewegung
Die erste deutsche Frauenbewegung, die sich ab den 1860er-Jahren formierte, machte Bildung zu ihrem zentralen Anliegen. Der 1865 gegründete Allgemeine Deutsche Frauenverein (ADF) forderte gezielt „die erhöhte Bildung des weiblichen Geschlechts“.
Frauen wie Luise Büchner, Henriette Goldschmidt und Ika Freudenberg kämpften für die Öffnung der Gymnasien und Universitäten.
Sie gründeten eigene Kurse, Lesekreise und Bibliotheken. Goldschmidt eröffnete 1871 in Leipzig das erste Allgemeine deutsche Lehrerinnen-Seminar, das explizit feministische Bildungsziele verfolgte.
Diese Initiativen veränderten das Bewusstsein einer ganzen Generation.
Zugang zu den Universitäten
Bis 1900 war der Zugang zu Hochschulen für Frauen in fast allen deutschen Ländern verboten. Nur vereinzelt durften sie als „Gasthörerinnen“ teilnehmen ohne einen Abschluss zu bekommen.
Die erste deutsche Studentin, Dorothea Schlözer, hatte ihr Studium noch im 18. Jahrhundert in Göttingen abgeschlossen , als absolute Ausnahme.  Im 19. Jahrhundert mussten viele Frauen ins Ausland ausweichen, vor allem in die Schweiz, wo Universitäten wie Zürich schon ab 1867 Frauen aufnahmen.
1908 durften in Preußen die ersten Frauen studieren. Jedoch stieß es auf nicht viel gesellschaftliche Akzeptanz. Professoren weigerten sich oft, Studentinnen zu unterrichten, und Karrieren in der Wissenschaft waren fast unmöglich.
Fortschritt, Rückschritt, Neuanfang
In der Weimarer Republik (1919–1933) nahm der Anteil studierender Frauen deutlich zu . 1930 lag er bei etwa 16 %. Viele ergriffen Berufe in Medizin, Pädagogik oder Jura. Dann kam das nationalsozialistische Regime (1933–1945), dass diesen Fortschritt stoppte: Frauen wurden auf ihre „biologische Aufgabe“ als Mütter reduziert, viele Studentinnen mussten ihr Studium abbrechen.
Nach 1945 begann der Wiederaufbau auch bildungspolitisch. In der BRD wie in der DDR spielten Frauenverbände und Pädagoginnen eine wichtige Rolle bei der Reform des Bildungssystems.
In den 1970er Jahren forderte die zweite Frauenbewegung: Bildung müsse nicht nur zugänglich, sondern gleichberechtigt gestaltet sein.
Feministische Perspektiven
In den 1970ern entstanden Frauenbibliotheken, autonome Frauenseminare und Frauenstudiengänge. Laut Casale (2021) wurde Bildung nun als kultureller und politischer Emanzipationsprozess verstanden:
Wissen war nicht nur Mittel, sondern Waffe gegen Unterdrückung.
Diese Bewegung trug entscheidend dazu bei, dass Themen wie Gender, Care-Arbeit oder Diskriminierung an Universitäten erforscht wurden. Die Grundlagen der heutigen Gender Studies.
Fazit
Frauenbildung war nie selbstverständlich. Vom 19. Jahrhundert bis heute zeigt sich: Bildung ist nicht neutral, sie war immer politisch. Heute sind mehr als die Hälfte Frauen der Studierenden in Deutschland, doch in Professuren, technischen Studiengängen und Führungspositionen bleiben sie unterrepräsentiert.
Quellen:
https://www.digitales-deutsches-frauenarchiv.de/themen/maedchen-und-frauenbildung (14.10.2025)
https://books.google.de/bookshl=de&lr=&id=PtdwAgAAQBAJ&oi=fnd&pg=PA5&dq=frauenbildung+im+19+und+20+jahrhundert&ots=0E0HbDdKx0&sig=Kg55oov8Cz-U4239xAbntkdAJ8E&redir_esc=y#v=onepage&q=frauenbildung%20im%2019%20und%2020%20jahrhundert&f=false (14.10.2026)
https://www.nomos-elibrary.de/document/download/pdf/uuid/916c105e-e904-392a-8dee-b02335b254bc (15.10.2026)
https://library.oapen.org/bitstream/handle/20.500.12657/50161/1/Casale-2021-Kulturen.pdf#page=192 (15.10.2026)