Samenbäume und Naturverjüngungspotenziale von Pionierbaumarten zur Kalamitätsvorsorge im Fichtenwald
Vorwald- und Nebenbaumarten: Möglichkeiten und Grenzen einer erfolgreichen Wiederbewaldung von Schadflächen im Hinblick auf Samenbäume und Naturverjüngungspotenziale von Pionierbaumarten zur Kalamitätsvorsorge im Fichtenwald
In der Vergangenheit wurden großflächig nicht standortsgerechte, einschichtige Nadelholzbestände aus Gemeiner Fichte und Gemeiner Kiefer begründet (ZERBE 2009). Parallel wurden natürlich ankommenden Pionierbaumarten, ungeachtet ihrer vielfältigen ökologischen Wirkungen, als sogenanntes „forstliches Unkraut“ konsequent aus dem Bestandesgefüge entnommen. Diese Handlungsweise führte in den Wäldern zu einer zunehmenden Artenverarmung und Bodendegradierung (RÖHRIG et al. 2006). Ferner traten und treten in den nicht standortsgerechten und folglich instabilen Nadelholzreinbeständen wiederholt Schadereignisse (Schädlingskalamitäten, Waldbrände, Schneebruch und Windwurf) auf, mit der Folge flächenhafter Verluste ganzer Waldbestände (NOACK 2006). Durch die unvermittelte Entstehung solcher Kahlflächen werden Wasser- und Nährstoffkreisläufe entkoppelt, mit der Folge, dass verstärkt Kohlendioxid freigesetzt und Nährstoffe ausgewaschen werden (BURSCHEL & HUSS 1997).
Pionierbaumarten bieten aufgrund ihrer typischen Eigenschaften (große Ausbreitungsfähigkeit, schnelles Jugendwachstum, geringe standörtliche Ansprüche) die Chance einerseits die benannten Umweltbelastungen der nadelwalddominierten Reinbestände zu mildern und andererseits die Folgen der Freiflächenwirkungen einzudämmen (BURSCHEL & HUSS 1997). Verschiedene Untersuchungen zur Wiederbewaldung von Freiflächen haben allerdings gezeigt, dass eine erfolgreiche Besiedlung nicht immer gegeben war (RICHTER & LEDER 1990, LÄSSIG et al. 1995, SCHMIDT-SCHÜTZ & HUSS 1998, WENT 2011).
Ziel dieses Forschungsprojektes soll daher der Gewinn neuer Erkenntnisse für eine rasche und weitgehend eingriffsfreie Wiederbewaldung von Freiflächen durch Pionierbaumarten sein. Dabei gilt es artspezifische Mindestdichten von Samenbäumen abzuleiten, die eine Wiederbesiedlung ermöglichen. Weiterhin soll es möglich sein, anhand von Flächen- und Bestandesparametern das tatsächliche Verjüngungspotential der gegenwärtig vorhandenen Weichlaubbaumarten in den Wäldern abzuschätzen.
Mit Hilfe von Samenfallenfängen auf Freiflächen soll das Ausbreitungspotential der verschiedenen Pionierbaumarten untersucht werden. Hierfür werden jeweils Samenfallen für die anemochor verbreiteten Arten (Birke, Weide) und Kotfallen für die zoochor verbreitete Eberesche auf den Kahlflächen aufgestellt. Des Weiteren werden die in den angrenzenden Beständen befindlichen Samenbäume eingemessen, um neben den Samendichten genaue Kenntnisse über die Ausbreitungsdistanz zu erhalten. Begleitend werden auf Kyrill-Sturmwurfflächen (Orkan 2007) Vegetationsaufnahmen durchgeführt. Diese sollen Informationen über den tatsächlichen Besiedlungserfolg bzw. Gründe für das Ausbleiben von Naturverjüngung liefern. Die erhobenen Daten werden anschließend zur Parametrisierung isotroper und anisotroper Einzelbaummodelle genutzt.
Das Projekt abschließend, soll in einer Beispielregion in den Hochlagen des Thüringer Waldes das vorhandene Samenbaumpotential von Weichlaubhölzern untersucht werden. Unter Berücksichtigung der Forschungsergebnisse aus dem Projekt sollen etwaige Defizite bei einer Wiederbesiedlung neuer Schadflächen in der Modellregion aufgedeckt und Handlungsempfehlung zur Kompensation dieser gegeben werden.
Die Erkenntnisse des Projektes sollen dazu beitragen, im Falle weiterer Sturmwurfkatastrophen, Wiederbestockungsszenarien abschätzen zu können und bei Bedarf vorsorglich Maßnahmen zur Einbringung von Pionierbaumarten zu ermöglichen.