09.08.2019
Richtigstellung von Aussagen im Artikel von Frau Dr. Christine Miller, Titel „Verbiss ist nicht alles“ in der Jagdzeitschrift „Wild und Hund“, Heft 15 im Jahre 2019
Wegen der vielen anderen Unterstellungen und tendenziösen Aussagen soll im Folgenden nur auf einige exemplarische, nachweislich unwahre Aussagen im o. g. Artikel eingegangen und die tatsächlichen Sachverhalte kurz ausgeführt werden, die insbesondere die Professur für Waldschutz der TU Dresden betreffen.
Über das BioWild-Projekt, dessen Inhalte und Zwischenergebnisse wurde und wird weiterhin bei vielfältigen und stets öffentlich zugänglichen Veranstaltungen in den Pilotgebieten und auf der Webseite des BioWild-Projekts sowie in den Veröffentlichungen der Projektbetreiber/innen und Projektbearbeiter/innen regelmäßig informiert.
Behauptung von Frau Dr. Miller, o. g. Artikel, S. 83, mittlere und rechte Spalte:
„Dass der beauftragte Lehrstuhl mit der ursprünglichen Fragestellung überfordert war, wurde in einem Gutachten zur Umsetzung des Projektes in der Pilotregion Dübener Heide dargelegt. Als Folge dieser Studie und daraus entstandenen öffentlichen Diskussion (s. WuH 19/2017) gab es offensichtlich eine Neubewertung und Gewichtung der verschiedenen Projektteile.“
Richtigstellung:
Bezug wird genommen auf die „gutachterliche Stellungnahme“ von Frau Dr. Miller, welche sie nunmehr als Gutachten bezeichnet. Diese gutachterliche Stellungnahme ist angefüllt mit zahlreichen nachweislich unwahren Behauptungen. Verwiesen wird in dieser Beziehung auf die originalen Projektunterlagen und auf die Richtigstellung der Projektleiter vom Dezember 2017, die auf der Webseite des BioWild-Projektes verfügbar ist.
Neben den nachweislich unwahren Behauptungen über das angebliche Erlegen trächtiger Alttiere im April und das Negieren des so genannten Mutterschutzes ab August missbraucht Frau Dr. Miller als Extremum eine Grafik aus einer Präsentation der TU Dresden, um die Behauptung des Abschusses von führenden Tieren und damit die Unterstellung des Verstoßes gegen § 22, Abs. 4 Bundesjagdgesetz zu begründen. Diese Verdächtigung ist nicht nur nachweislich unwahr, sondern ein Missbrauch fremder wissenschaftlicher Ergebnisse. In dieser Abbildung (siehe nachfolgend) sind, wie normal üblich, die Wildarten getrennt und innerhalb der Wildarten nach Geschlechtern getrennt die Altersklassen abgebildet. Die Säule der Rottiere ist tatsächlich fast doppelt so hoch wie die der weiblichen Kälber. Die männlichen Kälber werden jedoch von Frau Dr. Miller schlicht weggelassen. Wenn man die männlichen Kälber den weiblichen hinzurechnet, sind die Säulen der Kälber und der Tiere gleich hoch. Es sind also nachweislich ebenso viele Alttiere wie Kälber erlegt worden. Unabhängig davon, ob diese missbräuchliche Umdeutung der Grafik aus Versehen oder absichtlich vorgenommen wurde, ist es keine Meinungsäußerung, sondern eine eindeutige Verfälschung und damit ein grober Verstoß gegen die gute wissenschaftliche Praxis. Bis heute gibt es von Frau Dr. Miller trotz dieser Eindeutigkeit weder eine Rücknahme noch eine Entschuldigung.
Eine Darlegung, dass der Teilprojektleiter und/oder die Bearbeiterin der TU Dresden mit der ursprünglichen Aufgabe überfordert gewesen waren, wird in keiner Weise belegt oder es wird versucht, dies mit den zuvor genannten nachweislich unwahren Behauptungen zu suggerieren.
Tatsache ist, dass kein einziger Teil des Gesamtprojekts neu bewertet oder anders gewichtet wurde. Das Gesamtprojekt und alle Teilprojekte wurden und werden in allen Teilen, ohne Abstriche und mindestens so wie ursprünglich entworfen, beantragt, begutachtet und bewilligt durchgeführt. Drei der vier Teilprojekte (u. a. das der TU Dresden) wurden sogar wegen der hohen Arbeitsleistungen einschließlich einer entsprechenden Erhöhung der Förderung aufgestockt. Die Bearbeitung erfolgt akribisch nach wissenschaftlichen Standards und findet Anerkennung.
Es erfolgte auch keine zusätzliche, öffentliche Diskussion. Im Gegenteil, eine erste Aussprache auf Anregung und als Entgegenkommen des Projektträgers erfolgte am 04. Oktober 2017, bei der auf ausdrücklichen Wunsch von Frau Dr. Miller von Seiten der Projektleiter/-bearbeiter nur Herr von der Goltz und Herr Wenninger, die Professoren Ammer, Knoke und Müller jedoch nicht teilnehmen durften. Am 02. und 03. Mai 2018 gab es dann auf Wunsch der benachbarten Hegegemeinschaft Dübener Heide zwei interne Termine in der Dübener Heide, die im Gegensatz zu den vorangegangenen vier Projektterminen durch das BioWild-Projekt teilweise erweiterte Beteiligungen ermöglichten, jedoch nicht öffentlich zugänglich waren. Auf diesen Veranstaltungen wurden dennoch viele der unterschiedlich gesehenen Punkte unter Anwesenheit und Beteiligung von Frau Dr. Miller geklärt und es wurde eine „Gemeinsame Erklärung“ unterzeichnet, in der vereinbart wurde, Zitat: “evtl. zukünftige Differenzen und Fragen sachbezogen im direkten Austausch zu klären.“ Zitat Ende.
Behauptung von Frau Dr. Miller, o. g. Artikel, S. 86, linke Spalte und S. 86 rechte Spalte:
„Um Wildbestände auf das gewünschte Maß zurückzudrängen, hat Prof. Müller sein Jagdregime erfunden, das auf den Flächen mit „Habitat anzupassenden Wildbeständen“ (HZW) ausgeübt wird“ und „Sucht man nach diesen Erkenntnissen, bleibt nur die Tatsache, dass im April das Laub noch nicht vollständig ausgetrieben und die Sicht für den Schützen besser ist, während die Rehböcke langsam aktiver werden.“
Richtigstellung:
Es wurden von Prof. Müller keine Jagdregime erfunden. Das in Rede stehende Jagdregime ist eines der Jagdregime, die beginnend 2007 aus den Resultaten der jagdlichen, wildbiologischen, wildökologischen und waldschutzseitigen Forschung seit den 1960er Jahren abgeleitet wurden. Es erschließt Regulierungs- und Beutemöglichkeiten, berücksichtigt aber gleichzeitig die tierschutzseitigen Aspekte in der Jagd in besonderem Maße, u. a. durch 4 bis 5 Monate absolute Jagdruhe. Jede einzelne Komponente dieser Jagdregime ist durch wissenschaftliche Ergebnisse untersetzt, in mehreren Projekten erprobt, rechtlich geprüft und in mindestens zwei, zumeist aber mehr Bundesländern Deutschlands normaler Bestandteil des Jagdrechtes. Es kam dabei aber nicht zu den oft pauschal unterstellten Missbräuchen oder gar Straftaten. Die Begründungen und Kritiken der Jagdregime wurden bereits in mehreren Veröffentlichungen in Fachjournalen aufgeführt und diskutiert.
Behauptung von Frau Dr. Miller, o. g. Artikel, S. 86, rechte Spalte:
„Müller-Jagd heißt: Dauerfeuer von April bis Anfang Juni und von August bis Ende Januar. Und dabei auf alles, ach ja, da gibt es noch den Mutterschutz, aber dafür ist ja der Schütze selbst verantwortlich. "Die Jagd auf Rehgeißen im August hat sich bewährt“, so Müller. Aber nachdem auch das großflächige Ausschneiden der Bauchlappen in vielen Forstbetrieben anscheinend Routine geworden ist, kann die Zahl der tatsächlichen Fehlabschüsse von führenden Rehgeißen im August wohl nur geahnt werden.“
Richtigstellung:
In Anbetracht der 4 bis 5 Monate Jagdruhe und der normal geltenden jagdrechtlichen Bestimmungen kann von „Dauerfeuer“ keine Rede sein. Das durch Bejagungs- und Erlegungszeitensynchronisation eine größere Erlegungschancenausnutzung erreicht wird, liegt sogar im besonderen Interesse des Tierschutzes. Der „Mutterschutz“ – genau genommen der Schutz der für die Aufzucht der Jungtiere erforderlichen Elterntiere gemäß § 22, Abs. 4 Bundesjagdgesetz – liegt selbstverständlich fast ausschließlich in der Verantwortung der Jägerinnen und Jäger und ist im Bundesjagdgesetz abschließend und verbindlich geregelt. Schließlich sind wir Jägerinnen und Jäger zumeist allein bei der Entscheidung über die Erlegung von Wild. Die Schonzeiten decken nur Bruchteile der Setz- und Aufzuchtszeiten ab und entheben deshalb nicht davon, Verwechslungen zu vermeiden bzw. das Jungwild vor den Elterntieren zu erlegen. Mit der Formulierung: „Aber nachdem auch das großflächige Ausschneiden der Bauchlappen in vielen Forstbetrieben anscheinend Routine geworden ist, kann die Zahl der tatsächlichen Fehlabschüsse von führenden Rehgeißen im August wohl nur geahnt werden.“ könnte dem Leser angedeutet werden, dass man in vielen Forstbetrieben die Straftat der Erlegung von entsprechenden Elterntieren routinemäßig begeht oder in Kauf nimmt und durch das Ausschneiden der Bauchlappen vertuschen würde. Das wäre eine ungeheuerliche Verdächtigung gegenüber den Jägerinnen und Jägern, die aus jagd- und waffenrechtlichen Gründen besonders hohe Ansprüche an ihre Zuverlässigkeit erfüllen. Zudem wären solche Straftaten auch ohne die Bauchlappen nachweisbar. Im August sind die Jägerinnen und Jäger besonders bedacht, da in der Brunft die Ricken auch oft allein unterwegs sind und nicht mit Schmalrehen verwechselt werden dürfen. Wenn jedoch die Kitze dabei sind und vor der Ricke erlegt werden, spricht nichts dagegen, in der gleichen jagdlichen Situation auch die Ricke zu erlegen. Schließlich ist diese Situation genau die Gleiche wie im September und Oktober.
Behauptung von Frau Dr. Miller, o. g. Artikel, S. 86, rechte Spalte:
„Allerdings nicht in Baden-Württemberg, denn dort hat man nach reiflicher Überlegung diese „Anpassung“ nicht erlaubt.“
Richtigstellung:
Die Apriljagd wurde in Baden-Württemberg, im Gegensatz zu allen anderen Pilotgebieten und den normalen jagdrechtlichen Regelungen in anderen Bundesländern, nicht erlaubt, weil es in Baden-Württemberg u. a. im April eine vollständige und gesetzlich geregelte Jagdruhe für alle Wildarten gibt, so dass es für eine Ausnahme einer Rechtsverordnung bedarf und diese nicht eingeklagt werden kann. Inzwischen wurde u. a. im Ergebnis eines Gerichtsverfahrens zur Wahrung der per Grundgesetz verbrieften Freiheit von Lehre und Forschung in den HZW-Varianten des Pilotgebietes in Baden-Württemberg, soweit vorkommend, die Erlegung von Rehwildkitzen, Damwildkälbern und Damwildtieren im August genehmigt.
Behauptung von Frau Dr. Miller, o. g. Artikel, S. 87, linke Spalte:
„Die Frage aus dem Publikum jedoch bleibt unbeantwortet, ob denn auch daran gedacht wurde, dass „das Wild“ aus verschiedenen Arten bestehe, d. h. kleine (hier Rehwild) und große (hier Rotwild), diese Arten auch unterschiedliche Ansprüche an ihren Lebensraum und die Deckung haben und dass schließlich der Jagddruck selbst die Vorliebe für deckungsreiche Einstände beeinflussen könne.“
Richtigstellung:
Die Frage blieb keineswegs unbeantwortet. Natürlich können unterschiedliche Wildarten mit verschiedenen Lebensräumen umgehen, Rotwild z. B. mit einer Amplitude von dicht geschlossenen Wäldern bis hin zu vollkommen waldfreien Landschaften. Dennoch und konkret in den Pilotgebieten des BioWild-Projektes leben diese Wildarten oft in den selben Lebensräumen. Rehwild hat von den vorkommenden Wildarten die höchsten Ansprüche an Äsung und Deckung. Es darf deshalb sachlogisch angenommen werden, dass eine nachweisliche Verbesserung der Lebensräume für Rehwild auch den anderen Schalenwildarten nutzt oder deren Anspruchserfüllung zumindest nicht schadet. Im Übrigen mindern die im BioWild-Projekt angewendeten Jagdregime nachweislich den Jagddruck.
Im Original gezeichnet
Prof. Dr. Michael Müller, Technische Universität Dresden, Professur für Waldschutz