Richtungsabhängigkeit von Code-Verzögerungen der GNSS-Sende- und Empfangsantennen – Group Delay Variations (GDV)
Nicht nur die GNSS-Phasen, sondern auch die Codedaten werden durch Aussende- und Empfangsantennen richtungsabhängig verzögert. Diese Verzögerungen werden als Group Delay Variations (GDV) bezeichnet. Sie können durch Kalibriermessungen und -auswertungen bestimmt und als Korrektionen an Code-Messungen angebracht werden. Wir führen keine speziellen Kalibriermessungen durch, sondern nutzen die GNSS-Beobachtungen von Referenzstationen am Boden oder von Empfängern an Bord von niedrig fliegenden Satelliten (LEOs), um GDV zu bestimmen. Besonderes Problem dabei ist die Trennung der GDV-Beiträge der Satelliten von denen der Empfangsantennen.
Die mit Abstand größten GDV traten und treten bei BeiDou-2-Satelliten auf (m-Niveau).
Das Sendesystem der BeiDou-3-Satelliten wurde aufgrund dieser Erfahrungen sorgfältiger gestaltet und getestet, so dass diese neueren BeiDou-Satelliten recht kleine GDV aufweisen. Alle anderen GNSS sind weniger betroffen, wobei aber auch bei manchen GPS-Satelliten erkennbar vergrößerte GDV auftreten (dm-Niveau). Auf der Empfängerseite gibt es viele Empfangsantennentypen mit geringen GDV (dm-Niveau) insbesondere auf den L1/L2-Frequenzen. Bei anderen Frequenzen sieht es z.T. anders aus (viele dm). Aufgrund der weitgehenden Unabhängigkeit der GDV auf Zweifrequenz-Signale verstärken sich die GDV-Einflüsse bei Bildung der ionosphären-freien Linearkombination.
GDV-Korrektionen sind immer dann von Wichtigkeit, wenn Codebeobachtungen für präzise Anwendungen verwendet werden sollen. Dies ist zum Beispiel bei der Festsetzung der Phasenmehrdeutigkeiten beim Precise Point Positioning (PPP) der Fall, die normalerweise auf die Codebeobachtungen angewiesen ist. GDV-Korrektionen spielen auch bei der Bestimmung des ionosphärischen Elektronengehalts und bei der Zeitübertragung eine wichtige Rolle, wenn dabei Codebeobachtungen als primäre Beobachtungsgrößen verwendet werden.
Literatur
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