Modul 6 - Nicht-Fotografische Aufnahmesysteme - Aufnahmebereiche von Scannern - Anwendung der Infrarotstrahlung
Aufnahmen im Infrarotbereich werden für verschiedene Zwecke genutzt. Mit ihrer Hilfe ist es möglich, Vegetationskartierungen, also Kartierungen von Bereichen unterschiedlichen pflanzlichen Bewuchses, zu erstellen, da die Rückstrahlung der Vegetation im infraroten Bereich sehr stark von der Vegetationsart abhängt. Laubbäume erscheinen in einem Schwarzweiß-Infrarotbild relativ hell, Nadelbäume werden jedoch dunkler abgebildet. Bei einer Farbinfrarotaufnahme erscheinen Laubbäume, je nach gewählter Farbverschiebung, in einem kräftigen Rot, Nadelbäume dagegen dunkelbraun.
Die infrarote Rückstrahlung der Vegetation ist ein Maß für deren Schäden. Diese Schädigung äußert sich in den spektralen Signaturen durch Reduzierung der Infrarotstrahlung sowie durch eine geringfügige Verstärkung der Rotstrahlung. Geschädigte Bäume erscheinen infolgedessen im Schwarzweiß-Infrarotbild dunkler als gesunde Exemplare. Im Farbinfrarotbild erscheinen geschädigte Bäume weniger rot (infolge der Reduzierung der Reflexion im infraroten Bereich) und dafür mehr grün (infolge der Verstärkung der Reflexion im roten Bereich) als artgleiche gesunde Bäume. Verdeutlicht wird dies beim Vergleich der beiden Diagramme in Abbildung 6-11. Es ist ein deutlicher Anstieg der Reflexion bei geschädigten Pflanzen (rechtes Teilbild) im Bereich um 630 nm, sowie eine starke Reduzierung der Reflexion im nahen Infrarotbereich, zu erkennen.
Gründe für die Änderung des spektralen Reflexionsgrades
Normalerweise absorbieren die Blattpigmente im Bereich des sichtbaren Lichts die Strahlung bei Wellenlängen von 450 nm und 650 nm. Dies wird vor allem durch das enthaltene Chlorophyll verursacht. Blaues und rotes Licht wird also beim Durchgang durch die teilweise transparenten Blattorgane herausgefiltert, für grünes Licht ist der Transmissionsgrad relativ groß. Die Blätter stellen sozusagen ein Grünfilter dar. Abbildung 6-12 verdeutlicht diesen Sachverhalt.
Die durch Streuung und Reflexion von tiefer liegenden Blattschichten und Blättern zurückgeworfene Strahlung hat ein relatives Maximum im grünen Spektralbereich, weshalb die Vegetation dem Auge grün erscheint. Im sich anschließenden nahen Infrarotbereich fehlt die sogenannte Pigmentabsorption, der Transmissionsgrad der Blätter ist infolgedessen sehr hoch. Dies bedingt aber auch eine starke Reflexion der transmittierten Strahlung an tiefer liegenden Blattschichten. Im mittleren Infrarotbereich, speziell bei 1.4, 1.9 und 2.7 mm dominiert die Wasserabsorption. Diese markanten Bereiche des spektralen Reflexionsgrades von Vegetation veranschaulicht folgende Abbildung.
Bei einer Schädigung der Vegetation ändern sich also die Reflexionseigenschaften der Blätter. Die vermehrte Reflexion im roten Spektralbereich ist auf einen reduzierten Chlorophyllgehalt und damit auf eine geringere Chlorophyllabsorption zurückzuführen. Die mit einer Schädigung meist einhergehende Veränderung der Zellstruktur bewirkt demgegenüber die Abnahme des Reflexionsgrades im nahen Infrarot. Im mittleren Infrarot steigt der Reflexionsgrad bei zunehmender Schädigung aufgrund der Abnahme des Wassergehalts wieder an.
NDVI
Durch die Bildung von Indexen aus zwei oder mehr Kanälen kann die Visualisierung des Biomassegehaltes und des Zustandes der Vegetation stark verbessert werden. Ein solcher Index ist der NDVI (Normalized Difference Vegetation Index).
Die spektrale Signatur gesunder Vegetation zeigt einen sprunghaften Anstieg des Reflexionsgrades bei 0.7 µm, während unbewachsener Boden je nach Art einen stetigen, geradlinigen Verlauf aufweist. Je aktiver das Chlorophyll der Pflanzen ist, desto größer ist der Anstieg des Reflexionsgrades im nahen Infrarot (0.78 - 1 µm).
Neben der Unterscheidung der Vegetation von anderen Objekten lassen sich somit Rückschlüsse auf die Stärke (und Vitalität) der Vegetation ziehen. Dieser Umstand wird bei der Berechnung des NDVI genutzt.
Der NDVI ergibt sich allgemein aus:
NDVIallg = ( nah. IR - Rot ) / ( nah. IR + Rot ).
Im roten Spektralbereich wird einfallende Sonnenstrahlung weitgehend durch das Chlorophyll absorbiert. Im Gegensatz dazu wird im nahen Infrarot der Großteil der auftreffenden Strahlung vom Blattgewebe reflektiert. Der NDVI bildet ein Maß für die fotosynthetische Aktivität und ist stark mit Dichte und Vitalität der Vegetationsdecke korreliert. Die Normierung (durch Quotientenbildung) mindert topographische und atmosphärische Effekte und ermöglicht so die gleichzeitige Betrachtung großer Gebiete.
Durch die Lage der Kanäle des NOAA-AVHRR bzw. des LANDSAT TM im Wellenlängenspektrum ergeben sich die jeweiligen speziellen NDVI:
NDVIAVHRR = ( AVHRR2 - AVHRR1 ) / (AVHRR2 + AVHRR1 )
NDVITM = ( TM4 - TM3 ) / ( TM4 + TM3 )
Großräumige NDVIAVHRR - Karten werden seit 1980 von der NOAA (National Oceanographic and Atmospheric Administration) erstellt.
Beispiele für NDVIAVHRR - Monatsmittel von Europa sind auf folgenden, bereits bekannten Abbildungen zu erkennen, in denen der Einzug des Frühlings anhand der Chlorophyllkonzentration in Europa abgelesen werden kann.
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