Band 13 (J. Häntzschel, 2005)
Janet Häntzschel, 2005:
Untersuchungen zur Landoberflächenrückkopplung der Atmosphäre und ihrer Auswirkung auf den Wasserhaushalt
ISBN 3-86005-487-2
http://hsss.slub-dresden.de/hsss/servlet/hsss.urlmapping.MappingServlet?id=1134722228059-5424
eingereicht an der Fakultät
Forst-, Geo- und Hydrowissenschaften der Technischen Universität Dresden
Gutachter: Prof. Dr. Ch. Bernhofer
Prof. Dr. M. Buchroithner
Prof. Dr. R. Matyssek
Tharandt, Mai 2005
Zusammenfassung:
Die vorliegende Arbeit hat zum Ziel, den Einfluss der Rückkopplung zwischen Landoberfläche und Atmosphäre auf den regionalen Wasserhaushalt abzuschätzen. Dazu erfolgen Modellsimulationen mit dem gekoppelten Vegetations-Grenzschichtmodell HIRVAC (HIgh Resolution Vegetation Atmosphere Coupler) für das Einzugsgebiet Sperrgraben (Bayerische Alpen). Im Ergebnis wird der Zusammenhang zwischen dem Entkopplungsfaktor W und der Verdunstung als Wasserhaushaltsgröße für einen festgelegten Zeitraum untersucht.
Die Kombination eines vertikal hochaufgelösten Grenzschichtmodells (HUB) mit einem mechanistischen Photosynthesemodell (PSN6) im Modell HIRVAC ermöglicht eine detaillierte physikalische Beschreibung der turbulenten Austauschprozesse innerhalb der atmosphärischen Grenzschicht. Gleichzeitig werden die Wechselwirkungen zwischen Vegetation und Atmosphäre für jede Modellschicht innerhalb des Bestandes und zu jedem Modellzeitschritt simuliert.
Die Definition des Entkopplungsfaktors Ω erfordert die Festlegung eines geeigneten Referenzniveaus über der Vegetationsobergrenze zur Ermittlung der Widerstände gegen den turbulenten Austausch von Wärme und Feuchte. Die Bestimmung dieser Modellschichthöhe wird nach Untersuchungen zur Ausbildung der dynamischen Grenzschicht sowie der Vertikalprofile der Transportwiderstände und des W -Faktors vorgenommen. Die dabei erzielten Ergebnisse zum höhenabhängigen Verlauf des Entkopplungsfaktors über der Wiesenfläche und dem Fichtenbestand zeigen, dass mit dem Modell HIRVAC das unterschiedliche Kopplungsverhalten von kleinen Beständen mit glatter Oberfläche (Oberflächenrückkopplung) und hohen, rauen Beständen (Grenzschichtrückkopplung) qualitativ und auch quantitativ sehr gut wiedergegeben werden kann.
Die Sensitivitätsstudien für die Landnutzungsarten Fichte und Wiese verdeutlichen den Einfluss veränderter Bestandesparameter wie Bestandeshöhe, LAI und Kronenschlussgrad auf den Entkopplungsfaktor W und die Evapotranspiration. Sehr gut ersichtlich wird außerdem das unterschiedliche atmosphärische Turbulenzspektrum durch die Verwendung verschiedener Schließungsansätze im Modell und deren Einfluss auf die turbulenten Diffussionskoeffizienten. Die Ergebnisse werden mit dem Ziel der Ableitung einfacher Zusammenhänge zu Landschaftskennziffern parametrisiert.
Zur Bereitstellung von flächenhaften Klimadaten wird das Modell HIRVAC mit einem Geographischen Informationssystem (ArcView) gekoppelt. Das Modell HIRGIS bietet eine geeignete Basis für die Regionalisierung von Klimagrößen im kleinräumig strukturierten Gelände. Auf der Grundlage der digitalen Gelände- und Landnutzungsdaten können topoklimatisch beeinflusste Größen, wie z.B. Einstrahlung, Temperatur, Strahlungsbilanz und Verdunstung für Gebiete flächendeckend berechnet werden. In den Ergebniswerten sind die Rückkopplungseffekte zwischen Bestand und Atmosphäre in aktueller Form enthalten. Außerdem entfallen Generalisierungseffekte, wie sie bei statistischen Übertragungsmethoden (Interpolation von Messwerten) auftreten.
Durch die Möglichkeit der messwertunabhängigen Modellierung kann HIRGIS prinzipiell für Regionen mit anderem Gebietscharakter eingesetzt werden. Bei der Anwendung von HIRGIS auf das Einzugegebiet Sperrgraben wird allerdings deutlich, wie wichtig eine präzise Anpassung der Modellparametrisierung, insbesondere der Vegetation, an den Standort ist. Die erzeugten Karten zu den Klimagrößen liefern dem Nutzer eine gute Grundlage für klimatologische Gebietsinformationen.
Eine Quantifizierung des Einflusses der Rückkopplung auf die Verdunstung im Einzugsgebiet Sperrgraben erweist sich als schwierig. Die eher moderaten klimatologischen Bedingungen im Untersuchungszeitraum verhindern die Ausbildung eines ausgeprägten Sättigungsdefizits der Atmosphäre und damit eine deutliche Reaktion des Bestandes auf den atmosphärischen Verdunstungsanspruch. Diese Tatsache lässt sich auch in den relativ hohen Entkopplungswerten für Fichte (0,3 < Ω < 0,6) erkennen. Das Transpirationsverhalten der Vegetation im untersuchten Zeitraum wird hauptsächlich von der Einstrahlung gesteuert.
Die im HIRGIS berechneten Verdunstungswerte (0,2 < ET < 3,3 mm/d) werden mit den aus Saftflussmessungen im Gebiet bestimmten Transpirationswerten für Fichte und Buche validiert. Die Ergebnisse zeigen im Untersuchungszeitraum eine sehr gute Übereinstimmung und decken sich mit den Transpirationswerten aus der Literatur für vergleichbare Bestände.