Titel
Förderkennzeichen | KR 2337/6-1 |
Finanzierung | Deutsche Forschungsgemeinschaft |
Bearbeitungszeitraum | 01.08.2008 - 30.06.2012 |
Projektleitung | Prof. Dr. sc. techn. Peter Krebs |
Projektbearbeitung | Dipl.-Ing. Conrad Marx Dipl.-Ing. Markus Ahnert Dr.-Ing. Volker Kühn |
Zusammenfassung
Zusammenfassung
Heutzutage stehen im abwassertechnischen Bereich die Technologien zur Verfügung, um mithilfe von biotechnologisch erzeugten Produkten den gereinigten Ablauf einer Kläranlage derartig zu modifizieren, dass Gewässer ökotechnologisch unterstützt und gestärkt werden. Die DFG-Einzelinitiative Control of wastewater treatment processes to support ecotechnology measures in rivers hatte zum Ziel, das Potenzial speziell gezüchteter Mikroorganismen hinsichtlich deren Einsatzmöglichkeiten im natürlichen Gewässer zu bewerten. Bei den betrachteten Mikroorganismen handelt es sich um Nitrifikanten, welche Ammonium (NH4+) zu Nitrat (NO3-) oxidieren und für das einwandfreie Funktionieren eines Ökosystems unverzichtbar sind. Die Zucht der Nitrifikanten fand unter Verwendung von Prozesswasser statt, welches bei der Entwässerung von Faulschlamm anfällt. Die mesophile Schlammfaulung findet bei einer Temperatur von ca. 35 °C statt und führt zur Freisetzung erhöhter Mengen von NH4+. Nach der Entwässerung ist das Prozesswasser noch warm und besitzt eine hohe NH4+-Konzentration (10 bis 25-fache Konzentration von kommunalem Abwasser), ein ideales Medium zur Aufzucht von Nitrifikanten. Die biotechnologische Modifizierung der Nitrifikanten fand durch deren gezielte Adaption an Nitrifikationshemmstoffe statt.
Es zeigte sich, dass die Adaption der nitrifizierenden Biomassen mit den Hemmstoffen Allylthioharnstoff (ATH), 3-Methylpyrazol (MP) und 1,2,4H-Triazol (TZ) substanz- und temperaturspezifisch ablief. Die bei 30 °C mit ATH-Zugabe gezüchteten Nitrifikanten waren stärker adaptiert, wobei die Aktivität der ATH-abbauenden Bakterien schwächer ausgeprägt war. Bei der Inkubationstemperatur von 15 °C scheint die Adaption der Mischkultur zu Gunsten der ATH-abbauenden Bakterien verlaufen zu sein, da die Nitrifikanten ihre Aktivität erst nahe der für die ATH-Hemmung typischen Halbsättigungskonzentration von 1,0 mg/l aufnahmen und oberhalb eine vollständige Hemmung verzeichnet werden konnte. Die an TZ adaptierte Biomasse war hingegen nicht zum Hemmstoffabbau befähigt, wobei die Nitrifikation bis zu einer Konzentration von 45 mg/l zu 100 % erhalten blieb. Sowohl die Adaption an 7 mg/l als auch der Hemmstoffabbau konnte für die an MP adaptierte Biomasse nachgewiesen werden, wobei ein Zusammenhang zwischen MP- und NH4+-Abbau beobachtet werden konnte. Auf Grundlage der vielfältigen Auswirkungen von Hemmstoffen auf nitrifizierende Biomassen erfolgte die Einführung einer substanz- und temperaturspezifischen Klassifizierung der Hemmstoffe. Die Klasseneinteilung ermöglicht eine Vorhersage, inwieweit die betrachtete Biomasse von dem eingesetzten Hemmstoff beeinträchtigt wird, ob dieser abgebaut werden kann und inwiefern eine Temperaturbeeinflussung berücksichtigt werden muss.
Für die Betrachtung des möglichen Effekts durch die Dosierung von Mikroorganismen wurde ein Modellvorfluter definiert anhand dessen die notwendige "Produktionskapazität" einer Kläranlage mit mesophiler Schlammstabilisierung ermittelt werden konnte. Die Einführung der Einwohner-Vorfluter-Kennzahl (EV-Kennzahl) und der sich in Abhängigkeit von NH4+-N-Konzentration des Vorfluters und der spezifischen Umsatzrate der gezüchteten Nitrifikanten ergebenen EV-Kennlinien beschreibt die Kläranlage und den Vorfluter als ein System und ermöglicht eine Aussage über den ökotechnologischen Nutzen dieses Verfahrens. Eine EV-Kennzahl von 150 E/m³ beschreibt hierbei die Fähigkeit einer nitrifizierenden Biomasse aus der Kläranlage (spez. Umsatzrate = 1,5 g NH4+-N/(g oTS+d) die NH4+-N-Konzentration im Vorfluter von 1,0 auf 0,3 mg/l zu verringern.
Da es sich bei den EV-Kennlinien um eine frachtbezogene Überlegung handelt, geht das Mischungsverhältnis von Vorfluter und KA-Ablauf nicht in die Betrachtung der Konzentrationsverringerung ein. Unter Berücksichtigung des spezifischen Abwasseranfalls wird ersichtlich, dass für relevante EV-Kennzahlen oberhalb von 100 E/m³ der Vorfluter bereits um rund 1/10 verdünnt wird und die Ablaufeigenschaften der KA die Gewässergüte des Vorfluters maßgeblich beeinflussen. Im Zusammenhang mit dem Ablaufvolumen der KA ist die ökotechnologische Maßnahme der Dosierung von adaptierten Nitrifikanten aufgrund der Verdünnung des Vorfluter daher nicht sinnvoll.
Schlagwörter
Belebtschlammverfahren, Hemmstoffe, ATH, Pyrazol, Triazol, Bioaugmentation, Nitrifikation
Veröffentlichungen
- Marx C., Ahnert M., Krebs P., Kühn V. (2013). The adaptation of nitrifying microorganisms to inhibiting substances at meso- and psychrophilic temperature conditions. Water Science & Technology 68 (1) 83-90.
- Marx C. und Krebs P. (2013). Winzige Saubermacher. forschung - Das Magazin der Deutschen Forschungsgemeinschaft (2) 22-25.
- Marx C. und Krebs P. (2013). Nature's Little Cleaners. german research - Magazine of the Deutsche Forschungsgemeinschaft (3) 28-31.