13.02.2024
Top 10 erreicht: TU Dresden Team beeindruckt beim größten Wettbewerb für Synthetische Biologie weltweit
Ein Team aus Studierenden der TU Dresden erreichte mit seiner innovativen Methode zur Entfernung von Mikroschadstoffen aus dem Wasser, namens „Diatom-based Remediation using Immobilized Proteins” (DRIP), eine Top Ten Platzierung beim International Genetically Engineered Machine (iGEM)-Wettbewerbs 2023. Das Projekt brachte ihnen außerdem eine Goldmedaille ein und erhielt Nominierungen für das beste Bioremediationsprojekt, die beste Präsentation und die beste Bildung.
Bei der 20. Ausgabe des International Genetically Engineered Machine (iGEM)-Wettbewerbs traten 400 Teams aus der ganzen Welt an, um mithilfe von Synthetischer Biologie lokale Umwelt- und Gesundheitsprobleme zu lösen. Das Team der TU Dresden, ein interdisziplinäres Team aus acht Master- und Diplomstudent:innen der TU Dresden, widmete sich dabei der Bekämpfung von Mikroschadstoffen im Wasser.
Schmerzmittel und Mikroplastik
„Wasserverschmutzung ist eine der größten Umweltbedrohungen weltweit”, sagt Tobias Fietze, TUD iGEM-Teamleiter. „Es ist eine Herausforderung, die sowohl lokal als auch global von Bedeutung ist. „In unserem Projekt haben wir uns auf zwei der am häufigsten auftretenden Schadstoffe konzentriert.“
„Diclofenac ist ein Wirkstoff in vielen Schmerzmitteln. Er gelangt über die menschliche Ausscheidung in das Wasser oder einfach, wenn Menschen abgelaufene Medikamente die Toilette hinunterspülen”, erklärt Caroline Breitenberger, DRIP-Team Mitglied. „Dann gibt es noch Mikroplastik. Diese winzigen Plastikpartikel sind für das menschliche Auge unsichtbar, aber mittlerweile im Wasser allgegenwärtig.”
Alltägliche Kieselalgen – ein unbesungener Held
Konventionelle Kläranlagen sind nicht in der Lage, Diclofenac oder Mikroplastik effektiv aus dem Wasser zu entfernen. Daher besteht ein dringender Bedarf an alternativen Technologien, die diese Verbindungen aus dem Abwasser beseitigen können. Das TUD iGEM-Team entwickelte eine neue Methode zur umweltfreundlichen und biobasierten Zersetzung von Diclofenac und PET-Nanoplastik mithilfe von... Kieselalgen.
Kieselalgen sind mikroskopisch kleine Algen, die in fast allen aquatischen Lebensräumen vorkommen. Sie sind vor allem für ihre einzigartigen Siliziumdioxid-Zellwände bekannt, aber auch auf globaler Ebene sind sie eine der wichtigsten Gruppen photosynthetischer Organismen, indem sie für etwa 20% der globalen Biomassenproduktion verantwortlich sind.
„Unter dem Mikroskop gehören Kieselalgen zu den schönsten Organismen der Erde. Sie lassen sich leicht im Labor kultivieren und haben das Potenzial, für eine Vielzahl verschiedener biotechnologischer Anwendungen genutzt zu werden”, erklärt Dr. Nicole Poulsen, Wissenschaftlerin in der Kröger AG am B CUBE – Center for Molecular Bioengineering und praktische Betreuerin des DRIP-Teams. „Versteinerte Kieselalgen (Diatomeenerde) werden seit Jahrzehnten als hochwirksames Material in der Schwimmbad- und Bierfiltration eingesetzt, da die nanoporösen Siliziumdioxid-Zellwandstrukturen mikroskopisch kleine Verunreinigungen aus dem Wasser filtern können.”
Diclofenac und Plastik können mithilfe spezifischer Enzyme abgebaut werden. Die Herausforderung besteht darin, diese Enzyme kosteneffizient zu produzieren, sie in die Abwasseraufreinigung einzubringen und sie anschließend wieder herauszufiltern.
„Bei diesem innovativen Ansatz greifen wir auf die natürliche zelluläre Maschinerie der Kieselalgen zurück und verändern sie gentechnisch, sodass die Kieselalgen diese schadstoffabbauenden Enzyme produzieren und sie in vivo in ihre Zellwände einbauen”, sagt Anne-Katrin Wilbrink vom iGEM Team.
Diese Methode stellt eine natürliche und nachhaltige Variante zur Immobilisierung von Enzymen und zur Wasseraufbereitung dar. „Es gibt andere Möglichkeiten, Enzyme auf Silicium zu immobilisieren, und zwar im industriellen Maßstab. Mit unserer Methode können wir jedoch einen sehr energie-, chemie- und ressourcenintensiven Schritt der Enzymreinigung überspringen”, sagt Matthias Frank vom DRIP-Team.
Interdisziplinärer Ansatz
Die diesjährigen Teammitglieder kamen aus verschiedenen Fachrichtungen, studierten Biochemie, Molekulare Biowissenschaften und Produktive Biosysteme, Wirtschaftsingenieurwesen und Wasserwirtschaft.
„Diese Interdisziplinarität war der Schlüssel zu unserem Erfolg. Alle brachten sich ein und halfen, im Projekt voranzukommen”, erklärt Johannes Radde, DRIP-Teamleiter. „Obwohl wir alle dieselbe Sprache sprechen, mussten wir aufgrund unseres unterschiedlichen wissenschaftlichen Hintergrunds und Fachwissens lernen, eine gemeinsame Sprache zu finden, um unsere Ideen und wissenschaftlichen Kenntnisse effektiv vermitteln zu können.”
Die Teilnahme am iGEM-Wettbewerb ist für Studierende eine einzigartige Erfahrung. „Wir haben so viel über das Thema gelernt, aber gleichzeitig hatten wir viele Möglichkeiten, uns in verschiedenen Bereichen fortzubilden. Wir haben an unseren Kommunikationsfähigkeiten gearbeitet, gelernt, wie man sich vernetzt, die Öffentlichkeit durch Veranstaltungen und Soziale Medien erreicht und Förderung erhält, indem wir uns an eine Vielzahl von Instituten und Unternehmen wandten. Man kann es als eine abgespeckte Version der Leitung einer wissenschaftlichen Gruppe oder eines Unternehmens betrachten“, sagt Mona Sabha vom DRIP Team.
Teammitglieder: Tobias Fietze, Johannes Radde, Matthias Frank, Anne-Katrin Wilbrink, Mona Sabha, Aleksandra Kievets, Caroline Breitenberger, Lanny Seraphim Thomas
Supervisor: Dr. Nicole Poulsen
Betreuende Forschungsgruppenleiter: Prof. Dr. Thorsten Mascher, Prof. Dr. Nils Kröger
Um mehr über die Methode der „Diatom-based Remediation using Immobilized Proteins” zu erfahren, besuchen Sie die Website des Teams.
Über iGEM
Die International Genetically Engineered Machine (iGEM) ist ein jährlich stattfindender weltweiter Wettbewerb für synthetische Biologie, der sich an Schülerinnen und Schüler, Studierende im Bachelor oder Master, Unternehmen und Gemeinschaftslabors richtet. Seit seinem Start im Jahr 2004 hat sich der Wettbewerb zum größten und renommiertesten Studierendenwettbewerb auf dem Gebiet der synthetischen Biologie entwickelt.
Kontakt:
Thorsten Mascher
Professor für Allgemeine Mikrobiologie
TU Dresden
Email: thorsten.mascher@tu-dresden.de
Tel. +49 351 463-40420