14.06.2021
DFG fördert ein Kooperationsprojekt um Hindernisse bei der Regeneration zu erforschen
Ein neues Kooperationsprojekt unter der Leitung von Prof. Nikolay Ninov vom Zentrum für Regenerative Therapien Dresden (CRTD) der TU Dresden und Dr. Jan Philipp Junker vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC) in Berlin erforscht die molekularen Hindernisse, die die Geweberegeneration verhindern. Das Projekt wird durch eine großzügige Förderung im Rahmen des Programms "Sequenzierkosten in Projekten" durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützt.
Während der Entwicklung eines Organismus müssen die Zellen, die aus einer befruchteten Eizelle stammen, sich in alle Zelltypen differenzieren, die für den Aufbau der Organe im erwachsenen Körper notwendig sind. Da sich die embryonalen Zellen in mehrere Zelltypen entwickeln können, wird ihnen eine hohe Plastizität zugeschrieben. Während sich die Zellen mehr und mehr spezialisieren, sammeln sie molekulare Hindernisse an, die das Spektrum der Zellen, die aus ihnen hervorgehen können, einschränken. Die Zellplastizität wird im Laufe der Entwicklung des Organismus immer mehr reduziert und dieser Rückgang setzt sich mit dem Altern fort.
Diese begrenzte Plastizität ist eine besondere Herausforderung für die Geweberegeneration. Ein Gewebe ist eine Gemeinschaft aus verschiedenen Zelltypen, die sich zu einer übergreifenden Funktion zusammenschließen. Um das Gewebe nach einer Schädigung vollständig wiederherzustellen, müssen aus den verbleibenden Zellen alle weiteren notwendigen Zelltypen entstehen. In der Realität ist dies allerdings nur selten möglich.
Entwicklung und Regeneration
Nikolay Ninov und Jan Philipp Junker möchten die Hindernisse aus dem Weg räumen, die eine Geweberegeneration verhindern. Dazu wollen sie einzelne Zellen, die sich in verschiedene Zelltypen differenzieren, im großen Maßstab untersuchen. Einerseits wird das Team Zellen von Zebrafisch-Embryos analysieren und die Veränderungen erfassen, die mit der Entwicklung des Organismus und der Spezialisierung der Zellen einhergehen. Andererseits werden sie, im Wissen, dass die Zellübergänge für die Heilung wichtig sind, die Prozesse während der Geweberegeneration im erwachsenen Zebrafisch sorgfältig erfassen. Schließlich werden sie die Daten aus dem Zebrafisch mit Daten aus menschlichen Gewebeproben, deren Zellplastizität sehr begrenzt ist, vergleichen.
„Nachdem wir die Entwicklung und die Regeneration auf der Ebene einzelner Zellen erfasst haben, werden wir diese beiden Prozesse analysieren und nach Ähnlichkeiten und Unterschieden zwischen ihnen suchen“, erklärt Nikolay Ninov. „Auf diese Weise planen wir, die Veränderungen zu bestimmen, die die Plastizität einschränken, wenn der Organismus älter wird. Indem wir die Daten vom Zebrafisch mit denen von menschlichen Proben überlagern, werden wir die molekulare Hindernisse aufzeigen, die die Geweberegeneration bei Säugetieren zu einer Herausforderung machen.“
Die Identifizierung der molekulare Hindernisse bei der Regeneration ist der erste Schritt, um diese zu überwinden und eine Neuprogrammierung der Zellen zu ermöglichen, d.h. die Regeneration in Geweben auszulösen, die sich bisher nicht regenerieren konnten. In der Zukunft können diese Erkenntnisse möglicherweise genutzt werden, um die Regeneration geschädigter Organe zu stimulieren und den altersbedingten Rückgang der Organheilung und Regeneration beim Menschen umzukehren.
Die Bauchspeicheldrüse im Fokus
Als Proof-of-Concept konzentriert sich das Team auf die Entwicklung und Regeneration der Bauchspeicheldrüse. Die Bauchspeicheldrüse ist entscheidend für die Aufrechterhaltung der Blutzucker-Homöostase und der Verlust ihrer Funktion wird mit dem Ausbruch von Diabetes in Verbindung gebracht.
Die Forschungsgruppen werden modernste Methoden einsetzen, um gleichzeitig alte und neue RNA in denselben Einzelzellen zu messen sowie die regulatorischen Elemente der Transkription während der Entwicklung und Regeneration zu erfassen. Darüber hinaus werden sie genetische und epigenetische Modifikationen nutzen, um die Hindernisse zu beseitigen, die die differenzierten Zellen daran hindern, sich in Insulin produzierenden Zellen umzuwandeln. Das langfristige Ziel ist es, die neuen Erkenntnisse in regenerativen Therapien für Typ-1-Diabetes in Menschen umzusetzen.
Das Know-how bündeln
Das Projekt zu Hindernissen bei der Regeneration ist nicht das erste gemeinsame Projekt der Gruppen Ninov und Junker. Sie können auf eine Reihe erfolgreicher Kooperationen zurückblicken, die auf der Kombination der Expertisen beruht. Während das Ninov-Labor am CRTD auf die Zelldifferenzierung in der Bauchspeicheldrüse spezialisiert ist, bereichert das Junker-Labor am MDC Berlin das Projekt mit seiner Expertise auf dem Gebiet der Untersuchung von Zellschicksalsentscheidungen mittels genomischer Einzelzellanalyse. Mit der DFG-Förderung werden mehrere Stellen für Postdoktorand:innen und Doktorand:innen in den beiden Gruppen finanziert. Darüber hinaus wird die Förderung das notwendige Budget für die geplante Genomik auf der Ebene einzelner Zellen bereitstellen.
Das Projekt wird im Rahmen des DFG-Sonderprogramms „Sequenzierkosten in Projekten“ gefördert. Im Rahmen dieser Initiative fördert die DFG ausgewählte Projekte, die die Sequenzierung an den von der DFG geförderten Kompetenzzentren für Next Generation Sequencing durchführen wollen. Dieses Projekt wird auf die Unterstützung des DRESDEN-concept Genome Centers zurückgreifen, ein gemeinsames Sequenzierungszentrum der Core Facility Hochdurchsatzsequenzierung am Center for Molecular and Cellular Bioengineering (CMCB) der TU Dresden und der Sequencing Facility des Max-Planck-Instituts für molekulare Zellbiologie und Genetik (MPI-CBG).