Einheit ohne Gleichheit. Aspekte der Konstruktion prämonstratensischer Identität im 12. und 13. Jahrhundert.
Bearbeiterin: Katrin Rösler, M.A.
Der Regularkanonikerorden der Prämonstratenser rang schon in der Zeit seiner institutionellen Verfestigung im 12. Jahrhundert um innere Einheit und Einheitlichkeit. Der Kleriker Norbert von Xanten rief die internen Konflikte, die den Orden während des Mittelalters belasteten, selbst hervor, indem er zwei abweichende Lebensweisen legitimiert hatte.
Norberts erste Gründung Prémontré war dem Reformgeist des kanonikalen Lebens verpflichtet. Die Gemeinschaft hielt ein rigoroses Schweigegebot ein, übte sich im Fasten und Fleischverzicht und trug damit monastisch-eremitische Züge. Nachdem Norbert 1126 den Magdeburger Erzbischofsstuhl bestiegen hatte, reformierte er das dortige Chorherrenstift und besetzte es mit Prämonstratensern, die er den übrigen Chorherren der Magdeburger Diözese gleichstellte, indem er ihnen von Prémontré abweichende Vorgaben bezüglich der Kleidung sowie des liturgischen Dienstes machte.
Beide Ordenszentren beanspruchten fortan, Norberts Vorstellungen von kanonikalem Leben adäquat umzusetzen. Dies führte dazu, dass Magdeburg und seine Filialstifte nur sporadisch am Generalkapitel teilnahmen und die Angehörigen der Magdeburger Observanz schon aufgrund ihres Habits von Prämonstratensern unterscheidbar waren. Doch trotz dieser tiefgreifenden Schwierigkeiten ist der Prämonstratenserorden nicht auseinandergebrochen, scheint er eine, noch näher zu bestimmende, Identität besessen zu haben, welche den Orden vor der Zersplitterung bewahrt hat.
Diese analytisch herauszuarbeiten, soll Ziel dieses Projektes sein. Dabei muss zuerst die rechtliche Identität der Gemeinschaft dargelegt werden, da die Existenz gemeinsamer Rechtstexte und Rechtsorgane Aufschluss über das Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb des Ordens geben kann. Danach wird die spirituelle Ebene beleuchtet, indem man nach der Art der memoria des Ordensinitiators sowie nach der internen wie externen Beurteilung der Frühzeit der Gemeinschaft fragt. Die Beziehungen zwischen Prémontré und Magdeburg müssen ebenso herausgearbeitet werden wie die Verbindungen zwischen der Ordensleitung und Stiften in Gebieten wie Böhmen oder Friesland. Schließlich sollen die Verbindungen der Prämonstratenser zu anderen religiösen Gemeinschaften analysiert werden.