24.05.2019
Erfolgreiche Anträge: DFG fördert drei Sonderforschungsbereiche an der TU Dresden
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat heute die Förderung von drei Sonderforschungsbereichen (SFB) an der TU Dresden bekannt gegeben. Auf dem Gebiet der Fügetechnologie sowie in der Medizin wird jeweils ein neuer SFB eingerichtet. Darüber hinaus war der SFB zur thermoenergetischen Gestaltung von Werkzeugmaschinen mit seinem zweiten Fortsetzungsantrag erfolgreich. Damit laufen an der TU Dresden insgesamt 13 SFBs.
Sonderforschungsbereiche sind fächerübergreifende Forschungsprogramme, die insgesamt bis zu zwölf Jahre durch die DFG finanziert werden können. Dies ermöglicht innovative, anspruchsvolle und langfristig konzipierte Forschungsvorhaben.
Fügeverfahren sollen nachhaltiger werden: Neueinrichtung Sonderforschungsbereich/Transregio 285 „Methodenentwicklung zur mechanischen Fügbarkeit in wandlungsfähigen Prozessketten“
Eine Autokarosserie wird mit mehr als zehn unterschiedlichen Fügeverfahren zusammengebaut. Manche Bauteile werden geklebt, andere geschweißt. Der Großteil aller Produkte erhält allerdings durch das mechanische Fügen von Einzelteilen seine endgültige Form – z. B. durch Schrauben, Nieten oder Clinchen. Wenn sich in der Herstellungsabfolge, der sogenannten Prozesskette, aktuell etwas ändert – z.B. wenn eine Blechdicke in der Autokarosserie um 0,1 Millimeter reduziert wird – müssen viel Material und Energie eingesetzt werden, bis diese Änderung in der Prozesskette eingearbeitet ist. Bisher erfordert jede minimale Änderung in einem Fügeprozess die Anpassung oder Neuauslegung des komplexen Verfahrens.
„Die Anpassung von mechanischen Fügeverfahren an veränderte Materialeigenschaften und Bauteilanforderungen erfolgt bisher sehr häufig über Trial-and-Error, d.h. durch das Prinzip von Versuch und Irrtum. Dabei kann Ausschuss produziert werden, der mit Blick auf die Umweltbelastung und den Ressourceneinsatz nicht akzeptabel ist“, sagt Prof. Alexander Brosius, Inhaber der Professur für Formgebende Fertigungsverfahren und Standortsprecher der TU Dresden. „Wir wollen daher erstmals einen Methodenbaukasten für die Fertigungstechnik entwickeln, mit dem mechanische Fügeprozesse flexibel werden und sich schnell und effektiv an neue Anforderungen anpassen lassen. Das spart viel Material und Energie, denn jedes hergestellte Metallblech braucht erstmal sehr viele Ressourcen um hergestellt zu werden. Wenn man in Zukunft mit einer wandlungsfähigen Fügetechnik Ausschuss vermeiden kann, ist das ein sehr großer Schritt für eine nachhaltigere Fertigungstechnik.“
In dem neu eingerichteten SFB „Methodenentwicklung zur mechanischen Fügbarkeit in wandlungsfähigen Prozessketten“ forschen in den nächsten vier Jahren 40 Wissenschaftler in insgesamt 16 Teilprojekten an der TU Dresden, der Universität Paderborn und der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Das Forschungsprogramm ist als standortübergreifende Transregio-Initiative TRR 285 unter der Federführung der Universität Paderborn angelegt. Die DFG gibt dafür rund 10 Millionen Euro. Mit ressourcen- und energieeffizienteren Verfahren in der Serienfertigung wird die aktuelle Wertschöpfung der Fügetechnologie von etwa 27 Milliarden Euro pro Jahr in Deutschland weiterhin gesteigert werden.
„Alles, was aus mehr als zwei Teilen besteht, muss gefügt werden. Langfristig soll unser Methodenbaukasten wie eine Art Kochrezept für die Fügetechnik sein, das Schritt für Schritt bis zum Festessen führt und immer noch funktioniert, wenn die Tomaten gelb statt rot sind“, so Brosius. Neben der Professur für Formgebende Fertigungsverfahren sind an der TU Dresden die Professuren für Fügetechnik und Montage, Leichtbaudesign und Strukturbewertung, Mechanik multifunktionaler Strukturen sowie Werkstoffmechanik und Schadensfallanalyse beteiligt. Der Schwerpunkt der Dresdner Forscher ist die Modellierung und Simulation des Fügeprozesses, d.h. sie machen den Prozess und die Prozesskette berechenbar.
Neueinrichtung Sonderforschungsbereich/Transregio 265 „Verlust und Wiedererlangung der Kontrolle bei Suchterkrankungen: Verläufe, Mechanismen und Interventionen“
Einer der Hauptrisikofaktoren für Tod und Behinderung weltweit ist der Konsum von Rauschmitteln (Alkohol, Tabak und illegale Drogen). Wir wissen viel über die individuellen und gesellschaftlichen Faktoren, die den Konsum von Drogen beeinflussen. Allerdings sind uns die Faktoren und Mechanismen, die dazu beitragen, die Kontrolle über die Einnahme von Rauschmitteln zu verlieren und wiederzugewinnen weitgehend unbekannt. Da abhängiges Verhalten durch einen Mangel an Kontrolle über den Konsum charakterisiert ist, ist ein besseres Verständnis dieser Faktoren und Mechanismen entscheidend, um zukünftig Menschen mit Suchterkrankungen besser behandeln zu können.
„Genau das ist unser Forschungsansatz“, sagt Professor Michael Smolka, Leiter des Forschungsbereiches Systemische Neurowissenschaften. „Die Hauptziele unseres Forschungskonsortiums sind die Identifizierung von Triggern und modifizierenden Faktoren, die den Verlauf des Verlusts und der Wiedererlangung der Kontrolle über den Drogenkonsum im wirklichen Leben modulieren sowie die Untersuchung der neurobiologischen Mechanismen“. Dabei wird Alter, Geschlecht, körperlicher Aktivität und kognitiver Kontrolle eine große Bedeutung beigemessen. „Am Ende wollen wir uns nicht abseits aller Praxis bewegen“, so der Dresdner Wissenschaftler weiter. Ein Schwerpunkt der kommenden Arbeit liegt in der Entwicklung und Erprobung von Interventionen, die speziell auf die zugrunde liegenden Mechanismen abzielen, um die Kontrolle über den Substanzkonsum zurückzugewinnen.
Das besondere Innovationspotenzial des gemeinsamen Forschungsprojektes aus Dresdner Wissenschaftler der Fakultät Psychologie und der Medizinischen Fakultät der TU Dresden und des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus zusammen mit Kollegen aus der Charité Berlin und dem Zentralinstitut für seelische Gesundheit in Mannheim basiert auf drei jüngsten Erkenntnisse in der Suchtforschung:
- Die Entwicklung vom kontrollierten zum abhängigen Drogenkonsum als ein Kontinuum zu verstehen, welches auch eine Heilung nicht ausschließt.
- Einer rechnerischen Modellierung des Verhaltens im Zusammenhang mit dem Verlust und der Wiedererlangung der Kontrolle über den Drogenkonsum, die wichtige Rechenschritte (z. B. Vorhersagefehler) und deren neurobiologische Korrelate in Bezug auf Lernen, Stressreaktivität und kognitive Kontrolle aufdecken können.
- Technologische Fortschritte bei mobilen Gesundheitstools (z.B. mit Smartphones oder Sensoren) erlauben die Erfassung kognitiver und emotionaler Zustände, von Substanzkonsum und Umweltfaktoren im Alltag. Auf dieser Basis könnten Risikosituationen erkannt werden und die Betroffenen gewarnt werden.
Fortsetzung Sonderforschungsbereich/TR 96 „Thermo-Energetische Gestaltung von Werkzeugmaschinen“ - 3. Förderphase
Der SFB/TR 96 untersucht, wie sich die Verformung von Werkzeugmaschinen durch Temperatureinfluss besser beherrschen und sich die daraus resultierenden Maß- und Formabweichungen an Werkstücken reduzieren lassen. Dafür stellt die DFG ab Juli 2019 rund 10 Millionen Euro über vier Jahre zur Verfügung.
Bereits seit 2011 forschen die TU Dresden, die RWTH Aachen und die TU Chemnitz gemeinsam mit dem Fraunhofer IWU in Chemnitz und dem Fraunhofer IPT in Aachen im SFB zu den Zusammenhängen von Bearbeitungsprozess, Verformungen und Maßabweichungen. Die Forscher erarbeiten Lösungen, die einen Ausgleich der temperaturbedingten Verfahrfehler des Werkzeugs über die CNC-Steuerung der Maschine oder die Reduktion der Maßabweichung durch konstruktive Maßnahmen zur gezielten Wärmeverteilung ermöglichen.
Bisher wurden diese Lösungen auf Baugruppen bereits erfolgreich angewandt. 23 wissenschaftliche Mitarbeiter, zusätzliches technisches Fachpersonal und 22 studentische Hilfskräfte werden nun die entwickelten Gestaltungslösungen und ermittelten Zusammenhänge auf komplette Werkzeugmaschinen und reale Betriebsbedingungen erweitern. Dazu werden die Kompetenzen an den Standorten Dresden, Aachen und Chemnitz gebündelt und die mehr als 20 Teilprojekte in interdisziplinären Teams gemeinsam fortgesetzt.
Weitere Informationen unter http://transregio96.de.
Informationen für Journalisten:
SFB/TR 285 „Methodenentwicklung zur mechanischen Fügbarkeit“
Prof. Dr.-Ing. Alexander Brosius
Professur für Formgebende Fertigungsverfahren
Tel.: +49 351 463-31993
Mobil: +49 172 3558542
SFB 265 „Verlust und Wiedererlangung der Kontrolle bei Suchterkrankungen”
Prof. Dr. Michael Smolka
Forschungsbereich Systemische Neurowissenschaften
Tel.: +49 351 463-42201
SFB/TR 96 „Thermo-Energetische Gestaltung von Werkzeugmaschinen“
Dipl.-Ing. Gritt Ott
SFB-Geschäftsstelle
Tel.: 0351 463-34653