23.05.2023
Sonderforschungsbereich/Transregio 265 „Verlust und Wiedererlangung der Kontrolle bei Suchterkrankungen: Verläufe, Mechanismen und Interventionen“ wird durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft gefördert
Einer der Hauptrisikofaktoren für Tod und Behinderung weltweit ist der Konsum von Rauschmitteln (Alkohol, Tabak und illegale Drogen). Wir wissen viel über die individuellen und gesellschaftlichen Faktoren, die den Konsum von Drogen beeinflussen. Allerdings sind uns die Faktoren und Mechanismen, die dazu beitragen, die Kontrolle über die Einnahme von Rauschmitteln zu verlieren und wiederzugewinnen weitgehend unbekannt. Da abhängiges Verhalten durch einen Mangel an Kontrolle über den Konsum charakterisiert ist, ist ein besseres Verständnis dieser Faktoren und Mechanismen entscheidend, um zukünftig Menschen mit Suchterkrankungen besser behandeln zu können.
„Genau das ist unser Forschungsansatz“, sagt Professor Michael Smolka, Leiter des Forschungsbereiches Systemische Neurowissenschaften. „Die Hauptziele unseres Forschungskonsortiums sind die Identifizierung von Triggern und modifizierenden Faktoren, die den Verlauf des Verlusts und der Wiedererlangung der Kontrolle über den Drogenkonsum im wirklichen Leben modulieren sowie die Untersuchung der neurobiologischen Mechanismen“. Dabei wird Alter, Geschlecht, körperlicher Aktivität und kognitiver Kontrolle eine große Bedeutung beigemessen. „Am Ende wollen wir uns nicht abseits aller Praxis bewegen“, so der Dresdner Wissenschaftler weiter. Ein Schwerpunkt der kommenden Arbeit liegt in der Entwicklung und Erprobung von Interventionen, die speziell auf die zugrunde liegenden Mechanismen abzielen, um die Kontrolle über den Substanzkonsum zurückzugewinnen.
Das besondere Innovationspotenzial unseres gemeinsamen Forschungsprojektes aus Dresdner Wissenschaftler der Fakultät Psychologie und der Medizinischen Fakultät der TU Dresden und des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus zusammen mit Kollegen aus der Charité Berlin und dem Zentralinstitut für seelische Gesundheit in Mannheim basiert auf drei jüngsten Erkenntnisse in der Suchtforschung:
- Die Entwicklung vom kontrollierten zum abhängigen Drogenkonsum als ein Kontinuum zu verstehen, welches auch eine Heilung nicht ausschließt.
- Einer rechnerischen Modellierung des Verhaltens im Zusammenhang mit dem Verlust und der Wiedererlangung der Kontrolle über den Drogenkonsum, die wichtige Rechenschritte (z. B. Vorhersagefehler) und deren neurobiologische Korrelate in Bezug auf Lernen, Stressreaktivität und kognitive Kontrolle aufdecken können.
- Technologische Fortschritte bei mobilen Gesundheitstools (z.B. mit Smartphones oder Sensoren) erlauben die Erfassung kognitiver und emotionaler Zustände, von Substanzkonsum und Umweltfaktoren im Alltag. Auf dieser Basis könnten Risikosituationen erkannt werden und die Betroffenen gewarnt werden.
Kontakt:
Prof. Michael N. Smolka
Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus der TU Dresden
Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Forschungsbereich Systemische Neurowissenschaften
Tel.: +49 351 463-42201