16.05.2019
TU Gründungsprojekt bietet Softwarelösung für Tinnituslinderung
Die interdisziplinäre Forschergruppe „IN HARMONY“ hat an der TU Dresden am Lehrstuhl für Mensch-Computer-Interaktion einen Prototyp entwickelt, um Patienten und Patientinnen mit tonalem Tinnitus eine sofortige Tinnituskompensation anbieten zu können. Die drei Gründer Martin Spindler, Matthias Lippmann und Steven Mack beschäftigten sich im Rahmen eines Forschungsprojekts von 2013, dessen Ideengeber der HNO-Arzt Priv.-Doz. Dr. med. Gerd Tymnik aus Großenhain war, mit der Tinnituserkrankung und Lösungsansätzen für eine Linderung der Symptome. Tinnitus beruht auf einer Störung der Hörfunktion, bei der die Betroffenen ein dauerhaftes Ohrgeräusch in Form von Summen, Pfeifen oder Rauschen wahrnehmen. Rund 3,9 % der Bevölkerung haben einen chronisch subjektiven Tinnitus; jährlich treten in Deutschland 270.000 neue Fälle auf. Die gesundheitlichen Auswirkungen der Tinnitusbetroffenen können, je nach Schweregrad, sehr unterschiedlich ausfallen. Schlafstörungen, Angstzustände, Depressionen und Arbeitsunfähigkeit sind jedoch mögliche Folgeschäden der Erkrankung. Es gibt eine Vielzahl von Therapien, von medikamentösen Ansätzen bis hin zur Psychotherapie, die eine Linderung der Symptome erreichen sollen; eine Heilung bei chronischem Tinnitus ist, im Vergleich zu akutem Tinnitus, nur bedingt möglich. Auch wenn die Ohrgeräusche nicht vollständig verschwinden, ist eine Kompensation möglich, bei der die Patienten und Patientinnen die Geräusche nicht mehr als seelisch belastend empfinden.
Die Grundidee der TU Ausgründung erfolgt bis Mitte 2019. Die Grundidee des Gründerteams ist eine Tinnituskompensation mit Hilfe einer Musikanwendung im Alltag. Hierfür wird zunächst die individuelle Tinnitusfrequenz des/der Patienten/Patientin mittels einer Software eingegrenzt. Anschließend erfolgt eine automatische Anpassung des ausgewählten Musikstückes: „Wir laden hierzu ein durch den Patienten ausgewähltes Musikstück in unsere Software. Unser Algorithmus analysiert technisch die musikalische Beschaffenheit des Stückes und passt dieses, um es in Einklang mit dem Tinnituston zu bringen“, erklärt Martin Spindler. Der harmonische Charakter und die natürliche Qualität des Musikstückes bleiben erhalten und der Tinnituston wird in die Harmonie eingebettet, sodass er nicht mehr als störend wahrgenommen wird. Erste Durchläufe mit Probanden zeigen, dass während der Anwendung die Tinnitusbelastung kaum noch wahrgenommen wird und auch nach einer 15-minütigen Pause die Belastung deutlich geringer ausfällt als vor der Behandlung. Die positive Rückmeldung der Probanden ermutigte Martin Spindler dazu, das Forschungsprojekt in eine Ausgründung zu überführen.
Die Musiksoftware kann so oft und lange angewendet werden, wie der Nutzer es wünscht. „Eine Pille gegen Tinnitus gibt es leider noch nicht. In Abstimmung mit dem behandelnden HNO-Arzt kann die Musiksoftware jedoch unterstützend eingesetzt werden, um beispielsweise Schlaf- oder Konzentrationsstörungen zu mindern. Mit unserer Lösung können wir die Tinnitusbelastung mindestens temporär lindern“, so Martin Spindler. Ziel des Gründerteams ist es, ein Software-Medizinprodukt an den Markt zu bringen, dessen Kosten in Zukunft von Krankenkassen übernommen werden. Hierzu muss das Produkt jedoch medizinisch zugelassen sein. Der nächste Schritt ist deshalb eine klinische Studie, die aktuell in Kooperation mit dem Universitätsklinikum Dresden anläuft. Das Projekt „IN HARMONY“ wird unterstützt vom Gründungsnetzwerk dresden|exists und der Professur Mensch-Computer-Interaktion unter Prof. Dr. Gerhard Weber und wurde 2017 bis 2018 mit einem EXIST-Gründerstipendium des BMWi gefördert. Das Sachgebiet 5.3 Transfer Office berät zudem Ausgründer/innen rund um das Thema Schutzrechte und geistiges Eigentum .„In Harmony“ ist für den Sächsischen Gründerpreis beim futureSAX 2019 nominiert.
Informationen für Journalisten:
Gründungsprojekt „IN HARMONY“ Martin Spindler E-Mail: info@in-harmony.land
Telefon: +49-351-4633846 https://www.in-harmony.land