Sylber: Lehren, Lernen und Forschen in Werkstätten
Das Projekt „Lehren, Lernen und Forschen in Werkstätten“ ist ein Teilprojekt der Qualitätsoffensive Lehrerbildung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, das an der TU Dresden unter dem Titel „Synergetische Lehrerbildung im exzellenten Rahmen“ (Sylber) umgesetzt wird.
Ausgangslage
In der Lehrerbildung wird die Frage, wie das Verhältnis von theoretischen und praktischen Ausbildungselementen zu gestalten sei, wiederkehrend diskutiert. Einigkeit besteht darin, dass „praktische“ Elemente vor allem dann zu fördern sind, wenn sie ansprechend begleitet werden und Studierende ihre Erfahrungen reflektieren sowie in den Horizont bestehender Professionsansprüche und theoretischer Wissensbestände einordnen können. Eine Variante der Verknüpfung von wissenschaftlichem Regelwissen und praktischem Fallbezug bieten „Werkstätten“. Innerhalb der Erziehungswissenschaft steht der Begriff der Werkstatt für eine Lernform, in der das eigenverantwortliche und forschende Lernen, das erfahrungs- und fallbezogene Arbeiten sowie die wissenschaftlich angeleitete Erforschung, Analyse und Reflexion der gesammelten Erfahrungen im Vordergrund stehen (vgl. Franz 2012).
Ziele
Das Vorhaben zielt darauf, die spezifischen Profile der beiden Werkstätten des Instituts für Erziehungswissenschaft (Lern- und Forschungswerkstatt Grundschule, Erziehungswissenschaftliche Lehr- und Forschungswerkstatt) insbesondere im Bereich des forschenden Lernens weiter zu entwickeln, indem Forschungswerkstätten als Seminare im Format des forschenden Lernens angeboten und werden. Mit forschendem Lernen im Rahmen der beiden Werkstätten werden in Bezug auf die Professionalisierung der Lehramtsstudierenden folgende Ziele verbunden:
- Entwicklung einer kindorientierten forschenden Haltung und professioneller Reflexivität
- empirische Erforschung von Praxisphänomenen und kindlicher Perspektiven anhand eigener Fragestellungen
- Reflexion der eigenen Forschungsumsetzung und deren Erkenntnisse
- Finden eigener Wege des konstruktiven Umgangs mit der Unterschiedlichkeit von wissenschaftlichem Wissen und Handlungswissen
- Anbahnung eines forschenden Habitus
In zwei Evaluationsstudien werden verschiedene bisher wenig erforschte Aspekte forschenden Lernens näher in den Blick genommen: Inwiefern und auf welche Weise Lernprozesse und die Herausbildung kindorientierter Perspektiven beim Forschenden Lernen stattfinden und welche Kompetenzen Studierende im Prozess einer selbstständig organisierten und umgesetzten Studienforschung aufbauen. Dafür werden auf unterschiedlichen Wegen (u.a. Fragebogen, Interview, Reflexionskapitel in Seminararbeiten) zu bestimmten Zeitpunkten Reflexionen zum Seminar bei Studierenden erhoben.
Ansatz
Das Werkstattkonzept reagiert mit seinem Angebot auf den Umstand, dass Studierende oftmals einen erkennbaren Zusammenhang zwischen den Studieninhalten und ihrer späteren Tätigkeit als Lehrkraft nicht herstellen können. Zugleich wird auch aus einer wissenschaftlichen Perspektive eine „Kluft zwischen Wissen und Handeln“ (Mandl & Gerstenmaier 2000) beklagt. Erlerntes Wissen lässt sich nicht direkt auf schulpraktische Situationen übertragen, sondern muss in seiner Fallspezifik erkannt und gedeutet werden. Einerseits sind Studierende aufgefordert, im Sinne eines forschenden Habitus berufliche Situationen zu beschreiben und zu analysieren. Andererseits gilt es, die eigene Arbeit in Werkstätten zu erfassen.
Aktueller Stand des Vorhabens
Seit Projektbeginn vor zwei Jahren sind im Rahmen von TUD-Sylber insgesamt 7 Forschungswerkstätten angeboten worden: 5 Didaktische Forschungswerkstätten in der Lern- und Forschungswerkstatt Grundschule (LuFo), in denen studentische Forschungsprojekte zur Erforschung von Lernprozessen von Grundschulkindern in Kooperation mit zwei Grundschulen und einer Horteinrichtung initiiert und begleitet wurden und 2 Erziehungswissenschaftliche Forschungswerkstätten in der Erziehungswissenschaftlichen Lehr- und Forschungswerkstatt (ELF), in denen die Erforschung von Phänomenen der Schulpraxis durch Studierende (zum Teil in Vorbereitung ihrer Examensarbeit) begleitet wurden. Erste Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Forschung mit Kindern neue Perspektiven eröffnet und gleichzeitig zum Nachdenken über die eigene Rolle als Lehrperson anregt. Eine Schlüsselrolle auf dem Weg zu neuen Erkenntnissen nimmt dabei das selbstständige Literaturstudium ein. Weiterhin zeigt sich, dass die Wahrnehmung von Wissenschaft und Forschung sich bei den Studierenden verändert, in der Weise, dass Theorie nicht mehr als unumstößlich angesehen wird, sondern als Wissensbestand hinterfragt und auf Praxis bezogen wird.
Verwendete Literatur:
Franz, E.-K. (2012). Lernwerkstätten an Hochschulen. Orte der gemeinsamen Qualifikationen von Studierenden, pädagogischen Fachkräften des Elementarbereichs und Lehrkräften der Primarstufe. Frankfurt a. M.: Peter Lang.
Mandl, H. & Gerstenmaier, J. (Hrsg.) (2000). Die Kluft zwischen Wissen und Handeln - Empirische und theoretische Lösungsansätze. Göttingen: Hogrefe-Verlag.
Prof. Dr. Jeanette Hoffmann
Dr. Jörg Eulenberger
Prof. Dr. Martina Knörzer
- Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen: Franziska Herrmann, Dr. Melanie Wohlfahrt
- Studentische Mitarbeiterin: Lea Alexandra Bresagk
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Herrmann, Franziska (demn.): Perspektiven und Wirkungen forschenden Lernens in der Lern- und Forschungswerkstatt Grundschule der TU Dresden. In: Tänzer, Sandra/ Mannhaupt, Gerd/ Berger, Marcus/ Godau, Marc (Hgg.): Lernwerkstätten im Spannungsverhältnis zwischen Individuum, Gemeinschaft, Ding und Raum. Tagungsband der 11. Internationalen Fachtagung der Hochschullernwerkstätten 2018 (Arbeitstitel). Bad Heilbrunn: Klinkhardt-Verlag (i.V.). |
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Hoffmann, Jeanette/Herrmann, Franziska/Schweda, Martin (demn.): Lesen, Schreiben, Sehen, Zeichnen, Erzählen … und darüber ins Gespräch kommen – in der Lern- und Forschungswerkstatt Grundschule an der TU Dresden. In: Baar, Robert/Feindt, Andreas/Trostmann, Sven (Hgg.): Lernwerkstätten als pädagogisch-didaktischer Lern- und Erfahrungsraum. Potential und Herausforderung für Lehrerbildung und kindheitspädagogische Studiengänge. Bad Heilbrunn: Klinkhardt-Verlag. |
2018 |
Herrmann, Franziska/Wohlfahrt, Melanie (2018): Forschungswerkstätten in der Lehrerbildung – Lernumgebungen zur Entwicklung von Haltung und professioneller Reflexivität. In: Neuber, Nils/Paravicini, Walther/Stein, Martin (Hgg.): Forschendes Lernen. The Wider View. Eine Tagung des Zentrums für Lehrerbildung der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster vom 25. bis 27.09.2017. In: Schriften zur Allgemeinen Hochschuldidaktik. Band 3. Münster: WTM-Verlag, S. 245-248. |
2018 |
Hoffmann, Jeanette/Herrmann, Franziska (2018): Die Lern- und Forschungswerkstatt Grundschule der TU Dresden (LuFo) — Lernort für Studierende, Lehrende und Kinder. In: Neue Sächsische Lehrerzeitung, H. 4/2018, S. 22-23. |
2017 | Herrmann, Franziska/Wohlfahrt, Melanie (2017): Forschend lernen – in der Praxis bestehen. Wie Forschungswerkstätten in der Lehrerbildung dazu beitragen können, Herausforderungen der Schulpraxis zu meistern. In: Neue Sächsische Lehrerzeitung, H. 4/2017, S. 20. |
2017 |
Herrmann, Franziska (2017): Geheimnisse kreativen Schreibens zu bedeutsamen Themen. In: Deutscher Kinderschutzbund, Landesverbände Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt (Hgg.): „Einer schwimmt im Geld“ – Kinder über arm und reich. Neu-Ulm: AG SPAK, S. 95-99. |
Franziska Herrmann: Didaktische Forschungswerkstatt zum kreativen Schreiben. Qualitativ empirische Evaluationsstudie zur Bedeutung schöpferischer Prozesse beim Forschenden Lernen (Arbeitstitel).
Abstract
Werkstätten können besondere Lern- und Arbeitsorte für Kinder und Erwachsene sein. Im Zusammenhang mit dem hier vorgestellten Dissertationsvorhaben steht der Begriff in zwei Dimensionen: Zum einen werden im Projekt mit Grundschulkindern kreative Schreibwerkstätten durchgeführt, um epistemische Schreibprozesse zu initiieren und zu untersuchen. Zum anderen findet diese Untersuchung innerhalb eines deutschdidaktischen Seminars als Didaktische Forschungswerkstatt zum kreativen Schreiben in den Räumen der Lern- und Forschungswerkstatt Grundschule der TU Dresden (LuFo) statt. Das Dissertationsvorhaben umfasst die Entwicklung, Erprobung und qualitative Evaluation der Didaktischen Forschungswerkstatt zum kreativen Schreiben und widmet sich grundlegenden Fragen zum Forschenden Lernen im Rahmen von Forschungswerkstätten in der Lehrerbildung.