Gewaltforschung im Überblick
Untersuchungsreihen der Forschungsgruppe Schulevaluation:
- quantitative Analysen, um das Ausmaß und die Ursachen von Gewalt in der Schule zu ermitteln
- qualitative Studien, um den Blick für die Einzelschule oder konkrete Schülerrollen oder Schülerschicksale zu öffnen
- eine Pilotstudie zur Gewaltprävention, um Maßnahmen zur pädagogischen Bearbeitung der Problemlagen zu entwickeln und erproben zu können
- sowie national und international vergleichende Untersuchungen.
Theoretische Einordnung und zentrale Begriffe
Um den Schulalltag hinsichtlich der sozialen Verhaltensdimensionen der Schüler angemessen diagnostizieren und analysieren zu können, bedarf es theoretischen und empirischen Zugriffs, der geeignet ist, alle sozialschädlichen und sozialabweichenden Verhaltensweisen mit in den Blick zu nehmen. Darunter wird ein als Devianz bezeichnetes Verhalten verstanden, das nicht den Normen und Rollenerwartungen der Gesellschaft insgesamt oder eines ihrer Teilsysteme entspricht. Sobald die Grenze zu strafrechtlich relevanten Handlungen überschritten ist, spricht man von Delinquenz. In der Psychologie ist Aggression ein gebräuchlicher Terminus, der eher verwendet wird, um den individuellen Antrieb übergriffiger Handlungen oder dabei auftretende fehlgeleitete Verarbeitungsmechanismen zu beschreiben. Gewalt wird als theoretischer Leitbegriff von unserer Forschungsgruppe favorisiert, weil sich in ihm, demgegenüber stärker, die gesellschaftlichen Implikationen, multiplen Sozialisationskontexte und Verusachungsstrukturen ausdrücken. In internationalen Studien wird der Begriff Bullying verwendet, wenn es um Gewalt in der Schule geht. Unter dem Einfluss der skandinavischen Forschung – insbesondere Dan Olweus – ist der Begriff Mobbing sehr verbreitet. Allen Begriffen gemeinsam ist das Vorhandensein einer vorsätzlichen physischen und/oder psychischen Schädigung anderer Personen bzw. einer Schädigung der Sachen dieser Personen. Um diese Zugänge mit unterschiedlichen theoretischen Implikationen zu integrieren, bedarf es eines metatheoretischen Gesamtkonzeptes, das in Anlehnung an die Systemtheorie als Gewaltemergenz (Forschungsgruppe Schulevaluation 1998, S. 37ff) bezeichnet wird. (mehr zum theoretischen Zugang...)
Der Fokus der Forschung weitete sich im Laufe der Jahre durch Kooperationen mit Sozialwissenschaftlern, Psychologen, Gesundheitsforschern und Kriminologen aus. Zudem gewannen Fragen des Transfers in die Praxis und der Gewaltprävention an Bedeutung. Drei ausgewählte Forschungsprodukte aus diesem Kooperationskontext sind:
Gewaltprävention und Schulentwicklung
Handbuch Aggression, Gewalt und Kriminalität bei Kindern und Jugendlichen
Delinquenz und Sozialisation jugendlicher Mehrfachtäter (Abschlussbericht Volltext - PDF)