Prävention und Gesundheitsförderung
In gesundheitswissenschaftlicher Perspektive haben sich zwei zentrale Strategien der Gesundheitserhaltung und Gesundheitsgewinnung etabliert: die Krankheitsprävention und die Gesundheitsförderung. Konzepte der Prävention zielen eher darauf ab, die Einstellungen und das Verhalten der Menschen zu ändern, um gesundheitsbezogenes Risikoverhalten zu minimieren. Der Ansatz der Gesundheitsförderung der WHO verfolgt entsprechend der Ottawa-Charta prioritär das Ziel, die Lebensbedingungen der Menschen so zu beeinflussen, dass ein anderes, „sozialverträgliches" und die Autonomie der Einzelnen förderndes, partizipatives Leben in den Alltagswelten möglich werden kann. Aus unserer Sicht sollte die Komplementarität von verhaltens- und verhältnisorientierten Maßnahmen betont und der in anderen Forschungs - und Anwendungsfeldern gebräuchliche und bewährte Präventionsbegriff nicht abgewertet werden. Strategien der Prävention und Gesundheitsförderung werden im Rahmen von sog. „Settings" organisiert. „Ein Setting ist ein Ort oder sozialer Kontext, in dem Menschen ihren Alltagsaktivitäten nachgehen, im Verlaufe derer umweltbezogene, organisatorische und persönliche Faktoren zusammenwirken und Gesundheit und Wohlbefinden beeinflussen" (WHO 1998). Als relevante Settings sind von der WHO auf kommunalpolitischer Ebene die „Gesunden Städte" und „Gesunden Regionen" konzeptualisiert worden. In einer stärker an organisationalen Rahmenbedingungen orientierten Konzeption werden Schule, Familie, Krankenhaus, Gefängnis oder Betrieb als Settings verstanden.
Im Anschluss an Repräsentativbefragungen mit Hilfe des HBSC-Instrumentariums wurden zwei Piloprojekte zur Gesundheitsförderung in Schulen in Sachsen (2005 bis 2006) und Thüringen (2009 bis 2013) durchgeführt. Beim Projekt „Gesundheitsfördernde Schule in Sachsen" waren die "Sächsische Landesvereinigung für Gesundheitsförderung" (SLfG) und die AOK beteiligt. In diesem Projektverbund wurden in 12 Modellschulen gesundheitsfördernde Maßnahmen durchgeführt und evaluiert. Das Thüringer Projekt „Auf dem Weg zur gesunden Schule" wurde in 16 Schulen realisiert. Initiatoren waren neben unserer Forschungsgruppe das Thüringer Ministerium für Bildung und Wissenschaft (TMBWK) und die AOK. Im Ergebnis wurde ein Inventar zur Selbstevaluation der Schulen entwickelt und eine Handreichung für die Praxis der Gesundheitsförderung in einer Schriftenreihe des Thüringer Instituts für Lehrerfortbildung publiziert.
Das Konzept beider Projekte der Gesundheitsförderung basiert auf Erkenntnissen der Schulentwicklungsforschung. Ausgangspunkt dieses Ansatzes ist die fundamentale Bedeutung des Klimas und der Lernkultur einer Schule für die gesunde Entwicklung von Schülern und Lehrern. Die Maßnahmen ergeben sich aus dem ermittelten Bedarf der jeweiligen Einzelschule und werden zielgerichtet in den Bereichen eingesetzt, in denen diese Schule bestimmte Zielwerte nicht erreicht (Benchmarking-Strategie). Das gesamte Schulsetting wird einbezogen. Ausgewählte Forschungsprodukte aus diesem Kooperationskontext sind: