24.05.2022
Tagung: Mechanismen des Innovativen im klösterlichen Leben des hohen Mittelalters
Wer das nachhaltig Neue erforscht, also nach dem Systemgrenzen überschreitenden Innovativen fragt, kommt für das Mittelalter an den Klöstern des 12. und 13. Jahrhunderts kaum vorbei. Bewusst oder durch Zufall erschloss die klösterliche Kultur Bereiche des Erstmaligen und Unbekannten, in denen Erfahrungen zur Handhabung des innovativ Gewonnenen überhaupt erst gesammelt werden mussten. Dabei entstanden u. a. Leuchttürme des technischen Fortschritts, ein neuartiges Statutenrecht, geregelte Verfahren oder von kreativen Hybridmodellen getragene, wirkmächtige Rituallösungen.
Seit jeher erzeugen Spannungen Kreativität, und offenbar ist gerade die Klosterkultur mit ihren Ambivalenzen aus Transzendenz und Immanenz, Innen und Außen, Individuum und Gemeinschaft, aus Priester- und Laientum oder Armut und Reichtum besonders geeignet, als ein solch multiplexes „Innovationslabor europäischer Lebensentwürfe und Ordnungsmodelle“ zu fungieren.
Unsere Tagung sucht in dieser kreativen Welt nach dem Schlüssel zum Verständnis ihres Innovationspotentials und seiner Mechanismen. Das heißt, alle Referate leiten sich von der Frage ab, wie und in welchen Systemzusammenhängen Innovationen im klösterlichen Leben des hohen Mittelalters funktionierten, mithin warum und wie sie entstanden und wie sie gefördert, getragen, kommuniziert oder gehemmt wurden.
Der Flyer der Tagung kann hier eingesehen werden.
Programm
Donnerstag, 23. Juni 2022
15:00 Uhr Begrüßung und Einführung
Grußwort: Hans Wiesmeth (Präsident der Sächsischen Akademie der Wissenschaften), Gert Melville (Dresden) und Jörg Sonntag (Dresden/Regensburg)
Sektion I: Manifestationen von Innovation
Leitung: Bernd Schneidmüller (Heidelberg)
15:30 Uhr
Carmen Cardelle de Hartmann (Zürich): Rhetorik des Neuen
16:30 Uhr
Kaffeepause
16:45 Uhr
Mirko Breitenstein (Dresden): Text gestalten. Schrift als Medium von Innovation
17:45 Uhr
Matthias Untermann (Heidelberg): Außen und innen, alt und neu. Architektur als innovative klösterliche Selbstdarstellung
Freitag, 24. Juni 2022
Sektion II: Grundbedingungen des Innovativen
Leitung: Agostino Paravicini Bagliani (Luzern)
08:30 Uhr
Julia Becker (Heidelberg)/Marcus Handke (Dresden): Einsam oder gemeinsam? Spannungsfelder innovativer Lebensexperimente (12./13. Jahrhundert)
09:30 Uhr
Fiona Griffiths (Stanford): Gender and Innovation
10:30 Uhr
Kaffeepause
11:00 Uhr
Guido Cariboni (Brescia): Der Reifungsprozess des Propositum als innovative Antwort auf empirische Bedürfnisse
12:00 Uhr
Julia Burkhardt (München): Akteure – Raum – Zeit. Grundbedingungen für Innovationen im Mittelalter
15:00 Uhr
Kaffeepause
Sektion III: Exemplarische Felder der Innovation
Leitung: Tillmann Lohse (Berlin)
15:30 Uhr
Rainer Berndt (St. Georgen): Reliquien, Rekontextualisierungen, Reformen. Neuanfang und Tradition im Lichte liturgischer Innovationen bei den Viktorinern von Paris im Mittelalter
16:30 Uhr
Gert Melville (Dresden): Gesetze als Konfiguration(en) der Zukunft. Ein innovationsschub in der Ordenswelt des 12. und 13. Jahrhunderts
17:30 Uhr
Jens Röhrkasten (Rinteln): Innovation und Adaption in der hochmittelalterlichen Klosterwirtschaft
Samstag, 25. Juni 2022
09:00 Uhr Klosterführung
Sektion IV: Innovation im kulturellen System
Leitung: Nicolangelo D'Acunto (Brescia)
10:00 Uhr
Steven Vanderputten (Gent): Monastic Reform and (Institutional) Innovation. A Contradiction in Terms?
11:00 Uhr
Kaffeepause
11:30 Uhr
Romedio Schmitz-Esser (Heidelberg): Die Grenzen der Innovation. Was im hochmittelalterlichen Kloster nicht mehr möglich war
12:00 Uhr
James Mixson (Tuscaloosa): Zusammenfassung