Teilprojekt N des SFB 804 (2009-2014)
KONSTRUKTIONEN VON TRANSZENDENZ UND GEMEINSINN IN TECHNIK UND THEOLOGIE
TEILPROJEKT N DES SFB 804 (JULI 2009-JUNI 2014)
Das Teilprojekt untersucht, wie moderne Technik im Prozess ihrer gesellschaftlichen Umsetzung auf die Bewältigung von Unverfügbarkeiten verweist und wie umgekehrt die Theologie in ihren Entwürfen von Transzendenz direkt oder indirekt auf die technische Moderne reagiert. Das Teilprojekt untersucht hierzu drei Technikdiskurse des 20. Jahrhunderts unter der Leitfrage, wie solche Transzendenzen zur Herstellung von Gemeinsinn in Anspruch genommen werden.
Das Projekt geht davon aus, dass Technik und Theologie über Transzendenzbehauptungen um die Deutungshoheit über Weltbilder und ihre handlungsleitenden Potenzen, also um den Gemeinsinn, konkurrieren. Gerade darin zeigt sich jedoch zugleich der gemeinsame Horizont abendländischer Technik und Theologie als Arbeit am Unverfügbaren. Besonders sichtbar werden Transzendenzkonstruktionen genau dann, wenn durch die Technik die Grenze zwischen dem Verfügbaren und dem Unverfügbaren verschoben wird. Denn dies hat Folgen sowohl für die soziale Ordnung als auch für den Ort des Menschen in dieser Ordnung. Daher sind Inhalte und Formen von Transzendenzbezügen sowie ihr Verhältnis zum Gemeinsinn und zum Individuum zu bestimmen.
Das Teilprojekt analysiert drei paradigmatische Technikdiskurse im 20. Jahrhundert: Industrietechnik, Kerntechnik und Biotechnik. Zunächst geht es um die durch die sogenannte Zweite Industrialisierung hervorgerufene Debatte um die soziale und kulturelle Bedeutung der Technik in den 1920er und 1930er Jahren. Sie bestimmte seither die Technikwahrnehmung weiter Kreise des Christentums unter dem Verdacht, dass die technische Verfügbarmachung von Mensch und Welt die Technik selbst unverfügbar macht, während sie die Unverfügbarkeit des Heiligen verletzt. Die beiden anderen Bereiche behandeln die Debatten um die Kerntechnik und die Biotechnik. Diese Techniken gelten als die Eroberungen des Unverfügbaren schlechthin.
In der Zusammenschau dieser Gebiete, die historisch wie systematisch betrachtet die Schnittpunkte des Technikdiskurses im 20. Jahrhundert darstellen, wird sich ein umfassendes und differenziertes Bild der Beziehung von Transzendenz und Gemeinsinn in Technik und Theologie ergeben. Ziel des Teilprojekts ist es, die wechselseitigen Transformationsprozesse zu erschließen, die Technik und Religion als bleibend aufeinander bezogene Deutungshorizonte der Moderne erweisen.
PROJEKTLEITER
Prof. Dr. Christian Schwarke
MITARBEITERINNEN
Dr. phil. Peggy Renger-Berka
Katharina Neumeister, M.A.
sowie vertretungsweise in den Elternzeiten Anne Katrin Lemmel und Hermann Diebel