09.09.2024
Neues Promotionsvorhaben zum franziskanischen Erziehungsprojekt im kolonialen Mexiko (Region Yucatán)
Mitte des 16. Jahrhunderts gelangten die Franziskaner im Zuge der sich ausbreitenden Kolonialisierung Mexikos auf die Halbinsel Yucatán, Region der indigenen Maya. Das Ziel der Ordensmänner: die Verbreitung des christlichen Glaubens bei der einheimischen Bevölkerung und die damit verbundene Abkehr vom indigenen Glauben.
Bald wurde den Ordensleuten jedoch klar, dass ein so tief verwurzelter Glaube bei den Indigenen nicht einfach in Massentaufen durch das Christentum ersetzt werden konnte. Die Franziskaner erkannten, dass die Einheimischen für eine dauerhafte Annahme des Christentums und der europäischen Werte in das europäisch-christliche Kultursystem eingegliedert werden mussten, was gleichzeitigt eine Verdrängung der prähispanischen Erinnerung (memoria) durch eine europäisch-christliche Erinnerung bedeutete. Dafür musste die indigene Bevölkerung von den Ordensleuten gewissermaßen „erzogen“ werden – der Grundstein für das franziskanische Erziehungssystem im kolonialen Mexiko.
Die franziskanischen Ordensmänner konzentrierten sich auf die Erziehung der indigenen Kinder, weil diese als noch frei von Heidentum und Idolatrie galten. Darüber hinaus sollten sie das Christentum an die Elterngeneration weitertragen. In der Erziehung wurde nach Stand und Geschlecht unterschieden. So wurden beispielsweise die Söhne der normalen Bevölkerung auf den Kirchenhöfen der Klöster (patios) in den Grundkenntnissen des Christentums unterrichtet, während die Söhne der Nobilität eine höhere Erziehung in den Klosterschulen erhielten.
Für die Maya auf der Halbinsel Yucatán war spezifisch, dass sie bereits ein eigenes Schriftsystem (Hieroglyphenschrift) hatten und damit eine Lese- und Schreibkompetenz besaßen – eine Grundvoraussetzung für die Evangelisierung in Mexiko.
Innerhalb des epochen- und kulturübergreifenden Promotionsprojekt soll neben der europäischen Betrachtung des franziskanischen Erziehungsprojekts im Quellenstudium – insofern möglich – auch der indigene Blick auf die Geschehnisse herausgefiltert werden. Für das Quellenstudium liegen u.a. Berichte von Chronisten, Briefe an die spanischen und religiösen Obrigkeiten sowie Verwaltungsdokumente vor. Aus indigener Perspektive heraus gibt es dokumentierte Fälle, in denen sich die Indigenen an die Obrigkeiten wandten. Darüber hinaus gab es auch indigene Chronisten.
Als weiteren und grundlegenden Aspekt gilt es, einen Blick auf die Voraussetzungen der Franziskaner im mittelalterlichen Europa zu werfen und zu betrachten, wie sie zur Bildung im Allgemeinen und zur christlichen Erziehung der Bevölkerung standen. Dabei soll gemäß der aktuellen Forschung auf dem Themengebiet ebenso die Ausbildung der Ordensleute beleuchtet und ein Vergleich zur Situation in Yucatán gezogen werden.
Zur ausführlichen Beschreibung des Promotionsvorhabens siehe hier.