Katarina Stein
Abschluss:
1991
derzeitige Tätigkeit:
Studienberaterin, TU Dresden
Wie haben Sie Ihr Studium in Dresden erlebt?
Ich begann mein Philosophie-Studium mit 25 Jahren (nach einem abgebrochenen Studium, Ausbildung und Berufstätigkeit), und habe zur Wendezeit Philosophie studiert (1985 – 1991). Die „Ideen“ der SED-Führung wurden durch den neuen russischen Präsidenten Michail Gorbatschow vollkommen in Frage gestellt. „Perestroika“ (Umbau, Umgestaltung) und „Glasnost“ (Offenheit) waren Begriffe dieses einschneidenden Reformprozesses, der letztlich auch die deutsche Teilung beendete.
In dieser Zeit habe ich studiert, konnte unmittelbar erleben, wie sich bestehende gesellschaftliche Verhältnisse veränderten. In jedem Seminar besprachen wir quasi aktuelle Entwicklungen, konnten sie ins Verhältnis setzen mit den Ideen deutscher und anderer Philosophen.
Da sowohl einige Kommiliton:innen oder Lehrende dem SED-System nahestanden, war meine Studienzeit aber auch eine Zeit personeller Veränderungen. Einige kamen mit den neuen Ideen einfach nicht zurecht, Werte, Weltbilder und auch Visionen konnten auch schon mal in sich zusammenfallen wie ein Kartenhaus.
Für mich war es eine durch und durch spannende, prickelnde Zeit und ich betrachte es als ein Privileg, in dieser Zeit des Umbruchs studiert zu haben.
Wie ist es nach dem Studium für Sie weitergegangen?
Ich habe bereits während des Studiums gejobbt, zuletzt an der TU Dresden. Da war es nur ein kleiner Schritt zur festen Stelle. Seit 1989 bin ich Studienberaterin.
Welcher Tätigkeit gehen Sie heute nach und wie sieht Ihr Berufsalltag aus?
Es mag vielleicht langweilig klingen: Studienberaterin bin ich bis heute. Da ich vor und zum Teil während meine Studiums in anderen Jobs unterwegs war, konnte ich mich auch außerhalb der Universität „umschauen“.
Aber mit der Studienberatung habe ich meinen Traumjob gefunden.
Ich berate junge Leute, die ins Studium wollen und auf der Suche nach dem richtigen Studiengang sind. Die Mehrzahl der Beratungen nehmen jedoch Studierende wahr, die im Studium sind und dort Probleme haben. Das können Motivationsprobleme genauso sein, wie Überforderung oder Prüfungsangst.
Zu meiner Tätigkeit gehören auch Workshops für Studierende zur Bewältigung des Studiums (z.B. zum Thema Aufschieben), Vorträge vor Schulklassen, Präsentationen des Studienangebots außerhalb der Universität.
Intern spielen die ständige Weiterbildung eine große Rolle, die Evaluation unserer Beratung oder konzeptionelle Arbeiten.
Welche Fähigkeiten und Kenntnisse, die Sie im Studium erworben haben, können Sie in Ihrem Berufsalltag gebrauchen?
Ich habe mich in meinem Studium viel mit dem Thema Fremdbestimmung und Selbstbestimmung beschäftigt. Das kann ich in meinem Beruf sehr gut gebrauchen. Gerade die Statuspassage von der Schule in die Universität ist ein sehr spannender Prozess. Fragen wie „Was kann ich, was will ich, was ist mir wichtig“ haben viel Raum in den Beratungsgesprächen.
Auch Studierende erleben an der Universität neue „Freiheiten“ und neue „Abhängigkeiten“. Da verändern sich Ziele und Visionen, bisherige Wertvorstellungen werden hinterfragt.
Persönlich und beruflich begleitet mich seit dem Studium eine große Toleranz gegenüber anderen Meinungen und Wertvorstellungen. Zu meinem Beruf gehört es, wertfrei zu beraten. Das könnte ich nicht mit Vorbehalten gegenüber anderen Menschen und ihren Lebensentwürfen.
Welchen Rat würden Sie Studierenden mit auf den Weg geben wollen?
Als Philosophin und Studienberaterin empfehle ich immer, den eigenen Weg zu finden und gehen. Herauszufinden, was einem wichtig ist und dann kompetente Entscheidungen zu treffen (zu denen man sich auch bekennt), ist die eine Seite. Aber was uns reifen lässt und prägt ist nicht der „ebene Weg“, sondern sind Herausforderungen, „Stolpersteine“ oder auch Misserfolge. Daraus lernen wir viel mehr, als aus Erfolgen. Veränderungen gehören einfach zum Leben und sind in der Regel nichts Bedrohliches. Und sehr beglückend ist es dann, wenn man sie mitgestalten kann.
"Der Wechsel allein ist das Beständige" - Arthur Schopenhauer