Frühere Forschungsprojekte
Inhaltsverzeichnis
DFG PROJEKT „EINE MEHRDIMENSIONALE THEORIE DER WEISHEIT“
Zusammenfassung
Das primär in der normativen Erkenntnistheorie angesiedelte Projekt hat eine umfassende Theorie der Weisheit zum Ziel. Der zentrale und grundlegende Begriff dieser Theorie ist der Begriff des weisen Entscheidens. Wir möchten zeigen, wie sich aus diesem weitere zentrale Weisheitskonzepte wie das der personalen Weisheit oder der Weisheit als Wert ableiten lassen. Der Vorteil dieser Theorie besteht insbesondere darin, einen unabhängig operationalisierbaren Begriff der personalen Weisheit zu entwickeln, der vor allem für die empirische Forschung wesentliche methodische Vorteile bietet.
Die Projektarbeit gliedert sich in drei größere Arbeitsbereiche, die jeweils spezifische Fragestellungen verfolgen. Die erste lautet: Unter welchen Bedingungen lässt sich eine Entscheidung als weise auszeichnen? Ziel dieses Projektbereichs ist die Entwicklung einer adäquaten Definition des weisen Entscheidens und einer kontextualistischen Theorie der Zuschreibung von weisen Entscheidungen. Als zentral erweist sich hier die Unterscheidung zwischen einer schwächeren attributiven Lesart und einer stärkeren adverbialen Lesart solcher Zuschreibungen.
Der zweite Projektbereich untersucht den Begriff personaler Weisheit. Traditionelle wie gegenwärtige Theorien der Weisheit befassen sich in der Regel ausschließlich mit dieser Dimension. Während konkurrierende Ansätze versuchen, personale Weisheit direkt in Bezug auf die kognitiven und anderen Charaktereigenschaften von weisen Personen zu definieren, möchten wir den umgekehrten Weg gehen und eine weise Person als eine Person auszeichnen, die die Disposition besitzt, weise zu entscheiden und zu handeln. Dieser Ansatz ist in einem gewissen Sinne reduktiv, insofern er den Begriff der weisen Person auf den Begriff des weisen Entscheidens zurückführt. Der entscheidende Vorteil dieses methodischen Vorgehens besteht darin, dass sich die Disposition zu weisen Entscheidungen unabhängig von den die Disposition erklärenden Charaktermerkmalen operationalisieren lässt und so Anschlussmöglichkeiten für empirisch ausgerichtete Theorien personaler Weisheit bereit stellt. Damit verschafft das Projekt dem Begriff der Weisheit erstmals eine operationalisierbare Grundlage, die nicht nur unsere Intuitionen und Alltagszuschreibungen erklären kann, sondern auch anschlussfähig für empirische Theorien der personalen Weisheit ist.
Gegenstand des dritten Projektbereichs ist der Wert der Weisheit ─ philosophisch vielleicht die interessanteste Dimension. Wichtig für diese Diskussion ist die traditionelle Unterscheidung zwischen der sog. ‘praktischen’ und der ‘theoretischen’ Weisheit. Während der praktische Wert der Weisheit vor allem in ethischen Kontexten noch heute stark diskutiert wird, ist der theoretische - oder besser: der epistemische - Wert der Weisheit in der gegenwärtigen wertgeleiteten Erkenntnistheorie stark unterbelichtet. Im Vordergrund stehen hier die Begriffe des Wissens, der Rechtfertigung oder, neuerdings der des Verstehens. Unseres Erachtens sind diese Akzentsetzungen nicht hinreichend begründet, da sich dafür argumentieren lässt, dass das Ziel von Wissenschaft und epistemischer Praxis im Wesentlichen darin besteht, einen Beitrag zur Verbesserung unserer gegenwärtigen Situation zu leisten. Auch die in diesem Projektbereich zu entwickelnde axiologische Theorie der Weisheit findet ihre Basis im Begriff des weisen Entscheidens.
DFG Projekt „Analyse und Erklärung epistemischer Werte“ (2012 - 2015)
Zusammenfassung
Das Projekt gliederte sich in zwei größere Arbeitsbereiche. Im ersten Bereich lautete die zentrale Fragestellung: Was ist epistemisch wertvoll? Eine überzeugende Antwort auf diese Frage ist grundlegend für die gesamte Erkenntnistheorie, insofern deren Gegenstand genau diejenigen kognitiven Aktivitäten und Zustände umfasst, die mit Blick auf unsere Erkenntnispraxis wertvoll erscheinen. Deshalb gehörte es zur Hauptaufgabe des ersten Bereichs, eine adäquate und zugleich operationalisierbare Definition für den Begriff des epistemischen Werts zu erarbeiten.
Im Mittelpunkt des zweiten Projektbereichs stand das in den letzten Jahren intensiv diskutierte Menon-Problem: Warum ist Wissen wertvoller als wahre Meinung? – eine Frage, die stärker an der traditionellen Auseinandersetzung um eine angemessene Erklärung der Natur des Wissens orientiert ist. Die Entwicklung einer eigenständigen Lösung des Menon-Problems wurde so zur vorrangigen Aufgabe des zweiten Bereichs. Die erarbeitete Lösung zeichnete sich dadurch aus, dass sie als unmittelbare Konsequenz der vorgeschlagenen Definition für epistemische Werte aufgefasst werden kann und sich im Unterschied zu den meisten konkurrierenden Lösungsansätzen als unabhängig von der Diskussion bezüglich der Natur des Wissens erweist. Im Einzelnen konnten folgende Arbeitsergebnisse erzielt werden:
Erster Projektteil
- Entwicklung einer operationalisierbaren Definition (relativer) epistemischer Werte auf der Basis einer generischen (FA)-Analyse der allgemeinen Erklärung von Werten.
- Modifizierung der Standarderklärung epistemischer Signifikanz („Neugier“-Ansatz) im Hinblick auf drei Komponenten: (i) Art des Informationsinteresses (Relation zwischen Fragen und Antworten), (ii) Charakterisierung des motivationalen Aspekts des epistemischen Interesses (Form der relevanten Pro-Einstellungen) und (iii) Erklärung der metaphysischen Fundierung (transkategoriale Bestimmung epistemischer Finalität).
- Entwicklung einer „argument-from-value strategy“ der Erklärung des Zusammenhangs von Wissen und Praxis einschließlich der Verteidigung eines moderaten Purismus bezüglich der Annahme von irreduziblen epistemischen Zielen.
- Ausarbeitung einer Cluster-Konzeption epistemischer Normativität, der zur Folge sich eine Erkenntnispraxis aus externen epistemischen Zielen und damit korrespondierenden doxastischen Normen (d.h. inhärenten Zielen bezüglich der Angemessenheit entsprechender Wertschätzungen) zusammensetzt.
- Einzelanalyse epistemisches Verstehens: Entwicklung eines zweidimensionalen Ansatzes epistemischen Verstehens, wonach das Erfassen einer Erklärung im Sinne der „einfachen Sichtweise“ eine Form des (interrogativen) propositionalen Verstehens ist, wobei das Erfassen derjenigen Objekte, deren explanatorischer Zusammenhang im Rahmen der modifizierten Standarderklärung epistemischer Signifikanz interrogativ zu analysieren ist, gleichzeitig in einem nicht-interrogativen objektualen Verstehen der betreffenden Relata (im Sinne der Bekanntheit mit diesen Objekten) fundiert ist.
- Einzelanalyse Weisheit als epistemisches Ziel: Ausarbeitung eines hybriden Ansatzes, wonach die Bedingungen unter denen eine weise kognitive Aktivität einen epistemischen Wert erlangt, variieren können, je nachdem, ob epistemisches Verstehen oder Wissen-wie das leitende Ziel der Untersuchung ist.
Zweiter Projektteil
- Unter Berücksichtigung der in Anspruch genommenen generischen (FA)-Analyse von Werten konnte gezeigt werden, dass es eine relativ einfache expressivistische Lösung für das sog. Menon-Problem („Warum ist Wissen wertvoller als wahre Meinung“) gibt.
- Gleichzeitig wurde deutlich gemacht, dass ein expressivistischer Ansatz – der nach Ansicht des Projekts am ehesten in der Lage ist das sog. zweite Wertproblem („Warum ist Wissen wertvoller alles was unter Wissen fällt“) zu lösen – verschiedene (weitere) Anforderungen an eine adäquate Erklärung des Mehrwerts von Wissen nicht erfüllt. In diesem Zusammenhang wurde ein neues „generalisiertes Wertproblem“ („Warum sind einige epistemische Zustände manchmal wertvoller als andere“) in die Diskussion eingebracht.
- Das Projekt hat zudem einen Vorschlag zur Lösung des „swamping“-Problems erarbeitet, der sich unmittelbar aus der vorgeschlagenen Definition von (relativen) epistemischen Werten ergibt. Demnach müssen zur Erklärung des Mehrwerts die normativen Bedingungen herangezogen werden, unter denen entsprechende Werteeinstellungen (relativ zum jeweiligen Ziel der Untersuchung) angemessen erscheinen.
- Schließlich wurde ein alternativer Ansatz der Erklärung des Mehrwerts von Wissen entwickelt, wonach Wissen und wahre Meinung vor allem deshalb einen unterschiedlichen epistemischen Wert besitzen, weil sie als kognitive Aktivitäten einen verschiedenen Stellenwert in Bezug auf die Ziele und Normen der Erkenntnispraxis aufweisen. Demnach besitzt Wissen einen relativen Mehrwert, der sich aus der jeweiligen Rolle erklärt, die dieser Zustand innerhalb einer bestimmten Untersuchung spielt. Der Vorteil der vorgeschlagenen Erklärung des Mehrwerts von Wissen liegt darin, dass sie – im Gegensatz zu ihren Mitkonkurrenten – auch auf andere Arten von komparativen Werturteilen anwendbar ist. Damit ist es prinzipiell möglich, den Fokus der Wertanalyse auf interrogative und soziale Formen der Zuschreibung epistemischer Einstellungen zu erweitern.
Mitarbeitende
Ehemaliger Inhaber Professur für Theoretische Philosophie
NameHerr Prof. Dr. Gerhard Schönrich
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Wissenschaftlicher Mitarbeiter
NameDr. Pedro Schmechtig
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Besuchsadresse:
Bürogebäude Zellescher Weg (BZW), Etage 4, Raum A425 Zellscher Weg 17
01062 Dresden
Sprechzeiten:
nach Vereinbarung
DFG Sonderforschungsbereich 537 „Institutionalität und Geschichtlichkeit“: Teilprojekt „Semiotik der Institutionen / Ontologie der Institutionen“ (1997 - 2008)
Zusammenfassung
Im Rahmen des SFB 537 „Institutionalität und Geschichtlichkeit“ untersuchte das Teilprojekt L ausgehend von einer Analyse der semiotischen und ontologischen Konstituenten (Konstitutionsproblem), wie Institutionen trotz aller offenkundigen zeitlichen Veränderungen Dauer im Wandel behaupten können (Persistenzproblem). Das Projekt erarbeitete eine transkategoriale Ontologie, die institutionelle Prozesse sowohl in ihrer Binnenstruktur als auch in ihren Außenbeziehungen modellieren und Machtbeziehungen analysieren kann. Für die Klärung der Gegenwart und Eigenzeit von Institutionen war die Integration opponierender Zeitkonstruktionen (serielle Zeitordnung vs. perspektivische Zeitdynamik) in eine Zeittheorie von entscheidender Bedeutung.