Tagung "Forschungsförderung – quo vadis?"
Bericht zur Tagung „Forschungsförderung – quo vadis?“
Die erste größere Veranstaltung der Forschungsstelle „Forschungsförderung & Technologietransfer“ darf als erfolgreiche Veranstaltung gewertet werden. Ca. 110 Vertreter renommierter Forschungseinrichtungen, forschender Groß- und Kleinunternehmen sowie der Wissenschaft diskutierten engagiert über Gegenwart und Zukunft der Forschungsförderung unter dem Titel „Forschungsförderung – Quo Vadis?“
Der Leiter des IGEWeM, Prof. Dr. Horst-Peter Götting, LL.M., begrüßte in seiner Doppelfunktion als Dekan der Juristischen Fakultät sowie als Leiter der Forschungsstelle die Gäste. Prof. Götting betonte, dass die gewachsene Komplexität der Forschungslandschaft sich in den rechtlichen Rahmenbedingungen widerspiegelt. Forscher empfänden das Recht oft als kompliziert und hemmend. Ein stabiler rechtlicher Rahmen sei jedoch eine wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Durchführung von Forschungsprojekten.
Die fachliche Auseinandersetzung mit der Forschungsförderung eröffnete der zweite Leiter der Forschungsstelle am IGEWeM, Dr. Sebastian Wündisch, LL.M., mit einer Einführung in die besonderen rechtlichen Rahmenbedingungen für öffentlich geförderte Forschung. Er gab zunächst einen Überblick über den Umfang und die Instrumente staatlicher Forschungsförderung, um sodann die rechtliche Struktur der Förderung näher zu beschreiben. Das Recht der Forschungsförderung sei ein Schnittstellenrechtsgebiet, bei dem immer verschiedene Rechtsbereiche berührt seien. Immaterialgüterrechtlich sei insbesondere die Allokation des gewonnen IP und die Unterscheidung zwischen Background und Foreground von Bedeutung. Die Zuwendungsbedingen setzten verwaltungsrechtlich Auflagen zur Verwertung der Ergebnisse durch. Der Kooperationsvertrag der Projektpartner hingegen sei zivilrechtlicher Natur. Ferner fänden sich Berührungspunkte zum Kartell- und Beihilferecht. Mit der Nennung verschiedener Kritikpunkte zur jetzigen Konzeption der Förderung lud er die Anwesenden zur konstruktiven Debatte ein. Das Antragsverfahren verursache mitunter einen hohen formellen Aufwand. Gleiches gelte für die Melde- und Berichtspflichten der Zuwendungsbedingungen. Inhaltlich werde die mangelnde Technologieoffenheit der Forschungsprogramme kritisiert. Insgesamt sei die Erfolgsbilanz der öffentlichen Förderung fraglich. Die Förderung von unrentablen Großprojekten stelle die Subventionen ebenso in Frage, wie mögliche Wettbewerbsverfälschungen und Fälle, in denen Forschung auch ohne die staatliche Unterstützung durchgeführt worden wären (sog. „Mitnahmeeffekt“).
In einer zukunftsorientierten Debatte nahm die Leiterin der Konzernsteuerabteilung der SAP AG, Frau Ina Schlie, die genannten Kritikpunkte auf und stellte in ihrem Vor-trag neue Konzepte der Forschungsförderung vor. Unter dem Titel „Anforderungen der Wirtschaft an neue Konzepte der FuE-Förderung - insbesondere steuerliche FuE-Förderung" machte sie sich für die Einführung flexiblerer Formen der staatlichen For-schungsförderung stark. Insbesondere die steuerliche Förderung von FuE-Projekten, bei der die Forschungskosten auf die Steuerschuld angerechnet werden, sei eine Möglichkeit, Anreize für FuE-Aktivität zu schaffen. Beispielhaft sei hier das französi-sche Recht, dass allen Unternehmen eine Steuergutschrift von bis zu 30% für getä-tigte FuE-Aufwendungen gewährt. Dies gelte auch für die Auftragsforschung bis zu einer Höhe von € 12 Mio. Es existiere zusätzlich ein verminderter Steuersatz von 15% auf Lizenzeinnahmen und bei der Veräußerung von Patenten. Ein ähnliches Modell existiere in den Niederlanden, in denen erfolgreiche Patente in eine steuerlich bevorzugte „Innovations-Box“ eingestellt werden könnten. Dem Vortrag folgte eine lebhafte Diskussion. Die indirekte Förderung von Innovationsmaßnahmen wurde kritisiert, da das Modell steuerlicher Forschungsförderung keine Gewähr dafür biete, dass das öffentlich geförderte Wissen weiterentwickelt und am Gemeinwohl orientiert genutzt werde. Das Gegenargument lautete, dass eine generelle Pflicht zur Patent-anmeldung und damit zur Veröffentlich nicht zwingend im Sinne des Gemeinwohls läge, da dies mitunter den Verlust des wirtschaftlichen Wertes der Erfindung bedeute. Ferner wurde kritisiert, dass die steuerliche Förderung in erster Linie Großunterneh-men zugute käme. Frau Schlie merkte dazu an, dass auch kleine und mittlere Unter-nehmen (KMU) aufgrund des geringen formalen Aufwandes profitierten. Sie zog da-bei ausdrücklich eine Beschränkung der Förderung auf KMU in der Anfangsphase der Förderung in Betracht.
Im Anschluss daran erörterte Frau Dr. Anette Hilbert von der VDI/VDE Innovation + Technik GmbH die "Anforderungen und Erwartungen an die Ausgestaltung der Forschungsförderung" aus Sicht eines Projektträgers. Sie wies nach, dass Vorbehalte gegen die Projektförderung zum Teil auf pauschalen Annahmen beruhten. Trotz der unterschiedlichen Ziele und Interessen der Akteure in der Förderung - der öffentli-chen Hand, der Projektträger, der Forschungseinrichtungen und den forschenden Unternehmen - bestehe ein Grundkonsens über die Sinnhaftigkeit der Projektförderung. In der Praxis spielten die gegen die Projektförderung vorgebrachten Kritikpunkte daher eine geringere Rolle, als unterstellt. Die Forschungsförderung sei darüber hinaus als „lernendes System“ zu begreifen, in welchem die Rahmenbedingungen fortlaufend zu verändern, anzupassen und weiterzuentwickeln sind.
Am Nachmittag begann Ministerialrat Christoph Zimmer-Conrad, Referatsleiter für Technologiepolitik und Technologieförderung im Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst, mit dem Referat „Ziele, Umfang und Zukunft der Technologieförderung in Sachsen". In einem engagierten Vortrag überzeugte er das Auditori-um davon, dass sich Sachsen technologiepolitsch auf gutem Wege befinde. So würden im Land insgesamt 2,59 % des BIP in Forschung und Entwicklung investiert, mehr als im bundesdeutschen Durchschnitt. Auch europaweit gehöre Sachsen zu den forschungsfreundlichsten Regionen. Die Förderprogramme setzten an allen Phasen des Innovationsprozesses an und versuchten Förderlücken, welche die europäische und bundesdeutsche Förderung ließen, zu füllen. So unterscheide sich die sogenannte „Immo-Prämie“ von den vom Bund gewährten „Innovationsgutscheinen dadurch, dass Forschern direkt Mittel zur Inanspruchnahme externer FuE-Berater zur Verfügung gestellt würden. Die Förderprogramme des Landes zielten dabei beson-ders auf den Technologietransfer, der in allen Phasen des Innovationsprozesses möglich sei. Daneben sei ihm die weitere Internationalisierung sächsischer Unternehmen und Forschungseinrichtungen besonders wichtig. In der Zukunft werde die Sächsische Förderung bewährten Prinzipien folgen. Dazu gehöre die Technologieoffenheit der Förderung, das frühzeitige Fördern von „Emerging Technologies“ sowie der Ausbau der Stärken der Sächsischen Forschung.
Im Anschluss an den Einblick in die Technologiepolitik Sachsens stellte Frau Katrin Kirschmann, Referentin im Referat "Förderverfahren - Projektträger" des Bundesmi-nisteriums für Bildung und Forschung in ihrem Vortrag "Die Projektförderung des BMBF und ihre Bedingungen - Überblick und Sachstand" die direkte Projektförderung des Bundes und ihre Bedingungen vor. Sie konnte zeigen, dass die Ministerialverwaltung ständig an der Weiterentwicklung und Vereinfachung der Förderbedingun-gen arbeitet. Ein in Auftrag gegebenes Gutachten des BMBF werde bald zur Überar-beitung der Nebenbestimmungen für die Projektförderung genutzt werden.
Herr Dr. Lorenz Kaiser, Hauptabteilungsleiter der Abteilung „Recht und Verträge“ der Fraunhofer Gesellschaft für angewandte Forschung, ging im letzten Vortrag des Tages auf "Die Nebenbestimmungen des BMBF zu FuE-Projekten - Entwicklung und Ausblick“ näher ein. Aus seiner Sicht habe sich beispielsweise das dem Zuwendungsempfänger zustehende ausschließliche Nutzungsrecht am Forschungsergebnis bewährt. Ebenso bewährt habe sich die IP-Übertragungspflicht im Rahmen von Un-teraufträgen. Die Praxis fordere hier aber mehr Flexibilität bei den IP-bezogenen Bestimmungen. Überarbeitungsbedarf sah Herr Dr. Kaiser bei der Verwertungs- und Ausübungspflicht der Fördernehmer. So würde die Eigenart des Grundlagenwissen bei den Verwertungs- und Ausübungspflichten nicht ausreichend berücksichtigt. Auch im Falle des Nichterreichens des Forschungsziels seien die Vorschriften überarbeitungswürdig. Die 2-Jahresfrist zum Nachweis der Verwertung sei zu kurz und nicht repräsentativ. Problematisch sei auch die Sanktion, die an die nicht ausgeübte Verwertungspflicht anknüpft, der Verlust der Exklusivität. Welche unterschiedlichen Erwartungen an die NKBF gestellt werden, bewies die abschließende, intensiv ge-führte Diskussion einzelner Kritikpunkte. Wie so oft zeigte sich in der Debatte, dass forschende Wirtschaft und gemeinnützige Forschungseinrichtungen oft unterschiedli-che Motive bei der Durchführung von Forschungsprojekten verfolgen. Diese Interessen zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen und gleichzeitig die Förderbedin-gungen zu flexibilisieren und zu vereinfachen wird die Herausforderung der näheren Zukunft sein.