13.05.2019
Institutskolloquium - Die Suche nach Würde: eine Kritik rassistischer Sozialwissenschaften
Im Rahmen des Kolloquiums des Instituts für Soziologie hält Herr Prof. Jessé Souza (Bundesuniversität von Juiz de Fora, Brasilien) am Montag, 03.06.2019 um 18.30 Uhr im Hörsaal 07 auf der Würzburger Str. 46, einen Gastvortrag zum Thema:
„Die Suche nach Würde: eine Kritik rassistischer Sozialwissenschaften“
Ziel des Vortrags und Workshops ist es, die vor-reflexiven rassistischen Grundgedanken zu entlarven, die sowohl im akademischen als auch im öffentlichen Diskurs bis heute bestehen. So kann mithilfe von bislang verdrängten Lesearten von Max Weber, Pierre Bourdieu und Neo-Hegelianischen Denkrichtungen gezeigt werden, dass der Kapitalismus nicht nur Austausch von Waren und Kapitalfluss bedeutet, sondern auch die Ausbreitung einer vor-reflexiven Moralhierarchie. Diese wohnt der zugrundeliegenden Wirksamkeit verschiedener Institutionen, wie Fabriken, Bürokratien und Schulen, inne. Die „symbolischen“ Aspekte des Kapitalismus sollen nicht als etwas „Nationales“ (von einem nationalen Mythos abgeleitetes) oder gar „Regionales“ (wie die Vorstellung des „Westens“ als Westeuropa und der USA) betrachtet werden.
Jessé Souza zeigt an empirischem Material, wie eine „Moralhierarchie“ in sehr ähnlicher Gestalt weltweit lebendig wird und stellt diesen Ansatz bezüglich der Frage der ungleichen Entwicklung von Gesellschaften als Paradigmenwechsel und kritische Erneuerung, z.B. auch gegenüber der post-colonial studies, zur Diskussion.
Dabei soll auch die verdeckte Fortsetzung des offen rassistischen und im 19. Jahrhundert hegemonialen Rassenparadigmas gezeigt werden, welches ab 1920 einen "kulturalistischen Wechsel" erlebte und in ein vermeintlich neues Paradigma umgewandelt wurde. Souza argumentiert, dabei sei lediglich "Rassenstock" durch "Kulturstock" ersetzt worden, während der "Rassismus", d.h., die ontologische Zuteilung von Menschen und Untermenschen zwar subtilere Formen annehme, aber die gleiche Funktion beibehalte. Dies könne an der Parsonischen Version der "Modernisierungstheorie" gezeigt werden, deren verdeckte Annahmen bis heute sowohl die Sozialwissenschaften als auch die Öffentlichkeit entscheidend bestimmen.