Unser Forschungsschwerpunkt
Unser Forschungsinteresse gilt besonders den nicht-intendierten Folgen von organisationellen und professionellen Entscheidungen – Folgen also, die sich gleichsam hinter dem Rücken der Entscheidungsträger einstellen und oftmals von viel weitreichender Wirkung sind als das, was eigentlich bezweckt war. Dabei sind die Folgen des Handelns umso schwieriger zu übersehen, je differenzierter das Innenleben einer Organisation ist und je vielfältiger die Umwelt ist, in der eine Organisation sich behaupten muss. Ziel des Labs ist es, derartige (Neben-)Folgen des Entscheidens – gerade auch solche, die von organisationspraktischem Interesse sind – z.B. in rechtlichen, pädagogischen und politischen Organisationen zu untersuchen.
Organisations- und Differenzierungsforschung
Auch wenn die neuere Organisationsforschung meist nur noch schwache Rationalitätsvorstellungen vertritt und die Abhängigkeit von Organisationen von ihren „institutionellen Umwelten“ betont, so bleiben diese Beschreibungen doch vielfach hinter dem zurück, was man aus soziologischer Perspektive über das Verhältnis von Organisation und Gesellschaft sagen könnte. Besonders nachteilig dürfte es in diesem Zusammenhang sein, dass es der Organisationsforschung an einem klaren Verständnis von Differenzierung fehlt.
Wir gehen davon aus, dass an die klassische Differenzierungssoziologie dann empirische Forschung angeschlossen werden kann, wenn man die unterschiedlichen Formen von Differenzierung beachtet, die in der modernen Gesellschaft aufeinandertreffen (Funktionssyteme/Felder, Institutionen, Organisation, Professionsrollen). Es ist diese Koexistenz unterschiedlicher Formen sozialer Ordnung, die Organisationen unter besonderen „Anpassungsstress“ setzen. Namentlich dort, wo Muster funktionaler Differenzierung und Organisationsbildung aufeinandertreffen, vermuten wir Reibungen, die sich als Nebenfolgen und Grenzen von Differenzierung verstehen lassen. Es deutet einiges darauf, dass gerade dort, wo Organsationsbildung und andere Differenzierungsformen aufeinandertreffen, es immer schwieriger wird, Handlungsfolgen abzuschätzen – etwa dann, wenn im Bildungswesen trotz allen Wissens um „unclear technologies“ flächendeckende Steuerungsversuche unternommen werden oder wenn der Gesetzgeber bereits einkalkuliert, dass erst die Rechtsprechung die „Wirkung“ eines Gesetzes festlegt.
Was wir anstreben, ist eine gesellschaftstheoretisch informierte und zugleich problemspezifische empirische Forschung, die die klassische soziologische Frage nach Gestalt und Bedeutung nicht-intendierter Handlungsfolgen neu stellt und die Wahl ihrer Methoden an den Erfordernissen des Gegenstandes ausrichtet.