Residency-Künstler 2025
Von April bis September 2025 forscht Mario Pfeifer am Schaufler Lab@TU Dresden an der Technischen Universität Dresden (TUD) künstlerisch zum Leitthema der zweiten Förderphase „Daten-Welten. Soziotechnische und kulturelle Synthesen neuer Wirklichkeiten“.
Mit seinem Filmprojekt „Beyond the Binaries“ plant Mario Pfeifer die Entwicklung einer KI-getriebenen, dynamischen Videoinstallation, welche die komplexe Beziehung von Mensch und Künstlicher Intelligenz (KI) in den Blick nimmt sowie nach der grundlegende Fragen des Menschseins und der Existenz in datengesteuerten Welten fragt.
Digitale Technologien sind selbstverständlicher Teil unserer Lebenswelt, ein Großteil unserer Handlungen verlagert sich folglich in virtuelle Räume. Diese sind weder Spielerei noch Simulation, sondern echte Taten mit realen Konsequenzen. Dabei gilt, wie in der physischen Welt auch, dass unser digitales Verhalten sowohl moralisch gut als auch verwerflich sein kann. „Beyond the Binaries“ untersucht, inwiefern in Hochzeiten von deep fakes und dogmatischen Filterblasen, dem unkontrollierbaren Darknet normative Werte und Empfindungen wie Zuneigung entgegenzusetzen sind, die sich als Reaktionen auf bestimmte Reize oder Situationen psychophysiologisch manifestieren.
In „Beyond the Binaries“ lebt die non-binäre Protagonist:in Alva gemeinsam mit einem KI-Avatar in einem weißen, zeitlosen Raum in der nahen Zukunft (2054). Über 24 Stunden hinweg beobachten die Betrachter:innen den Tagesablauf von Alva, der aus wenigen Handlungen besteht: Schlafen, Trinken, Lesen, Meditieren, aus dem Fenster schauen, Sport treiben. Alva lebt in einer entmaterialisierten Umgebung, in der alle Bedürfnisse und Wünsche scheinbar digital erfüllt werden können. Als Mensch in einer von KI durchdrungenen und kontrollierten Realität stellt sich Alva grundlegende Fragen zu Existenz, Zuneigung und Identität. Ihr Gegenüber, der KI-Avatar, tritt mit ihr in einen Dialog – ein halluzinatorisches Kammerspiel über Sein, Zuneigung, Ablehnung und Emotionalität. Die KI fungiert als dynamische Antwortgeberin grundlegender Fragen, ihre Reaktionen basieren auf einem autonomen Large Language Model, trainiert auf biografischen Details der Performer:in sowie philosophischen und gesellschaftswissenschaftlichen Texten – von Platon über Kant bis hin zu Butler und Agamben, stetig erweitert durch tagesaktuelle Nachrichten in Form von Push-Up-Meldungen. In Zusammenarbeit mit Prof. Michael Färber, Professur für Skalierbare Software-Architekturen für Data Analytics und anderen führenden führenden KI-Expert:innen aus dem Bereich des Maschinelles Lernens an der TUD wird eine trainierte und gleichzeitig lernende sowie autonom agierende KI entwickelt, die im Austausch und in Reaktion auf eine analoge fragende Person in Erscheinung tritt. Im Mittelpunkt steht die zentrale Frage, welche Daten von Nöten sind, um moralisch gute Wirklichkeiten erschaffen und wie wiederum Wirklichkeit durch das digitale „Böse“ beständig transformiert wird: Die Unterscheidung von Illusion und Realität ist dabei von entscheidender Bedeutung.
Mario Pfeifer (*1981 in Dresden, lebt und arbeitet in Berlin und Dresden) ist bildender Künstler und Filmemacher. In seinen Arbeiten beschäftigt er sich mit aktuellen Diskursen und gesellschaftlichen Disruptionen, wenn er Demokratieverständnis, Rassismus, Technologie und künstlerische Forschung hinsichtlich soziopolitischer, ökologischer, technologischer und ökonomischer Realitäten unserer Zeit in den Mittelpunkt seines Schaffens stellt. Im Herbst 2025 präsentiert Pfeifer erste Ergebnisse seiner kollaborativen Forschung an der TUD in der Galerie der Kustodie im Görges-Bau der TUD; darüber hinaus zeigen das KOW Berlin 2026 und das Wexner Center for the Arts (USA) 2027 Einzelausstellungen des Künstlers.



© Courtesy the artist & KOW, Berlin (#blacktivist (2015), installation view, Ludlow38, New York)


© Courtesy the artist & KOW , Berlin (Corpo Fechado (2016), installation view, GfZK Museum of Contemporary Art, Leipzig)

© Courtesy the artist & KOW, Berlin (Approximation in the digital age to a humanity condemned to disappear (2015), installation view, KOW Berlin) © Ladislav Zajac
