05.11.2023
Einladung zur DHSS Vortragsreihe. Michelle Pfeifer's talking on 30.11.2023 at FAU
Das Department Digital Humanities and Social Studies bietet ab dem Sommersemester 2023 in loser Folge eine Vortragsreihe zu Themen der Digital Humanities an. Dazu werden externe Forschende an die FAU eingeladen, die aus aktuellen Arbeiten und Projekten berichten. Zu den Vorträgen sind alle Interessierten herzlich eingeladen.
Wintersemester 2023/24
30.11.2023, 18:00 Uhr c.t.:
Dr. Michelle Pfeifer (Dresden):
Border Sonics: Eine Analyse der Verwendung von Medientechnologien, Daten und Stimmen in Asyl- und GrenzregimenKH 0.014 Hörsaal Kollegienhaus
Border Sonics: Eine Analyse der Verwendung von Medientechnologien, Daten und Stimmen in Asyl- und Grenzregime
Inmitten des zeitgenössischen politischen Diskurses von transnationaler Migration als Krise nutzen Nationalstaaten zunehmend sogenannte „smarte“ digitale Medientechnologien, um die autonome Mobilität von Menschen zu kontrollieren und zu steuern. In diesem Vortrag untersuche ich die Einführung und Nutzung automatisierter Dialekterkennung in Asylverfahren in Deutschland und Europa und betrachte, wie Stimmen in Daten verwandelt werden. Die zu Daten verarbeitete Stimme ersetzt zunehmend die Aussagen von Asylsuchenden und bewirkt damit eine Verschiebung des Beweisregimes bei der Asylprüfung. Ich zeige, wie Dialekterkennung versucht Menschen, Mobilität und Geografien hörbar zu machen, indem die Stimme als Identitätsindex fixiert und genutzt werden soll. Die Dialekterkennung fixiert dadurch territoriale Grenzen, die jedoch oft durch multiple Mobilität und koloniale Geschichten gekennzeichnet sind – ein Prozess, den ich als border sonics” bezeichne. Auf der Grundlage ethnografischer und archivarischer Forschungen argumentiere ich, dass die derzeitige Verbreitung datengesteuerter, algorithmischer, „smart“ Technologien im Rahmen kolonialer Genealogien der Produktion von race und kultureller Differenz verortet werden muss, die Stimmen und Sprachen klassifizieren und codieren. Darüber hinaus dienen die Erprobung und das Testen von Technologien für die Grenz- und Migrationskontrolle der Innovation von Stimm- und Spracherkennungstechnologien im Allgemeinen, was es erforderlich macht, die transnationale Migration in den Mittelpunkt der Forschung über digitale Medientechnologie, race und Daten zu stellen.
Dr. Michelle Pfeifer ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Digitale Kulturen der Technischen Universität Dresden. Ihre Forschung ist an den Schnittstellen von (digitaler) Medientechnologie, Migrations- und Grenzstudien sowie Gender und Sexuality studies angesiedelt und erforscht die Rolle von Medientechnologie inmitten von Kämpfen um Mobilität und Migration in Europa.
Michelle hat am Fachbereich Medien, Kultur und Kommunikation der New York University promoviert und arbeitet derzeit an zwei Forschungsprojekten. Zum einen an ihrem Buchmanuskript “Data on the Move: Voice, Algorithms, and Asylum in Digital Borderlands” welches die sogenannte Flüchtlingskrise als Ausgangspunkt nimmt, um zu untersuchen, wie algorithmische und akustische Medieninfrastrukturen für die Migrationskontrolle, die Grenzüberwachung und die Asylverwaltung auf einem Planeten eingesetzt werden, auf dem globale Vertreibung zur neuen Norm geworden ist. Zum Anderen arbeitet sie derzeit an dem Forschungsprojekt “One Million Refugees:
Numbers and the Sexuality of Statistics“ welches wie die Produktion und Zirkulation von Zahlen in Migrationsstatistiken und die Figur der Population als Teil europäischer Abgrenzungspraktiken analysiert.
Michelles Forschung wurden in Citizenship Studies, Culture Machine und dem Sammelband Thinking with an Accent von der University of California Press veröffentlicht. Sie war Mitherausgeberin der Sonderausgabe “The Sexual Politics of Border Control” in Ethnic and Racial Studies und ist zurzeit Vertreterin der Nachwuchswissenschaftler*innen in der Philosophy, Theory, Critique division der International Communication Association.