Exkursion Mailand 2015
„Mailand & EXPO 2015“
Im Rahmen des Studiums der Italianistik an der Technischen Universität Dresden am Institut für Romanistik erhielten im Sommer 2015 neun Studenten die Möglichkeit, die EXPO 2015 und die Stadt Mailand zu besuchen. Die Exkursion des Fachbereichs „Italienische Literatur- und Kulturwissenschaft“ unter der Leitung von Frau Prof. Dr. Elisabeth Tiller fand vom 10. Juni bis 14. Juni 2015 statt. Auf dem Programm stand nicht nur ein Besuch der diesjährigen EXPO, sondern auch die Besichtigung zahlreicher Museen.
Mittwoch, den 10. Juni
Bereits am frühen Morgen trat unsere Exkursionsgruppe die Reise von Dresden nach Mailand an. Dort kamen wir, nach einem Zwischenstopp in Zürich, am frühen Nachmittag an.
Nach der Ankunft in Mailand und der Zimmeraufteilung im Hotel fuhr die ganze Gruppe in die Innenstadt, wo wir bereits erste Eindrücke gewinnen konnten. Ganz Mailand schien auf die Expo eingestimmt: schon im Zentrum der Stadt, vor dem Castello Sforzesco, wurden wir von dem sogenannten EXPO-Gate empfangen, das mit seiner gläsernen Fassade und pyramidenartigen Stahlgerüstkonstruktion einen ersten Vorgeschmack auf die Weltausstellung am Stadtrand bot. Von Korruptionsvorwürfen, Mafia-Skandalen oder gar Gewaltausschreitungen, wie sie am Eröffnungstag der EXPO stattgefunden hatten, war nichts mehr zu bemerken.[1]
Stattdessen konnten wir den ersten Abend bei einem typisch italienischen Abendessen in der Mailänder Innenstadt ruhig ausklingen lassen.
Donnerstag, den 11. Juni
Die Expo 2015 in Mailand stand unter dem Motto „Nutrire il pianeta – energia per la vita“ (dt. „Den Planeten ernähren – Energie für das Leben. Auf dem Gelände der EXPO waren fünf Bereiche thematisch auf das Motto ausgerichtet, wie der „Padiglione Zero“, „Future Food District“, „Parco della Diversità“, „Arts and Foods“ und „Children Park“.
Diese Komplexe dienten dazu, darzustellen, wie Technologien zu nutzen sind, um eine Balance zwischen Verfügbarkeit und dem Ressourcenverbrauch zu erreichen.
Das rund eine Million Quadratmeter große Ausstellungsgelände der EXPO liegt im Nordwesten der Stadt und wurde anlässlich der Weltausstellung umfassend rekonstruiert. Die EXPO 2015 ist die zweite Weltausstellung, die in der Hauptstadt der Lombardei ausgerichtet wird. Bereits 1906 fand hier eine Weltausstellung zum Thema Verkehr statt.
Insgesamt waren 145 Länder und einige international agierende Organisationen auf der EXPO vertreten, 93 Länder stellten in eigenen Pavillons aus, während kleinere Länder, die sich die Finanzierung eines eigenen großen Pavillons nicht leisten konnten, in sogenannten Clustern zusammengefasst wurden. Die thematischen Schwerpunkte waren: Riso, Cacao e Cioccolato, Caffè, Frutta e Legumi, Spezie, Cereali e Tuberi, Bio-Mediterraneo, Isole Mare e Cibo und Zone Aride.[2]
Um 10 Uhr brach unsere Exkursionsgruppe zum Expo-Gelände, der Neuen Messe Mailand, auf. Über eine Rolltreppe und eine große Brücke, die bereits einen Blick auf die Pavillons freigab, gelangten wir zum Ausstellungsgelände.
Beim Betreten des Geländes wurden wir auf die Vielzahl von Helfern aufmerksam, die uns mit allem versorgten, was für den Besuch auf dem Gelände wichtig war, wie etwa Informationsbroschüren, Programmhinweisen zu besonderen Veranstaltungen oder auch Geländeplänen.
Nach dem informativen Einstieg begann die Erkundung des Geländes. Es gab zahlreiche Länderpavillons zu entdecken und unzählige Eindrücke strömten auf uns ein, sowohl positive als auch negative. Schnell wurde uns in der Gruppe klar, dass es unmöglich wäre, alles auf dem Gelände innerhalb eines Tages zu erkunden.
Leider wurde uns auch schnell klar, dass es den meisten Ländern nicht darum ging, eine kritische Auseinandersetzung mit der Thematik zu forcieren oder Lösungsansätze für bestimmte Probleme, etwa für den zukünftigen Umgang mit Ressourcenknappheit oder Umweltverschmutzung, aufzuzeigen. Vielmehr entstand der Eindruck, dass sich einige Länder vor allem medial zu inszenieren suchten und ihre Pavillons als Bühne für die Schaustellung von Land und Leuten nutzten. Besonders war dies auch im deutschen Pavillon zu merken, der zwar übertrieben interaktiv und multimedial gestaltet war, jedoch mit dem eigentlichen Schwerpunkt, das Recht für jeden Menschen auf gesunde und ausreichende Ernährung, nur noch wenig gemeinsam hatte. Andere Länder hingegen verzichteten fast völlig auf die Verknüpfung zum Thema und stellten mehr oder minder ihre Exportware zur Schau. Nicht immer erschloss sich daher die Verbindung zum eigentlichen Motto der Expo.
Auch waren wir durchaus enttäuscht darüber, dass, obwohl das Motto unverkennbar mit Essen zu tun hatte, das kulinarische Angebot entweder sehr überteuert oder eher dürftig ausfiel. Im Allgemeinen stellten wir als Gruppe fest, dass unsere Erwartungen an die EXPO und an das Thema von der Realität weit entfernt waren. Nicht nur der verschwenderische Umgang mit der Ressource Wasser, das aus zahlreichen Trinkbrunnen floss oder in Form von künstlich angelegten Becken und
Teichen omnipräsent war, sondern auch das enormen Müllaufkommen, das im Food District durch Pappteller, Papierservietten und Einmalbesteck produziert wurde, fielen negativ auf. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wir uns des Eindrucks nicht erwehren konnten, dass die EXPO 2015 mehr Schein als Sein ist.
Freitag, den 12. Juni
Unsere für den Freitag vorgesehene Stadtbesichtigung begann mit dem Besuch der Ausstellung Leonardo 1452 – 1519 im Palazzo Reale, die einen umfassenden Überblick über die Werke da Vincis bot, von kleinen Skizzen und Zeichnungen aus dem Codex Atlanticus hin zu größeren Skulpturen und Gemälden, wie etwa die berühmte Belle Ferronnière (1496), die Leda mit dem Schwan oder der Heilige Hieronymus. Daneben waren auch einige seiner Studien und Erfindungen zu bewundern. Zudem wurden unter anderem Rezeptionswerke der Neuzeit ausgestellt.
Nach einer längeren Mittagspause fand sich die Gruppe wieder an der Dominikanerkirche Santa Maria delle Grazie zusammen. Im ehemaligen Speisesaal des angrenzenden Dominikanerklosters befindet sich eines der wohl berühmtesten Werke von Leonardo da Vinci: Il Cenacolo (dt. Das Letzte Abendmahl).
Mit einer Größe von ca. 4 x 9 Metern, ist es das größte noch erhaltene Werk da Vincis. Mit diesem Wandgemälde, an dem da Vinci zwischen 1494 und 1498 arbeitete, setzte er sich über die gängige Tradition hinweg, Judas von den anderen Jüngern zu separieren.
Auch die Technik, die da Vinci nutzte, um das Werk an die Wand zu bringen, wich von der üblichen Weise ab: Anstatt der traditionellen Freskotechnik wählte er einen Farbauftrag al secco, um auch nach längeren Arbeitspausen noch Veränderungen am Werk vornehmen zu können. Leider setzt diese Technik das Werk dem Verfall sehr schnell aus und macht es vergleichsweise anfällig, weshalb es nur in kleinen Gruppen besichtigt werden kann. An der gegenüberliegenden Wand des ehemaligen Speisesaals befindet sich ein Werk von Donato Montorfano mit dem Titel „Kreuzigung“ aus dem Jahre 1495, welches mit der Freskotechnik gefertigt wurde und dadurch wesentlich besser erhalten ist.
Im Anschluss besichtigten wir noch den Duomo di Santa Maria Nascente, oder auch allgemein als Duomo di Milano bekannt, die Kathedrale des Erzbistums Mailand und drittgrößte Kirche der Welt. Der Bau des Doms begann im 14. Jahrhundert und wurde erst im 19. Jahrhundert vollendet. Wir konnten nicht nur den Anblick des Dominneren bewundern, einige von uns entschieden sich auch, die Aussicht vom Dach des Doms zu genießen.
Samstag, den 13. Juni
Am letzten Tag der Exkursion stand ein großes Programm an. Unseren Stadtrundgang begannen wir an der Chiesa di San Bernardino alle Ossa. Diese Kirche ist besonders bekannt für ihr ossario oder auch Beinhaus. Bereits im 13. Jahrhundert wurden am Standort ein Krankenhaus und ein Friedhof für Leprakranke errichtet. Nur wenig später wurde auch eine Kirche angebaut, die über eine extra Kammer verfügte, in der die gereinigten Gebeine der Verstorbenen aufbewahrt wurden. Ossarien wurden im 11. und 12. Jahrhundert vermehrt errichtet, da durch den Zuwachs der europäischen Gesellschaft eine Umbettung der Gebeine und eine Neubelegung der Grabfelder nötig wurden. Die Chiesa di San Bernardino alle Ossa wurde im 18. Jahrhundert durch ein Feuer zerstört und ist nach dem Neuaufbau dem Heiligen Bernardino von Siena geweiht worden. Das Beinhaus ist ein kleiner, aber hoher Raum, der in kunstvoller Anordnung die Gebeine der Verstorbenen zur Ruhe bettet. Ein wirklich beeindruckender Anblick.
Von hier ging es weiter zur sogenannten Ca’Granda, die im 15. Jahrhundert im Auftrag von Francesco Sforza als Ospedale Maggiore errichtet wurde. Federführender Architekt des Bauprojekts war der aus Florenz stammende Antonio Averlino (Filarete), der mit der Ca’Granda eines der ersten rinascimentalen Bauwerke Mailands schuf. Heute ist das Gebäude Hauptsitz der Università degli Studi di Milano. An die Besichtigung des Bauwerks schloss sich schließlich ein Vortrag zur Aufklärung in Mailand an, den die übrigen Exkursionsteilnehmer in einem der acht Innenhöfe verfolgten.
Im Anschluss besuchte unsere Gruppe die Pinacoteca di Brera für mittelalterliche und moderne Kunst im Palazzo Brera. Beim Rundgang durch die Räume konnten wir einige der berühmtesten Meisterwerke der italienischen Kunst betrachten, darunter Giovanni Bellinis Pietà, Andrea Mantegnas Cristo morto, Caravaggios Cena in Emmaus, Umberto Boccionis Rissa in Galleria oder auch Il bacio von Francesco Hayez.
Auf den Besuch der Pinakothek folgte die Besichtigung des Castello Sforzesco. Wir konnten hier die Verteidigungsburg besichtigen, die von Francesco I. Sforza im Jahr 1450 über die zerstörte Burg der Familie Visconti bauen ließ. Während dieser Zeit arbeitete an der Gestaltung der Burg unter anderem auch Antonio Averlino (Filarete) mit. Der von ihm geplante Turm wurde jedoch zerstört, heute lässt sich nur eine Nachbildung besichtigen. Das Castello Sforzesco wurde in seiner langen Geschichte oft in Mitleidenschaft gezogen und durch fremde Mächte besetzt, wie zum Beispiel durch Frankreich oder Spanien. Heute können eine Vielzahl von Museen besichtigt werden, die als permanente Ausstellungen in den Gemäuern untergebracht sind. Zudem werden jedes Jahr unzählige temporäre Ausstellungen gezeigt. Unsere Gruppe besuchte auch den im englischen Stil angelegten Park des Castello Sforzesco, der immer eines Blickes würdig ist.
Letzter Programmpunkt des Tages war das Museo del Novecento. Das Museum befindet sich im Palazzo dell’Arengario neben der Piazza del Duomo in der Innenstadt. Es wurde im Jahr 2010 eröffnet und beherbergt unter anderem Kunstwerke des Futurismus, des Movimento Spazialista und der Arte Povera. Die einstige Sammlung des Civico Museo d’Arte Contemporanea (CIMAC), das sich bis 1998 im Palazzo Reale befand, wurde in das neue Museum eingegliedert. Es werden u.a. Werke von Künstlern wie Marino Marini, Giorgio de Chirico, Umberto Boccioni, Wassily Kandinsy, Pablo Picasso, Piero Manzoni, Alberto Burri, Jannis Kounellis oder auch Amedeo Morandi ausgestellt. Besonders interessant waren die Licht- und Rauminstallationen, beispielsweise von Lucio Fontana, die den Besuchern des Museums zum Teil durch aktive Einbindung erfahrbar gemacht werden.
Zusammenfassend wurde die Exkursion von allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern als eine positive Erfahrung bewertet. Im gemeinsamen Austausch, der jeden Tag stattfand, unterhielten wir uns über das Erlebte und Gesehene.
Wir konstatierten, dass die Weltausstellung der Expo nicht wirklich unseren Erwartungen entsprach und das, obwohl wir teilweise sehr verschiedene oder gar keine Erwartungen vorher formuliert hatten.
Die Stadt Mailand mit ihren historischen Gebäuden und Museen beeindruckte uns jedoch sehr und es wurde uns bewusst, dass Exkursionen wie diese nicht nur den Zusammenhalt unter den Studenten fördern, sondern auch den Erfahrungsaustausch anregen und die Möglichkeit bieten, das eigene Wissen auszubauen und sich neue Erfahrungswelten zu erschließen.
Maximiliane Monse
[1] Weitere Informationen findet man unter anderem in folgenden Webartikeln:
- Die Welt:
- Zeit Online:
- Tagesschau:
- Süddeutsche Zeitung:
[2] Sämtliche Daten und Fakten zur EXPO 2015 finden sich auf der offiziellen Internetseite unter: www.expo2015.org [Stand: Dezember 2015]