Zittauer Wirtschaftsethik-Studium hilft, ein beharrliches, kritisches Auge auf die Wirtschaftspraxis zu behalten
Lukas Görnemann, IHI-Alumnus des Masterstudiengangs "Business Ethics und CSR-Management" berichtet von seinem Weg zum CSR-Consultant
"Ich habe im Oktober 2016 in Zittau mein Masterstudium begonnen, weil ich mit meinem Philosophie- und Politikbachelor etwas Sorge vor dem Arbeitsmarkt hatte. Außerdem hatte mir einer der Dozenten an meinem ersten Studienstandort in Osnabrück eine wichtige Idee mit auf meinen Philosophie-Pfad gegeben: „Philosophie muss etwas erreichen. Im Elfenbeinturm erreicht sie nichts.“ Aus diesen Gründen war mir klar, dass es „Irgendwas mit Wirtschaft“ sein sollte.
Der Studiengang hatte damals noch einen anderen Titel: „Business Ethics & CSR-Management“. Den zweiten Begriff musste ich erst einmal nachrecherchieren. Der praktische Fokus, der mir online vermittelt wurde, gab für mich den Ausschlag und ich traf meine Entscheidung gegen ein Studium in meiner Heimatstadt Lüneburg, in Bayreuth, Kiel & Co.
Das Studium ging schnell herum und neben den vielseitigen Inhalten genoss ich das Beisammensein mit meinen KommilitonInnen in dem relativ kleinen Studiengang. Ich war im Fachschaftsrat vertreten, habe das Sportangebot der Hochschule möglichst oft genutzt und konnte gegen Ende des Studiums mit einem tollen Highlight schließen – Prof. Aßländer ermöglichte einem Studienkollegen und mir einen Fachvortrag in Heidelberg mit anschließender Veröffentlichung in einem Sammelband.
Inzwischen hat es mich (teils leider) aus diesem wissenschaftlichen Umfeld hinausgezogen und in die Wirtschaft getrieben, was Ende 2016 noch der Grund für mein Studium war. Anfangs wollte ich in einem Praktikum in die unternehmerische Realität der Nachhaltigkeit schnuppern – und war zunächst entsetzt: Ich hatte einen praxisnahen Master mit guten Noten abgeschlossen, und trotzdem trudelten zuerst nur Absagen auf Bewerbungen ein.
Glücklicherweise fand ich dann nach etwas Zeit und weiteren Absagen ein tolles Praktikum im Umweltmanagement bei einem großen deutschen Unternehmen. Für etwa 8 Monate steckte ich in der Umweltdatenerfassung über Excel und ein eigenes Datentool, in der Plausibilitätsprüfung der Daten, errechnete CO2-Fußabdrücke und unterstützte sogar beim Entwurf der Klimastrategie. Nebenher schlaute ich mich über Artikel, Kurse und Webinare auf – denn eigentlich hatte ich keine Ahnung von der konkreten Materie „Umweltmanagement“. Doch zumindest das schnelle Aufschlauen hatte mir mein Studium mitgegeben, und so glückte das Ganze.
Nach diesem Praktikum ging es direkt weiter zu meinem heutigen Arbeitgeber, einer mittelständischen Agentur und Beratung in Hamburg. Auch hier startete ich zuerst als Praktikant. Glücklicherweise hatte ich nach einigen Monaten genügend Überzeugungsarbeit geleistet und wurde frühzeitig als „Junior Consultant CSR“, also Unternehmensberater, übernommen.
In unserer Nachhaltigkeitsabteilung sind wir momentan zu siebt, zusätzlich haben wir regelmäßig PraktikantInnen. Wir beraten viele deutsche Unternehmen, vorwiegend rund um den MDAX und SDAX. Ich konnte bereits Unternehmen wie Scout24 oder die Stadtwerke München begleiten. Agenturtypisch ist die Arbeit sehr vielseitig und durch einen Dienstleistungscharakter getrieben. Wollen unsere Kunden etwas haben, dann machen wir es grundsätzlich. Das „bread and butter“-Geschäft liegt allerdings in der Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten und der Entwicklung individueller Strategien. Als Grundlage führen wir verschiedene Analysen durch: In Wesentlichkeitsanalysen prüfen wir anhand von Rahmenwerken und Standards, wo das Unternehmen wesentliche Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsthemen hat oder wo diese Themen Einfluss auf das Geschäft ausübt. In Peer Group-Analysen untersuchen wir ähnliche Unternehmen und deren Stand in Sachen Nachhaltigkeit. In Stakeholderanalysen versuchen wir, die Meinung der Stakeholder abzugreifen. In Gap-Analysen schließlich forschen wir nach Lücken zwischen Rahmenwerks- oder Ratinganforderungen und der Kommunikation des Unternehmens.
Haben wir die Unternehmen, ihre Branchen und die Vorstellungen der Beteiligten verstanden, können wir mit der eigentlichen Arbeit beginnen. Über Informationsabfragen an die Fachabteilungen schauen wir, was vielleicht schon da ist und wie die verschiedenen wesentlichen Nachhaltigkeitsthemen gemanagt werden. Ebenso fragen wir Daten ab, die Rahmenwerke wie die GRI Standards erfordern.
Sobald die Informationen zusammen sind und nach vielen Abstimmungsschleifen und kritischen Prüfungen von Inhalten steht dann irgendwann der erste Entwurf eines Berichts oder einer Strategie.
Für alle diese Tätigkeiten habe ich viel aus meinem vorhergehenden Studium mitgenommen. Neben dem grundsätzlichen Wissen um Begriffe und Zusammenhänge im Bereich CSR hilft mir aber vor allem die Sammlung an Soft Skills weiter: Dazu gehören Lernen, Arbeiten schreiben und vor allem das Vortraghalten. Besonders relevant ist für mich aber das kritische Auge, das in der Unternehmenspraxis nicht verloren gehen darf. In der Maximierungslogik von Unternehmen ist Nachhaltigkeit sehr oft ein Werkzeug, um KundInnen, Beschäftigte und heute zuallererst „ESG“-Investoren für sich einzunehmen. Mein Zittauer Studium hilft mir, hier möglichst beharrlich zu sein. Das bringt nicht immer etwas, aber mit dem richtigen Gegenüber auf Unternehmensseite gelingen immer wieder kleine „Siege“. Auch aus diesem Grund kann ich jeder und jedem ein Studium am IHI Zittau ans Herz legen."