Jan-Philipp Leifeld
Alumni des Masterstudiengangs Internationales Management
Heute: Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Dresden
„... ein bisschen über den Tellerrand hinauszuschauen und zu gucken, was ist eigentlich wirklich wichtig im Leben und auch eine nachhaltige Lebensgrundlage zu schaffen, eine Lebenswelt zu schaffen ...“
Der Hipster aus West-Berlin?
Wer Jan-Philipp Leifeld in eine Schublade stecken will, hat es nicht leicht, denn Jan passt in keine. Der 28-Jährige kommt aus West-Berlin, hat eine Ausbildung zum Kaufmann für Versicherungen und Finanzen bei der ERGO Group AG in Potsdam absolviert, dann BWL an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin studiert, war in Kenia und hat in einem Projekt für die Massai-Gemeinde am Kilimandscharo den Brunnenbau vorangetrieben und Schulgeld an Schulkinder verteilt. Noch von von Kenia aus hat er sich für den Masterstudiengang Internationales Management am IHI in Zittau beworben und seinen Doppelabschluss an der tschechischen Universität Pardubice gemacht, um kurz darauf für ein paar Wochen nach Ghana zu reisen.
Schubladen machen uns das Leben leicht, aber wer Jan in eine Schublade steckt, verpasst etwas! Im Gespräch wird deutlich, dass Jan ein Mensch mit Idealen ist. Er hat das Talent, scheinbare Gegensätze zu vereinen, wagt es, Neues zu denken und alte Systeme in Frage zu stellen. Ein kluger junger Mann, der etwas bewegen will und weiß, dass es die realen Begegnungen sind, die wichtig sind, um Land und Leute zu verstehen.
Mit dem Motorrad durch den afrikanischen Busch
Während seines Bachelorstudiums arbeitete Jan bei der DKB im Bereich Erneuerbare Energien und entdeckte dort seine Leidenschaft für Nachhaltigkeit und Erneuerbare Energien. Nach dem Studium bekam er über einen Verein einen Praktikumsplatz in einer Forschungswerkstatt für erneuerbare Energien in Kenia.
„Ich bin dann quasi nach dem Bachelor nach Afrika abgehauen und habe die ersten drei Monate ein Brunnenbauprojekt für die Massai am Kilimandscharo geleitet. Ich habe dort Motorradfahren gelernt und bin mit dem Motorrad durch den Busch gefahren, hab Schulgeld an die Kinder verteilt, Solaranlagen für Schulen und private Hütten verkauft. Das hat unglaublich viel Spaß gemacht. Diese Zeit hat mich so geprägt und begeistert!“
Spätestens da hat Jan für sich erkannt, wie wichtig diese realen Begegnungen vor Ort sind:
„... gerade bei solchen Projekten, wo es dann eben solche kulturellen Unterschiede gibt, um nicht vom Schreibtisch in Deutschland aus betriebsblind zu werden... man muss diese Berührungspunkte auch mal richtig spüren und dabei sein. Und da habe ich gemerkt, das ist eigentlich genau das, was ich machen will... nachhaltige Energien für Entwicklungsländer und vor allem auch das Thema makroökonomische Abhängigkeiten und die Stärkung von benachteiligten Volkswirtschaften mit einer nachhaltigen Perspektive... „.
Auf jeden Fall einen Master in International Management
Noch von Kenia aus bewarb sich Jan am IHI Zittau für den Studiengang International Management. Die Themen Nachhaltigkeit, Internationalität und die Möglichkeit, im Ausland einen Doppelabschluss zu erwerben, haben bei Jan voll ins Schwarze getroffen. Natürlich sind die Lebenshaltungskosten und das Dreiländereck zwischen Polen, Tschechien und Deutschland neben dem Double Degree ein weiterer echter Wettbewerbsvorteil, wie Jan sagt. „Wenn du in Berlin ein WG-Zimmer haben willst, kostet das schon bis zu 650 Euro und dann musst du auch noch Glück haben, dass du eins bekommst.“
Die Leute in der Lerngruppe hier in Zittau kamen aus verschiedenen Teilen der Welt. Richtig gut fand er den Austausch mit dem Studiengangsleiter Professor Stefan Eckert und seinen Mitarbeitern am Lehrstuhl. „Es war immer auf Augenhöhe und da ich studentischer Koordinator des Studiengangs war, habe ich auch Einblicke in viele Abläufe einer Hochschule bekommen. Das hat richtig Spaß gemacht und ich habe mich sofort in ein tolles Team integriert gefühlt!“
Auslandssemester in Pardubice statt in St. Petersburg
Eigentlich wollte Jan sein Auslandssemester in St. Petersburg verbringen. Doch da sich die politische Lage mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine geändert hat, musste Jan umdisponieren und ging stattdessen an die tschechische Universität Pardubice. Mit dem Auto seines Großvaters und einem Freund fuhr er über Breslau nach Pardubice.
„Die Universität in Pardubice ist aus meiner Sicht sehr fortschrittlich. Der Kontakt zwischen Studenten und Professoren war sehr direkt. Man war mit jedem Professor wirklich per du und ich habe auch einige Freundschaften geschlossen. Die sind total locker und entspannt mit den Studenten umgegangen, sodass man auch gerade im Master bei schwierigen Themen einfach immer das Gefühl hatte, dass man cool mit denen umgehen kann. Wenn man ein Problem hatte, ist man einfach zu denen ins Büro gegangen.“
Eine Person hat Jan besonders beeindruckt. Ein Dozent aus Ghana, der die Vorlesung International Finance gehalten hat. Die Qualität der Vorlesungen hat Jan total überzeugt. Für ihn war es wie Lernen unter Freunden. Der Dozent aus Ghana merkte schnell, dass Jan sich sehr für das Thema interessierte und sie vertieften in intensiven Gesprächen das eine oder andere Thema und stellten Bezüge zu Ghana und Kenia her. Diese flexible Anpassung der Lehrinhalte und der besondere Bezug zu Ghana und Kenia waren fast zu schön um wahr zu sein. „Was ich dort gelernt habe, war unglaublich! Und weil er mir so viel von Ghana erzählt hat, bin ich Anfang letzten Jahres mit meiner Freundin für vier Wochen nach Ghana gefahren. Ich habe mir gedacht, wir haben da einen tollen Lehrer aus Ghana gehabt, der hat mir so viele spannende Sachen erzählt. Das muss ich mir auch mal ansehen und das war echt toll! Da habe ich richtig gemerkt, das hat einem auch unheimlich geholfen, die Sachen zu verstehen.“
ARD-Tagesschau und was ist wirklich wichtig im Leben?
Jan hat seine Masterarbeit zum Thema „Der Markt für Photovoltaikanlagen in Kenia, eine Analyse der Markteintrittsbarrieren für ausländische Unternehmen“ geschrieben. In der Masterarbeit wurden 18 Barrieren identifiziert. Diese Barrieren hat er nach Schweregrad und Relevanz bewertet und ein Scoring-Modell entwickelt, um einen Markteintritts-Score aus Sicht deutscher Unternehmen für den Markteintritt in den kenianischen Solarmarkt zu erhalten.
„Und dann habe ich mir eigentlich hauptsächlich so viele quantitative Länderbewertungskonzepte angeschaut. Die Indizes konnte ich mit deutschen Indizes vergleichen und so hatte ich stets einen Anhaltspunkt. Das war sehr spannend, weil ich auch sehr viel gelernt habe. Man konnte viele Sachen aus dem Studium anwenden. Also allein schon die Kulturdimensionsmodelle, die hab ich alle angewendet, um zu schauen, wie spiegeln sich kulturelle Disparitäten wider. Das war echt cool, dass man irgendwie alles, was man gelernt hat, auch wirklich in diese Arbeit einbringen konnte.“
Drei Tage vor der Verteidigung der Abschlussarbeit lief in der ARD-Tagesschau ein Bericht über den Klimagipfel mit dem Schwerpunkt Afrika und auch hier ging es um die Frage, wie man den Einstieg für Investoren in diese Märkte risikoärmer machen und die Lebenssituation verbessern kann. „Für mich war klar, dass ich in diesem Bereich weiter forschen und promovieren möchte.“
Die Relevanz des Themas ist für Jan unbestritten, gerade weil so viele Investitionen in diese Länder fließen, um diese Märkte zu stärken und Lebensgrundlagen zu schaffen.
„Wir haben in Afrika Solaranlagen gebaut oder Bewässerungsanlagen für kleine Hütten und zu sehen, mit welchen Problemen die Leute dort zu kämpfen haben, wo es einfach nur darum geht Licht zu haben, damit die Kinder auch am Abend etwas lernen können. Also die Lebensumstände dort zu sehen, das hat mich so erschüttert, aber gleichzeitig zu sehen, wie glücklich die Menschen sind, in was für einem geringen Konsum sie eigentlich leben und dass dieser ganze Überkonsum, mit dem wir hier bei uns ausgestattet sind, eigentlich nur dazu führt, dass man immer unglücklicher wird, immer mehr will. Ich sag mal, in so einem Habitus, den man bei uns von Grund auf so vermittelt bekommt, dass das auch richtig ist, so zu leben ... ein bisschen über den Tellerrand hinauszuschauen und zu gucken, was ist eigentlich wirklich wichtig im Leben und auch eine nachhaltige Lebensgrundlage zu schaffen, eine Lebenswelt zu schaffen, das wird einfach oft irgendwie vergessen.“
Und manchmal passt es einfach. So kam es, dass an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften, der Professur für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Marketing, der TU Dresden eine Projektstelle mit Möglichkeit zur Promotion ausgeschrieben wurde. Das Projekt beschäftigt sich mit der Frage, wie man mit dem Einsatz künstlicher Intelligenz das Konsumentenverhalten hin zu mehr Nachhaltigkeit beeinflussen kann. Und Jan hat den Job bekommen. Wir freuen uns sehr, dass Jan der TU-Dresden erhalten bleibt und sind uns sicher, dass wir noch einiges von ihm hören werden!