01.11.2020
Neues DFG-Projekt: STABEEL - Stabilität dezentraler Erzeuger im Elektroenergieversorgungsnetz bei der Erbringung von Systemdienstleistungen
Gegenstand dieses Projektes ist die Erarbeitung anwendungsbezogener Entwurfsrichtlinien zur Bewertung der Stabilität von dezentralen Anlagenregelungen in Elektroenergieversorgungsnetzen. Es wird gemeinsam vom Institut für Regelungs- und Steuerungstheorie (RST) und dem Institut für Elektrische Energieversorgung und Hochspannungstechnik (IEEH) an der TU Dresden mit einer Laufzeit von 3 Jahren durchgeführt.
Die Transformation des Elektroenergiesystems im Rahmen der Energiewende erfordert in Hinblick auf die Vielzahl an regelungstechnisch zu erschließenden dezentralen Erzeugungsanlagen (DEAs) anpassungsfähige Betriebsführungskonzepte zur Wahrung der Spannungshaltung. Derzeit greift man z. B. durch Vorgabe zentral optimierter Arbeitspunkte aktiv in den Blindleistungshaushalt von Netzen ein. DEAs unterliegen durch die Quelle der Primärenergie einer technischen Fluktuation und sind zunehmend auch einer ökonomischen Fluktuation ausgesetzt. Sie werden verstärkt in der Direktvermarktung vertrieben, sodass es in Folge der forcierten Fahrplantreue am Übergang zwischen den 15-min-Vermarktungsintervallen zu hohen Leistungsgradienten kommen kann. Die Anlagenregelung sollte demnach Frequenz- und Spannungssprünge, bedingt durch zeitsynchrones Anlagenverhalten, sicher beherrschen können, um unerlaubtes Überschwingen oder Instabilität auszuschließen. Problematisch ist jedoch, dass jede DEA für sich allein regelt und nur die Kenngrößen am eigenen Messpunkt verarbeitet. Die Auswirkung der Gesamtheit aller Stelleingriffe auf das Netz wird seitens der einzelnen DEAs nicht berücksichtigt. Dieser dezentrale Regelungsansatz führt zu theoretisch interessanten und anspruchsvollen regelungstechnischen Fragestellungen.
Wichtig ist dabei zum einen die regelungstheoretisch exakte Formulierung und damit Sicherstellung der Stabilität – auch im Falle von Teilsystemausfällen –, und zum anderen die praktische Anwendbarkeit der Kriterien in Form einfach handhabbarer Richtlinien. Dabei beziehen sich die Untersuchungen auf die Regelung der Blindleistung durch das Q(U)-Verfahren zur Einhaltung gewünschter Spannungsverteilungen.
In diesem Sinne sollen auch Fragen zur Robustheit der Stabilitätsaussagen gegen Parameterunbestimmtheiten und netztypischen Störgrößen behandelt werden. Dazu sollen Methoden entwickelt werden, die es dem Netzbetreiber u. a. erlauben, mit geringem messtechnischen Aufwand eine Bewertung der aktuellen Stabilitätsreserve unter voller Berücksichtigung des Parameterraums in einem Netzgebiet durchzuführen.
Des Weiteren sollen im Projekt Verfahren zur Detektion und Isolation von fehlerhaften Anlagenregelungen oder veränderten Reglerstrukturen entwickelt und erprobt werden. Mit diesen vielschichtigen Ansätzen wird versucht, sich der Problemstellung theoretisch anspruchsvoll (Residuengenerator oder Mustererkennung) als auch mit einer praktischen Fallback-Lösung (Sensorbasis) zu nähern. Die Erkenntnisse können als Grundlage für künftige Forschungsvorhaben im Bereich der automatisierten Netzbetriebsführung dienen.
Die im Rahmen des Projektes gewonnenen Erkenntnisse werden an einem physikalisch am IEEH vorhandenen leistungsfähigen dynamischen Netzwerkmodell praktisch erprobt.