Sep 14, 2018
Losgröße 1 geht in Serie: Flexible Fertigungsanlagen für die Produktindividualisierung
Vor mehr als 10 Jahren startete die Mymuesli GmbH mit Müslimischungen nach individuellem Kundenwunsch und stellt mittlerweile eine von vielen Erfolgsgeschichten für „Mass Customization“ dar. Die Herstellung von außergewöhnlich kleinen Chargen in der Serienfertigung gibt seither nicht nur den Trend in der Lebensmittelbranche vor, sondern bildet einen wesentlichen Aspekt für die zukunftsfähige Hightech-Produktion in Deutschland.
Bisher basierte die Produktion auf der Ausnutzung von Skaleneffekten, d.h. große Mengen des gleichen Produktes wurden über lange Zeiträume produziert, um geringe Kosten und somit hohe Margen zu erhalten. Die heutigen Verbraucheransprüche an maßgeschneiderte Produkte erfordern einen breiten Produktmix und sehr geringe Stückzahlen. Was bei Herstellern von Werkzeugmaschinen traditionell eine große Rolle spielt, stellt deren Anwender vor gewaltige Herausforderungen.
- Geringe oder keine Umsatzsteigerung in Kombination mit höheren Lagerbeständen führt zu höheren Kosten.
- Fertigungsmittel müssen häufiger umgerüstet werden, da die Anlagen an die aktuellen Anforderungen permanent angepasst werden müssen.
- Die notwendige, starke Vernetzung der Wertschöpfungsketten führt zu nie dagewesenen Abhängigkeiten und Komplexitäten in der Fertigung und Logistik.
- Die Abläufe im Unternehmen werden störanfälliger, da schlichtweg die Erfahrungswerte fehlen.
- Die Berücksichtigung individueller Kundenwünsche erfordert kurzfristige Entscheidungen. Dies führt zu großen Unsicherheiten in der Planung.
- Hoher Preisdruck, weil individuelle Produkte zu Preisen der Massenfertigung hergestellt werden sollen.
Um diesen hochkomplexen Herausforderungen zu begegnen, forschen die Ingenieure, Mathematiker und Informatiker der Professur für Werkzeugmaschinenentwicklung und adaptive Steuerungen am Institut für Mechatronischen Maschinenbau der TU Dresden interdisziplinär an Maschinen- und Steuerungskonzepten zur Implementierung neuer Fertigungsverfahren für die Produktindividualisierung in der Massenfertigung.
Ein wesentlicher Ansatz ist dabei die Entwicklung von Cyber-physischen Produktionssystemen. Dabei handelt es sich um Systeme, die eigenständig in der Lage sind, sich auf Änderungen der Umgebung oder der Eingangsgrößen anzupassen. Ein wichtiges Forschungsfeld zur Steigerung der Flexibilität dieser Anlagen stellt die Standardisierung und Modularisierung der Produktionseinheiten dar. Zudem steht die Weiterentwicklung von numerischen Simulationsmodellen zu Digitalen Zwillingen im Fokus der Arbeiten. Digitale Zwillinge sollen in Zukunft zur virtuellen Planung und Inbetriebnahme von Prozessen und Maschinen mit minimalen Umrüstzeiten und zur Steigerung der Verfügbarkeit von Produktionsanlagen durch vorausschauende Wartung (Predictive Maintenance) eingesetzt werden.
Wieviel Einfluss der Kunde auf das Produkt erhält, hängt natürlich ganz stark von der verfügbaren Technologie im Unternehmen ab. Die Auslagerung von Teilprozessen an andere Standorte und Kooperationspartner im Sinne einer Shared Factory kann den Individualisierungsgrad erhöhen, die Preise und Produkteinführungszeiten aber gleichzeitig geringhalten. Die Entwicklung von Wissensbausteinen zur Beherrschung dieser agilen Wertschöpfungsketten und deren intelligente Optimierung bilden die Grundlage zur effizienten, firmenübergreifenden Fertigung von Kleinstserien.
Um all diese Entwicklungen mit anderen Experten zu diskutieren, laden der Inhaber der Professur für Werkzeugmaschinenentwicklung und adaptive Steuerungen, Prof. Dr.-Ing. Steffen Ihlenfeldt, und sein Team am 3. und 4. Dezember 2018 zu einem Werkzeugmaschinen-Fachseminar ein.
Webseite: www.wzm-fachseminar.de
Den vollständigen Artikel finden Sie auch hier: Focus Online: Der Kunde ist König - Losgröße 1 geht in Serie