DFG - Schwerpunktprogramm 1681
Die Verwendung magnetischer Felder ist als externer Stimulus zur Steuerung von Materialeigenschaften von erheblichem technischen Interesse, da Magnetfelder technisch leicht erzeugbar und gut kontrollierbar sind. Magnetisch kontrollierte Materialien wie z. B. Suspensionen magnetischer Nano- bzw. Mikropartikel - Ferrofluide und magneto-rheologischen Fluide - weisen die Fähigkeit zu starken Veränderungen des Materialverhaltens bei vertretbarem technischem Aufwand auf. Bei den genannten Fluiden stellt die Matrix, in der sich die Partikel befinden, d. h. die Trägerflüssigkeit, allerdings nur ein thermisches Bad dar, das zwar die typischen Zeitkonstanten des Materials verändert, aber keine spezifische Wechselwirkung zwischen den Partikeln und der Matrix bietet. Im Gegensatz dazu stellen magneto-rheologische Elastomere, bei denen magnetische Partikel in einer elastischen Matrix eingebettet werden, einen ersten Schritt in Richtung magnetischer Hybrid-Materialien mit steuerbarer Partikel-Matrix-Wechselwirkung dar.
Bei solchen Materialien aus einer partikulären magnetischen Komponente in einer komplexen Matrix liefert die wechselseitige Beeinflussung von Partikeln und Matrix einen zusätzlichen Parametersatz im Materialverhalten. Mit diesem können über magnetisch gesteuerte Veränderungen neuartige Materialeigenschaften erzeugt werden können. Dabei ist die Kenntnis der Wechselwirkung zwischen den Partikeln und der umgebenden Matrix ein wichtiger Baustein für das Verständnis des Materialverhaltens an sich und somit die Basis für eine zielgerichtete Entwicklung derartiger Materialien für neuartige Anwendungen in Aktorik und Sensorik.
In jüngster Zeit sind sowohl hinsichtlich der Synthese als auch in Bezug auf die Modellierung und Eigenschaftsanalyse magnetischer Hybrid-Materialien entscheidende Fortschritte erzielt worden, die die Ziele dieses Programms überhaupt erst erreichbar machen. Für das Programm spannt sich damit das Feld der Problemstellungen von der Synthese magnetischer Hybrid-Materialien über die Charakterisierung von Materialverhalten und Mikrostruktur und die theoretische Beschreibung der Zusammenhänge bis hin zu technischen und medizinischen Anwendungen. Es ergibt sich ein hochgradig interdisziplinäres Forschungsfeld, das sich von der Chemie über die Materialwissenschaften, die experimentelle und theoretische Physik bis zu den Ingenieurwissenschaften und der Medizin erstreckt.
Im Zentrum des Schwerpunktprogramms stehen dabei fünf Kernfragen: Zunächst muss geklärt werden, wie (1) das Materialverhalten eines magnetisch steuerbaren Hybrid-Materials über die Partikel-Matrix-Wechselwirkung beeinflusst werden kann und wie entsprechende Materialien synthetisiert werden können. Für das Verständnis des Materialverhaltens ist (2) eine skalenübergreifend konsistente Beschreibung notwendig, die die magnetische Steuerbarkeit der Materialeigenschaften auf mikroskopischer Basis erklärt. Diese Materialmodellierung ist auch erforderlich, um für die Anwendung Materialgesetze zu erzeugen, die auf einem detaillierten Materialverständnis beruhen. Eng mit den Beschreibungskonzepten verbunden ist (3) die experimentelle Untersuchung des Materialverhaltens im Magnetfeld und damit die Frage, welche Veränderungen der Materialeigenschaften durch die Variation ihrer inneren Struktur im Magnetfeld erzeugt werden können. Aufbauend auf dem Verständnis der magnetischen Hybrid-Materialien kann dann sowohl die Frage geklärt werden, (4) welche Möglichkeiten sie in neuartigen aktorischen und sensorischen Anwendungen bieten, als auch die Frage, (5) wie sich die Effektivität des biomedizinischen Einsatzes magnetischer Nanopartikel durch eine Steuerung der Wechselwirkung zwischen funktionalisierten Partikeln und Gewebe verbessern lässt.