Probabilistische mechanische Auslegung von Turbinen
K. Vogeler, M. Voigt, R. Mücke, K.-H. Becker, M. Oevermann
An moderne Industrie- und Fluggasturbinen werden aus verschiedenen Gründen (z.B. höhere Lebensdauer, geringere Wartungskosten) immer höhere Anforderungen gestellt. Dadurch sind die Entwickler dieser Turbinen gezwungen, immer näher an die Grenzen derWerkstoffbelastung zu gehen. Um dennoch bereits bei der Komponentenentwicklung Aussagen über Betriebssicherheit und Lebensdauer derartiger Strukturen machen zu können, sind Computersimulationen des Beanspruchungsverhaltens unerlässlich. Hierbei wird im wesentlichen mit deterministischen Modellen gerechnet. Aufgrund der bei den Simulationen nicht berücksichtigten statistischen Verteilungen der Eingangsparameter (z.B. Fertigungstoleranzen, Materialdaten) ist die Aussagefähigkeit der Ergebnisse dieser Modelle in der Realität begrenzt.
Genau an dieser Stelle setzt das Vorhaben "Probabilistische mechanische Auslegung von Turbinen" an. Mit Hilfe von probabilistischen Analyseverfahren, die in der Automobilindustrie bereits weit verbreitet sind, soll die stochastische Natur der maßgeblichen Modellparameter berücksichtigt werden. Damit wird die Aussagefähigkeit der Analyse von einer deterministischen Punktlösung auf das wahrscheinliche Verhalten des Bauteils, hier eine Turbinenschaufel, erweitert. Als Ergebnis erhält man die statistische Verteilung der Ergebnisgrößen sowie wichtige Hinweise zur Sensitivität und Robustheit der Struktur mit Rücksicht auf die stochastische Natur der wichtigsten Eingabeparameter.
Ein Nachteil aller probabilistischen Analyseverfahren ist, dass sich im Vergleich zu einer klassischen deterministischen Berechnung durch die Mehrfachausführung der deterministischen Rechnungen ein erhöhter Rechenaufwand ergibt. Dieser Nachteil wird aber auf Grund der rasanten Entwicklung der Computertechnik in den letzten Jahrzehnten und der effizienterer Umsetzungen der kontinuumsmechanischen Modelle minimiert.
Die ersten probabilistischen Untersuchungen innerhalb dieses Vorhabens an der TU Dresden wurden an einem 2D-Modell einer Fluggasturbinenschaufel von Rolls-Royce Deutschland (RRD) und an einem 3D-Modell einer Industriegasturbinenschaufel von Alstom vorgenommen. Dabei wurde besonderes Augenmerk auf die Sensitivitäten der Ergebnisgrößen auf die Verteilung der Eingangsgrößen gelegt. Des Weiteren wurde der Einfluss des Stichprobenumfanges auf die Kennwerte (z.B. Mittelwert, Standardabweichung) der Dichtefunktionen der Ergebnisgrößen untersucht.
DLR, Köln-Porz, 5./6. Dezember 2002