Landwirtschaftslogistik - Modellierung und Optimierung zeitkritischer landwirtschaftlicher Logistikprozesse
Ausgangssituation
Die Planung logistischer Prozesse in der Landwirtschaft erfolgt häufig auf Grundlage von Erfahrung oder „Bauchgefühl“. Witterungsbedingungen, unvorhersehbare Ereignisse und Gesetzeslage erschweren jedoch die Disposition von Landmaschinen - insbesondere vor dem Hintergrund zeitkritischer Prozesse wie der Ernte oder der Gülleausbringung
Zielstellung und Lösungsansatz
Vor allem während der Erntesaison, bei der teure, hochspezialisierte Fahrzeuge wie Feldhäcksler und Mähdrescher zum Einsatz kommen, beauftragen Landwirte häufig Lohnunternehmen. Diese halten einen großen Fuhrpark vor und bieten i.d.R. die Ernte als Service aus einer Hand an. Dabei stehen sie vor einer komplexen Planungssituation, bei der Ernteaufträge bestmöglich auf die heterogene Flotte aus Fahrzeugen verteilt werden. Die Ziele im Projekt Landwirtschaftslogistik (IGF-Vorhaben Nr. 19324 der Bundesvereinigung Logistik [BVL] e.V.) sind daher
- eine Vergleichbarkeit logistischer Prozessalternativen in der Landwirtschaft sowie
- eine automatisierte, optimierte Planung für zeitkritische landwirtschaftliche Logistikprozesse.
Einflussparameter
Haupteinflussgröße für eine effiziente Feldbearbeitung ist die Auslastung der auf dem Feld im Einsatz befindlichen Fahrzeuge. Bei der Ernte ist dies typischerweise ein Feldhäcksler oder Mähdrescher, bei der Düngung werden Gülleausbringer verwendet. Die Auslastung dieser Landmaschinen wird maßgeblich vom Zu– bzw. Abfluss von Biomasse beeinflusst: Stehen nicht genug Transporter zur Verfügung, reißt die Transportkette ab und das Fahrzeug auf dem Feld kommt zum Stillstand, bis der nächste Transporter bereitsteht. Das Verhältnis zwischen der Anzahl eingesetzter Transporter und der Auslastung eines Feldhäcksler sist in Abbildung 1 dargestellt.
Lösung des Optimierungsproblems
Das gemischt ganzzahlige Optimierungsproblem zur Disposition von Landmaschinen wird als Variante des Vehicle Routing Problems modelliert. Um die praktische Problemstellung zu beschrieben, wird das Basismodell um die Eigenschaften Synchronisierung (Kooperation verschiedener Fahrzeugtypen) und die Abhängigkeit der Bearbeitungszeit von der Transporteranzahl (Auslastung der Fahrzeuge auf dem Feld) ergänzt. Das Problem wird durch Branch & Bound Algorithmen optimal gelöst. Dazu werden sogenannte Solver wie beispielsweise Gurobi, CPLEX oder GLPK verwendet. Die Lösbarkeit von praktischen Problemstellungen konnte anhand der Realdaten einer Agrargenossenschaft aus Brandenburg gezeigt werden. Durch Vergleiche verschiedener Modellierungsvarianten hinsichtlich der Detailtiefe können für verschiedene Problemstellungen unterschiedliche Modellierungsansätze empfohlen werden. Die Lösungsqualität kann je nach Modell auf Kosten der Rechenzeit verbessert werden und umgekehrt.
Förderhinweis
Das IGF-Vorhaben (19509 BR) der Forschungsgemeinschaft Bundesvereinigung Logistik e. V. wird über die AiF Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen „Otto von Guericke“ e.V. im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung und -entwicklung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages für die Zeit vom 01.01.2018 bis 31.12.2020 gefördert.