ProKI-Lexikon
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Hier werden die wichtigsten Fachbegriffe rund um KI in der Produktion verständlich erklärt und stetig um neue Beiträge erweitert.
Was ist Condition Monitoring?
Condition Monitoring bedeutet zu Deutsch "Zustandsüberwachung". Damit ist die regelmäßige bis kontinuierliche Erfassung von bestimmten Parametern einer Anlage, Maschine oder eines Prozesses gemeint [1]. Dies funktioniert mit Sensoren, welche an einer bestimmten Stelle definierte Zustandsgrößen aufnehmen. Per Kabel oder drahtlos werden diese Daten an einen Rechner übermittelt und von einer Software ausgewertet. Dabei werden die momentan gemessenen Werte mit den Soll- bzw. Referenzwerten verglichen.
Condition Monitoring bildet die Basis für Predictive Maintenance. Somit sind auch die Ziele der Technologie ähnlich:
- Fehler sollen frühzeitig erkannt und Schäden vermieden werden.
- Durch die gespeicherten Daten wird auch die Fehleranalyse erleichtert [2]
- Dadurch werden Stilltände verringert und die Produktivität gesteigert sowie eine hohe OEE gewähleistet [1].
- Auch die Sicherheit der Mitarbeiter profitiert von Condition Monitoring [3].
Herausforderungen des Condition Monitorings sind unter anderem:
- Das Finden von geeigneten Messstellen sowie aussagekräftigen Zustandsparametern,
- Die effiziente Nutzung der großen Datenmengen sowie
- die Festlegung von Referenz- bzw. Sollwerten, für die oft viel Erfahrung und know-how nötig ist [3].
- Außerdem können keine spontanen Ausfälle vorhergesagt werden, wie zum Beispiel ein Gewaltbruch.
Siehe auch
[1]: Weinzierl. (2021). Condition Monitoring - was es ist und was es kann. Abgerufen am 20. Juli 2023 von Instandhaltung.de.
[2]: Conrad. (2021). Condition Monitoring » Die kontinuierliche Zustandsüberwachung von Maschinen und Anlagen. Abgerufen am 20. Juli 2023 von Conrad.
[3]: Lambertz. (2023). Condition Monitoring. Abgerufen am 21. Juli 2023 von Maint care.
Was ist Deep Learning?
Das sogenannte "Deep Learning" oder zu Deutsch "tiefes Lernen" ist eine Art des maschinellen Lernens. Deep Learning beruht auf "künstlichen neuronalen Netzen" (KNN). Ein solches Netz ist an den Aufbau des menschlichen Gehirns angelehnt und soll das Verhalten von Neuronen simulieren [1]. Dazu ist es in Schichten, den sog. "layers" aufgebaut. In diesen Schichten werden die eingegebenen Daten analysiert und abstrahiert, bevor sie dann an die nachfolgende Schicht weitergegeben werden [2] & [3].
Der Begriff „tiefes Lernen“ kommt von der verwendeten Anzahl von Schichten im neuronalen Netz. Je mehr Layer im Netz, desto komplexere Daten können analysiert und daraus Entscheidungen getroffen werden [4]. Daher wird Deep Learning besonders bei sehr komplexen und großen Datenmengen verwendet [5]. Die meisten modernen Smartphones verwenden diese Art des maschinellen Lernens, zum Beispiel bei der Sprach- oder Gesichtserkennung (ebd.)
Siehe auch
[1]: Wennker. (2020). Künstliche Intelligenz in der Praxis - Anwendung in Unternehmen und Branchen: KI wettbewerbs- und zukunftsorientiert einsetzen. Wiesbaden: Springer Gabler.
[2] LeCun, Bengio, & Hinton. Deep learning. Nature 521, 436–444 (2015). https://doi.org/10.1038/nature14539
[3] Ruhlig. (Oktober 2014). Deep Learning. Europäische Sicherheit & Technik: ES & T, S. 76. Abgerufen am 16. Mai 2023
[4] Wittpahl. (2019). Künstliche Intelligenz : Technologien | Anwendung | Gesellschaft. Springer Nature. doi:10.1007/978-3-662-58042-4
[5] Kelleher. (2019). Deep Learning. Cambridge, London: The MIT Press.
Der Begriff „Industrie 4.0“ wurde 2011 erstmalig auf der Hannover Messe vorgestellt [1] und leitet sich von der vierten industriellen Revolution ab. Nachdem in den 1970ern die Digitalisierung Einzug hielt, folgt nun der nächste große Umbruch mit der übergreifenden Vernetzung von Produktionsabläufen und Maschinen [2].
Mit Hilfe von eingebauten Chips und den nötigen Kommunikationstechnologien werden Produkte und Anlagen digitalisiert und miteinander vernetzt. Dazu zählt zum Beispiel auch der Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Diese kann bei der Optimierung von Prozessen unterstützen und für mehr Autonomie bei industriellen Vorgängen sorgen[3] .
Die entstehenden „cyberphysischen Systeme“ sind in der Lage, auch branchenübergreifend verschiedene Akteure miteinander zu vernetzen. So können z.B. Logistiker, Kunden und Produktionspartner in Echtzeit miteinander kommunizieren und für flexible und effiziente Wertschöpfungsketten sorgen[4].
Siehe auch
[1] Kletti, Deisenroth (2019). Industrie 4.0, MES und Digitalisierung. In: MES-Kompendium. Springer Vieweg, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-59508-4_2
[2] Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi). (2020). KI in der Industrie 4.0: Orientierung, Anwendungsbeispiele, Handlungsempfehlungen.
[3] Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). (2023). Was ist Industrie 4.0? Plattform Industrie 4.0.
[4] Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI). (2023). Einblick in die vierte Revolution. Leben 4.0 / Bundesverband der Deutschen Industrie e.V.
Was ist Machine Learning?
Ein Grundpfeiler der Künstlichen Intelligenz stellt das Machine Learning dar. Machine Learning (kurz ML, dt. „Maschinelles Lernen“) ist der Oberbegriff für den Lernprozess und die eigenständige Verbesserung eines intelligenten Systems unter Verwendung von Algorithmen [1]. Durch ML ist es möglich, eine große Menge an multidimensionalen Daten zu erfassen, die für den Menschen schnell zu komplex werden können [2]. Dazu werden Algorithmen verwendet, die selbstständig Entscheidungsregeln ableiten, indem Muster in Trainingsdatensätzen erkannt und genutzt werden. Solche Trainingsdaten können in verschiedener Gestalt vorliegen, wie zum Beispiel in Form von:
- Bildern,
- Werkstoffparametern,
- Temperaturverläufen,
- Maschinendaten,
- Vibrationen, aber auch als
- Preisverläufe an der Börse,
- Klicks auf Anzeigen im Internet oder
- Sprachaufnahmen [3].
Mit diesen Ausgangsdaten wird der Algorithmus befüllt und somit das Modell trainiert. Ein solches Training kann entweder offline oder online geschehen.
Bei einem Offline-Lernsystem wird zuerst getrennt vom echten Anwendungsszenario trainiert. Das Gelernte wird dann eingefroren und nicht mehr verändert, wenn es in die Anwendung implementiert wird. Dem gegenüber steht das Online-Lernen, bei dem direkt in der Anwendungsumgebung trainiert und das Gelernte stehts angepasst wird [1].
Je nach dem, für welche Zwecke die künstliche Intelligenz eingesetzt werden soll und welche Daten vorliegen, können verschiedene Lernmodelle des ML zum Einsatz kommen. Es wird unterschieden in die Hauptkategorien:
- überwachtes Lernen (Supervised Learning),
- unüberwachtes Lernen (Unsupervised Learning)
- bestärkendes Lernen (Reinforcement Learning)
- und tiefes Lernen (Deep Learning).
Siehe auch
[1] Wittpahl, V. (2019). Künstliche Intelligenz : Technologien | Anwendung | Gesellschaft. Springer Nature. doi:10.1007/978-3-662-58042-4
[2] Matzka, S. (2021). Künstliche Intelligenz in den Ingenieurwissenschaften. Wiesbaden: Springer Vieweg. doi:10.1007/978-3-658-34641-6
[3] Kaplan, J. (2017). Künstliche Intelligenz - Eine Einführung. mitp Verlag.
Wozu benötigt mein Unternehmen eine menschengerechte Gestaltung von KI?
Für die erfolgreiche Einführung von intelligenten Systemen ist der Mensch ein entscheidender Erfolgsfaktor. Künstliche Intelligenz wird den Arbeitsalltag vieler Menschen verändern. In den Anfängen der KI verstand man diese als Vollautomatisierung von Prozessen – und somit auch als Rationalisierung des Menschen [1] . Heute verfolgt man den Ansatz, „dass nur die ausgewogene Zusammenarbeit und Interaktion die Stärken von Mensch und Maschine voll ausspielen kann“ [2]. Solche Stärken können zum Beispiel Erfahrungswissen und Kreativität auf Seiten des Menschen sein, und die Fähigkeit zur Verarbeitung großer Datenmengen auf der Maschinenseite [2]. Experten sind sich einig, dass der Mensch nicht durch Technik ersetzt werden soll, entsprechende Systeme sollen eine unterstützende und fördernde Rolle im modernen Arbeitsalltag einnehmen.
Eine menschzentrierte Gestaltung von Mensch-Maschine-Interaktion (MMI) ist daher grundlegend, um intelligente Maschinen erfolgreich im Unternehmen zu integrieren. Menschengerecht ist eine Tätigkeit, wenn sie durch die Arbeitsbedingungen die Gesundheit des Menschen nicht schädigt, der Aufgabe angemessen ist, und die Persönlichkeit des einzelnen erhält und fördert [3].
Siehe auch
[1] Zukunftszentrum KI NRW. (2023). Menschenzentrierte KI – und wie sie Unternehmen unterstützen kann. Abgerufen am 14. April 2023
[2] Knecht (14. April 2021). Mensch-KI-Schnittstellen: Der Erfolgsfaktor bei der Einführung von Künstlicher Intelligenz in der Produktion. Abgerufen am 19. Mai 2023 von Fraunhofer IAO
[3] Schlick, et al. (2018). Arbeitswissenshcaft (4. Ausg.). Berlin: Springer Vieweg. doi:10.1007/978-3-662-56037-2
Was ist Predictive Maintenance?
Die Instandhaltung von technischen Einrichtungen umfasst alle Maßnahmen zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der Anlagen und Maschinen im Betrieb. In den meisten kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) laufen Wartungen in starren Intervallen ab und Reparaturen erfolgen erst dann, wenn es schon zu einem Schaden gekommen ist. Dies ist meist zeitaufwändig und birgt hohe Kosten sowie Stillstände der Produktion.
Mit Hilfe von KI und der sog. „Predictive Maintenance“ oder zu Deutsch „Vorausschauenden Instandhaltung“ ist es möglich, schon frühzeitig Schäden zu erkennen und Störungen zu vermeiden. Um den Maschinenzustand zu überwachen, kommt das „Condition Monitoring“ zum Einsatz: Es werden in Echtzeit Anlagen- und Prozessdaten erhoben und ausgewertet – man erhält ein digitales Abbild der Maschine. Hierbei handelt es sich zu Beispiel um Daten zu Vibrationen, Druck, Temperatur oder Werkzeugabmessungen. Künstliche Intelligenz ist in der Lage, diese Parameter mit Daten aus der Vergangenheit zu vergleichen und durch maschinelle Lernverfahren Muster zu erkennen. Dadurch können schon kleine Abweichungen erkannt und drohende Störungen frühzeitig vermieden werden.
Auch Wartungsintervalle können mittels KI flexibel auf die Anlagen angepasst werden. Dadurch können Werkzeuge, die noch einwandfrei funktionieren, länger verwendet und rechtzeitig vor dem Verschleiß gewechselt werden. Durch KI ist es beispielsweise auch möglich, automatische Wartungsmaßnahmen auszulösen, wie zum Beispiel die Zugabe von zusätzlichem Schmierstoff[1], wenn dies nötig ist.
Künstliche Intelligenz und Predictive Maintenance tragen dazu bei, die Wirtschaftlichkeit von Unternehmen zu steigern.
Dazu gehören:
- die Reduzierung von ungeplanten und geplanten Stillständen,
- die Erhöhung von Anlagenverfügbarkeit und Lebensdauer der Maschinen
- sowie eine erhöhte Produktivität durch abgestimmte Wartungsintervalle und die Verbesserung der Maschinenleistung.[2]
Zu beachten ist, dass für zuverlässige Aussagen eine große Menge an Daten (Big Data) erhoben werden müssen. Oft ist es möglich, die schon vorhandene Sensorik an den jeweiligen Maschinen zu nutzen, sodass Kosten bei der Implementierung solcher KI-Lösungen eingespart werden können.
Siehe auch
[1] Vgl. Pokorni, B., Braun, M., & Knecht, C. (2021). Menschenzentrierte KI-Anwendungen in der Produktion. Stuttgart: Frauenhofer IAO. doi:10.24406/publica-fhg-300817
[2] Vgl. Volz, S. (23. Juni 2020). Industrie Digital . Von Industrie-Blog der CCC Software GmbH: https://blog.ccc-industriesoftware.de/predictive-maintenance-beispiele/
Was ist Retrofit?
Retrofit (aus dem Lateinischen: "retro" - zurück & "fit" - anpassen) bezeichnet die nachträgliche Modernisierung von älteren Anlagen, Maschinen und Systemen. Dies kann zum Beispiel durch passende Sensoren oder Software geschehen. Dadurch können bestehende Anlagen nachträglich digitalisiert und für KI nutzbar gemacht werden. Zudem sind die Kosten der Nachrüstung meist wesentlich geringer als eine Neuanschaffung. Somit bietet Retrofit ein großes Potenzial für die oft in die Jahre gekommenen Anlagen der Umformtechnik und ermöglicht den Schritt in Richtung Industrie 4.0 und KI [1].
Retrofit bietet unterschiedliche Vorteile [2] :
Effizienzsteigerung - der Einsatz von neuen Technologien wie KI kann die Leistungsfähigkeit der Maschinen und Anlagen verbessert werden. Durch das Retrofitting können zum Beispiel Anwendungen wie "Predictive Maintenance" genutzt werden, und somit zur Minimierung von Stillstandszeiten und Störungen beitragen.
Kostensenkung - Retrofitting kann zur Senkung von Betriebskosten beitragen. Beispielsweise können Material- und Energieverbrauch optimiert werden.
Verlängerung der Lebensdauer - die Modernisierung von Anlagen kann Verschleiß und Abnutzung verringern und somit die Nutzungsdauer der Maschinen erhöhen.
Nachhaltigkeit - die genannten Vorteile tragen alle zur Nachhaltigkeit von Unternehmen bei - sei es die Senkung des Energieverbrauchs, eine längere Lebensdauer oder weniger Verschleiß und Störungen im Betrieb. Außerdem kann Retrofitting dazu beitragen, gesetzliche Auflagen und Umweltanforderungen zu erfüllen.
Siehe auch
[1]: Kriwall. (2023). Retrofit: Modernisierung von Anlagen und Maschinen. Abgerufen am 19. Juli 2023 von IPH - Institut für Integrierte Produktion Hannover
[2] : Weinzierl. (2017). Retrofit: Definition, Vorteile und optimale Umsetzung. Abgerufen am 19. Juli 2023 von Produktion.de
Im Zusammenhang mit neuen Arbeitssystemen wird oft von der sog. „Usability“ gesprochen. „Usability“ bezeichnet die Gebrauchstauglichkeit eines Systems und wird in DIN EN ISO 9241 definiert:
„Ausmaß, in dem ein System, ein Produkt oder eine Dienstleistung durch bestimmte Benutzer in einem bestimmten Nutzungskontext genutzt werden kann, um bestimmte Ziele effektiv, effizient und zufriedenstellend zu erreichen“ [1]
Je höher die Usability ist, desto besser können bestimmte Arbeitsaufgaben umgesetzt werden. Daher sollte bei der Einführung von neuen Systemen, wie zum Beispiel von Künstlicher Intelligenz, immer auch auf eine benutzerfreundliche Gestaltung geachtet werden.
Zur Erreichung einer möglichst hohen Gebrauchstauglichkeit bieten die Normen ISO 9241-110 sowie ISO 9241-112 Empfehlungen zur Gestaltung von Produkten.
Siehe auch
[1] DIN EN ISO 9241-110:2020 (D). (2020). Ergonomie der Mensch-System-Interaktion - Teil 110: Interaktionsprinzipien. Brüssel: Europäisches Komitee für Normung (CEN).
Kontakt
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NameLea Bartkowiak
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