26.08.2016
Europaweit einmalige Erhebung soll Chancen für Diabetes-Prävention bei Kindern erhöhen - Mit der „Freder1k-Studie in Sachsen“ wird das Typ-1-Diabetes-Risiko bereits bei Neugeborenen erkannt
(Dresden, 26.08. 2016) Typ-1-Diabetes ist eine Autoimmunerkrankung, die auch in Sachsen gerade bei Kleinkindern immer mehr zunimmt – es ist die häufigste Stoffwechselerkrankung im Kindes- und Jugendalter. Als Vorreiter in Europa wird der Freistaat jetzt Ausgangspunkt für eine internationale Typ-1-Diabetes-Früherkennungsuntersuchung von Neugeborenen. Damit geben die Wissenschaftler um Studien-Leiter Prof. Dr. Ezio Bonifacio, Direktor des Center for Regenerative Therapies Dresden der TU Dresden, gleichzeitig den Startschuss für weitere Studien, die die Prävention von Typ-1-Diabetes zum Ziel haben. Die Sächsische Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst, Dr. Eva-Maria Stange, unterstützt dieses Projekt und hat die Schirmherrschaft für die Freder1k-Studie übernommen. Der amerikanische Helmsley Charitable Trust fördert die Initiative als Geldgeber. Die Freder1k-Studie in Sachsen wird von der Technischen Universität Dresden und der Universität Leipzig in Kooperation mit dem Helmholtz-Zentrum München und der Medizinischen Hochschule Hannover durchgeführt.
Unter Typ-1-Diabetes versteht man diejenige Form der Zuckerkrankheit, bei der schon früh im Leben die körpereigene Insulinherstellung verloren geht und durch Insulinspritzen ersetzt werden muss. Etwa 30 von 1.000 Kindern haben Risiko-Gene für Typ-1-Diabetes. Allein in Sachsen werden etwa 250 neuerkrankte Kinder jedes Jahr verzeichnet, bundesweit zwischen 2.100 und 2.300 Kinder bis zum Alter von 15 Jahren. Typ-1-Diabetes kann jeden treffen. Manchmal kommt die Krankheit in Familien gehäuft vor, aber 90 Prozent der betroffenen Kinder haben keinen Verwandten mit Typ-1-Diabetes. Hinzu kommt, dass die Autoimmunerkrankung sich schleichend entwickelt – die Kinder fühlen sich lange Zeit wohl und wirken vollkommen gesund.
Daher bleibt ein Typ-1-Diabetes meist viele Jahre unerkannt, bis er sich schlagartig in oftmals lebensbedrohlichen Symptomen äußert. Das möchte die Initiative „Globale Plattform zur Prävention des Autoimmunen Diabetes“ – kurz GPPAD - mit der Freder1k-Studie in Sachsen „Typ-1-Diabetes-Risiko früh erkennen“ verhindern. Die einmalige Studie bietet Eltern die Möglichkeit, ihr Kind im Zusammenhang mit dem regulären Neugeborenen-Screening auf das Risiko, Typ-1-Diabetes zu entwickeln, untersuchen zu lassen.
„Dank neuartiger, am Helmholtz Zentrum in München in Kooperation mit dem CRTD der Technischen Universität Dresden entwickelter Tests ist es heute möglich, sowohl das Risiko als auch eine frühe Form des Typ 1 Diabetes noch lange, bevor sich erste Symptome zeigen, festzustellen und die Familien auf die spätere Erkrankung mittels Schulungen und einer optimalen Betreuung vorzubereiten“, erläutert Univ.-Prof. Dr. Anette-Gabriele Ziegler, Direktorin des Instituts für Diabetesforschung am Helmholtz Zentrum München (im Bild 3.v.l.).
Diese Früherkennungsuntersuchung wird kostenfrei im Rahmen des Neugeborenen-Screenings angeboten. Besonders für Sachsen hat die Studie eine große Bedeutung: „Die Zahlen des sächsischen Kinderdiabetesregisters Dresden-Leipzig zeigen, dass seit 15 Jahren die Häufigkeit von Typ 1 Diabetes mellitus bei Kindern und Jugendlichen um circa drei Prozent pro Jahr ansteigt, unterstreicht Prof. Dr. med. Wieland Kiess, Direktor der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin der Universität Leipzig (im Bild rechts). „In den jüngsten Monaten und wenigen Jahren wurden darüber hinaus weiterhin sehr schwere Neuerkrankungsfälle, jüngst sogar mit Todesfolgen, bekannt. Der Ausbruch der Erkrankung wird sowohl von Laien und den Familien der Betroffenen als auch von Ärzten häufig unterschätzt oder fehlgedeutet.“
Die Information über ein erhöhtes genetisch bedingtes Typ-1-Diabetesrisiko eines Säuglings oder Kleinkindes trifft die große Mehrheit der Eltern völlig unvorbereitet. „Um damit verbundene Ängste frühestmöglich aufzufangen und übertriebenen Sorgen vorzubeugen, ist im Rahmen der Freder1k-Studie von Diagnose an eine strukturierte Information und psychologische Begleitung der Eltern vorgesehen“, betont Prof. Dr. rer. nat. Karin Lange von der Medizinischen Psychologie der Medizinischen Hochschule Hannover (im Bild 2.v.r.). Sie brachte ihre Expertise für die Entwicklung eines Beratungsleitfadens für die Kinderärzte und eine darauf abgestimmte Freder1k-Broschüre mit allen relevanten Informationen ein.
„Unsere Vision ist allerdings mehr als die frühe Diagnose“; sagt Prof. Dr. Ezio Bonifacio, Direktor des Center for Regenerative Therapies Dresden der TU Dresden und Studien-Leiter (im Bild links). „Unsere Vision ist, eine Therapie zu entwickeln, mit der wir die Diabetes-spezifische Autoimmunität verhindern oder heilen können, damit sich das klinische Stadium des Typ 1 Diabetes erst gar nicht entwickelt. Ziel ist es, dass Kinder mit einem erhöhten Typ 1 Diabetes Risiko nie in ihrem Leben Insulin spritzen müssen.“ Prof. Bonifacio und die Kooperationspartner der Studie freuen sich besonders, bei der Gründung der europäischen Initiative GPPAD (Global Platform for the Prevention of Autoimmune Diabetes) mitgewirkt zu haben und als Partner zu agieren. Ziel von GPPAD ist es, eine internationale Infrastruktur für Studien zur primären Prävention von Typ 1 Diabetes zu etablieren. Der amerikanische Helmsley Charitable Trust unterstützt die Initiative. Die GPPAD-Initiative möchte mit der Freder1k-Studie ein Modellprojekt schaffen, mit dem in Zukunft auch in anderen Bundesländern und Europäischen Ländern nach dem Modell Freder1k Kinder mit einem erhöhten Risiko für Typ 1 Diabetes erkannt und frühzeitig behandelt werden können.
„Ich habe mich gern zur Übernahme der Schirmherrschaft bereiterklärt, denn als Wissenschaftsministerin ist es mir ein besonderes Anliegen, den wissenschaftlichen Fortschritt zur Behandlung von Typ-1-Diabetes zu unterstützen“, erklärt Sachsens Wissenschaftsministerin Dr. Eva-Maria Stange. „Diese Krankheit wird die Betroffenen ihr ganzes Leben lang begleiten. Darum ist es auch besonders wichtig, nicht nur die kleinen Patienten selbst, sondern auch ihre Eltern so früh wie möglich einzubinden. Die Ministerin sieht aber noch einen weiteren wichtigen Aspekt: „Die Studie, für die die Experten der Medizinischen Fakultäten in Dresden und Leipzig eng kooperieren, wird auch wichtige Erkenntnisse für mögliche Präventionsmaßnahmen liefern. Sie hat somit eine wichtige gesellschaftspolitische Dimension. Denn die Erkenntnisse können helfen, die zu erwartenden Behandlungskosten für das Gesundheitswesen zu beherrschen.“
*Die an der Studie beteiligten Partner-Institutionen sind:
DFG - Center for Regenerative Therapies, Cluster of Excellence, Technische Universität Dresden
Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus, Technische Universität Dresden
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
Universitätsklinikum Leipzig
Helmholtz Zentrum München
Medizinische Hochschule Hannover
Kontakt:
Prof. Ezio Bonifacio, PhD
DFG-Center for Regenerative Therapies Dresden
Cluster of Excellence / TU Dresden
Fetscherstraße 105
01307 Dresden
Phone.: +49 351-458 82052
Fax: +49 351-458 82059
Email: director@crt-dresden.de
Freder1k-Team:
Hotline: 0800-7245148
Email:
Weitere Informationen finden Sie in den ausführlichen Statements sowie unter www.gppad.org