Oct 18, 2023
Episode 10: Once around the world for a new view on modern cancer therapy
Our podcast series you ask we explain - Berührungsängste in der Medizin started in January and is published monthly. In the 10th episode, we discussed the topic: Once around the world for a new look at modern cancer therapy
We wanted to discuss with you and answer your questions. Didn't have time to be there? No problem: just listen to our podcast on the go - on Spotify, Apple Music, Deezer or here.
Stephan Wiegand: Ein Podcast der Medizinischen Fakultät der TU Dresden in Kooperation mit der Sächsischen Zeitung, dem COSMO Wissenschaftsforum und den Städtischen Bibliotheken Dresden.
Jonas Steinhäuser: Hallo und herzlich willkommen zur heutigen Ausgabe von You Ask We Explain mit dem Thema Einmal um die Welt für einen neuen Blick auf die Krebstherapie. Mein Name ist Jonas Steinhäuser. Ich bin Medizinstudent an der medizinischen Fakultät der TU Dresden und habe heute als Gast bei mir Anna Poetsch.
Dr. Anna Poetsch: Hallo.
Jonas Steinhäuser: Hallo, Anna. Anna, was machst du eigentlich?
Dr. Anna Poetsch: Also, ich bin hier an der TU Dresden und Leiter einer Arbeitsgruppe, die sich damit beschäftigt, wie DNA kaputt geht und heil gemacht wird. Und wenn DNA kaputt geht, kann Krebs entstehen und damit beschäftigen wir uns auch damit, wie Krebs entsteht, wie man Krebs behandelt, wie man Krebs heilt. Genau. Und das machen wir hauptsächlich mit dem Computer.
Jonas Steinhäuser: Dein Weg quasi von dem Biochemiestudium zum Programmieren, zur eigenen Arbeitsgruppe. Wann ging das so bei dir los, wo du gemerkt hast, ich muss eigentlich programmieren können, um die Fragen zu beantworten, die mich interessieren. War das schon im Studium oder dann danach?
Dr. Anna Poetsch: Das war tatsächlich am Ende meiner Promotion. Also ich habe schon während dem Studium geguckt, wie das so ist, ob mir das liegt und so und hatte aber einen falschen Kurs gewählt. Also ich habe den einzigen Kurs, den es gab, war Fortran. Das ist eine für die Jüngeren unter ihnen ist eine Programmiersprache, die wird kaum noch verwendet und ich war die einzige im Kurs, die nicht programmieren konnte und die haben mich innerhalb von ein paar Wochen abgehängt. Und dann bin ich zum Professor und habe gesagt Tschuldigung, ich komme nicht mehr mit. Ich glaube, der Kurs ist nichts für mich. Ich glaube, Programmieren liegt mir nicht. Und dann hatte ich das abgehakt. Und dann habe ich eigentlich erst am Ende der Promotion, wo ich angefangen habe, mit einer anderen Programmiersprache zu spielen, einfach nur, um normale Statistiken zu machen. Da habe ich gemerkt Oh, das ist ja doch einfacher, als ich dachte. Und ich glaube, ich habe einfach die falsche Sprache probiert. Beziehungsweise auch im falschen Umfeld. Und es ist auch keiner auf die Idee gekommen, mir das zu sagen, vielleicht liegt es nicht an dir. Genau. Und dann habe ich halt gedacht Ja, es ist nichts für mich. Und das hat sich dann später geändert. Aber die Fragen waren halt immer noch die. Ich wollte auch tatsächlich schon am Ende meiner Masterarbeit eigentlich daran arbeiten, wie DNA-Reparateur im Kontext davon funktioniert, welche Buchstaben da vorliegen. Welche Sequenz in der DNA haben wir denn? Weil DNA Reparatur, jetzt werde ich ein bisschen spezifisch, aber wie die DNA heil gemacht wird, wird immer so betrachtet, als wäre das die DNA. Und die DANN sind aber 3 Milliarden verschiedene Buchstaben A, C, G und T. Und je nachdem wo man da ist, funktioniert das unterschiedlich und es war mir eigentlich da schon klar und ich habe das immer nicht verstanden, warum er das so über einen Kamm schert. Und dann habe ich aber gemerkt, wenn ich jetzt mit 3 Milliarden Buchstaben arbeiten will, dann brauche ich den Computer dafür. Und genau so bin ich eigentlich zu dem Entschluss gekommen, weil das wollte ich damals machen. Es gab keine Gruppen, die daran gearbeitet haben. Dann habe ich gedacht okay, gut, dann mache ich für die Promotion was anderes und habe dann aber in der Promotion gemerkt, dass das, was ich dann gemacht habe, hat mich irgendwie nicht zufrieden gestellt. Und eigentlich wollte ich ja eigentlich immer das andere machen. Und dann habe ich gedacht okay, gut, dann mache ich es halt jetzt. Und so ist es passiert. Und das machen wir jetzt auch immer noch.
Jonas Steinhäuser: Ja, okay, sehr spannend, weil das heißt, du wusstest eigentlich schon am Ende deines Studiums ein bisschen, wo es hingehen soll, hast aber gemerkt eigentlich gibt es hier zumindest in deinem direkten Umfeld noch gar keine richtige Infrastruktur, keine Forschungsgruppe, die das beschäftigt und dich dann trotzdem entschieden. Ich mache erst mal was anderes und vielleicht führt mich mein Weg irgendwann zu dem hin, was ich wirklich will.
Dr. Anna Poetsch: Ja.
Jonas Steinhäuser: Und wie war das dann? Also wie war das dann sozusagen nach deiner Doktorarbeit? Da hast du dann schon programmieren gelernt, konntest schon damit arbeiten. Und wie war dann dein weiterer Weg?
Dr. Anna Poetsch: Ich habe tatsächlich am Ende meiner Doktorarbeit noch nicht programmieren können. Ich habe gerade so viel programmieren können, um meinen zukünftigen Chef zu überzeugen, dass ich es wirklich will. Aber ich konnte tatsächlich, als ich in England angekommen bin, konnte ich fast nichts. Und dann habe ich wirklich in einen Computergruppe gesessen und er hat mir gesagt Du hast ein halbes Jahr, Entweder du kriegst das hin oder das war's. Und dann hatte ich quasi ein halbes Jahr, mich da einzuarbeiten und habe mich dann auch ordentlich reingehängt. Und dann durfte ich bleiben.
Jonas Steinhäuser: Dann durftest du bleiben. London war aber auf dem Weg hierhin nicht deine letzte Station. Wie ging es weiter?
Dr. Anna Poetsch: London war für mich nicht ganz einfach. London ist ein bisschen zu groß für mich, was wahrscheinlich ein bisschen irritiert, weil ich in sehr vielen Hauptstädten gewohnt habe bisher. Aber ich bin tatsächlich ein Kleinstadtmensch. Genau. Und deshalb bin ich auch von London aus… die gleiche Gruppe hatte quasi eine Teilgruppe auf Okinawa. Das ist die ganz südliche Insel von Japan in den Tropen. Und da bin ich dann. Also habe ich einen Teil meiner Zeit dort verbracht und bin dann ziemlich viel hin und her und habe eben dort Forschung gemacht und in London und das hatte auch ein bisschen, also es hatte relativ wenig wissenschaftliche Gründe, um ganz ehrlich zu sein, aber ich hatte da halt einfach Ruhe und Zeit, mich um diese Sachen zu kümmern. Ich konnte da auch Experimente machen, wobei das ehrlich gesagt nicht der Grund war. Das hätten wir in London auch hingekriegt. Genau. Aber es war halt für mich auch eine sehr schöne Umgebung, also im Meer. Und ja, ich liebe auch Tiere, also quasi auch in der freien Wildbahn und bin dann als Feldassistent mit den Octopus-Leuten aufs Riff gezogen.
Jonas Steinhäuser: Cool.
Dr. Anna Poetsch: Ja.
Jonas Steinhäuser: Das finde ich sehr spannend. Also du hattest quasi zusätzlich zu deiner Forschung nicht nur die Möglichkeit, nur vorm Computer zu sitzen und zu programmieren, sondern auch tatsächlich mal raus in die wilde Natur zu gehen.
Dr. Anna Poetsch: Die perfekte Gestaltung eines Freitagabends ist für mich, mit ein paar Leuten bei Vollmond aufs Meer zu gehen und versuchen Oktopusse oder Tintenfische zu fangen. Für welchen Zweck auch immer.
Jonas Steinhäuser: Für welche Zwecke auch immer. Im Namen der Forschung und der Wissenschaft.
Dr. Anna Poetsch: Ja, es gab. Es gab einen, der wollte rausfinden, wie man bestimmten Zwerg-Tintenfisch vermehrt. Also der hat die quasi ins Aquarium getan. Die haben dann Eier gelegt, weil die meisten sich dann schon im Eimer entsprechend dafür gesorgt haben, dass das möglich ist. Und dann war aber das Problem, dass die Eier zwar geschlüpft sind, aber die Larven dann relativ schnell verstorben sind, weil sie nicht wussten, was die fressen. Und dafür brauchte er halt relativ häufig neue Tintenfische. Und er hat mich immer mitgenommen, weil ich also am Anfang weil ich die einzige war mit Führerschein und dann später, weil ich. Das ist so mein Geheimtalent. Also es ist nicht sonderlich nützlich, aber ich bin sehr, sehr gut darin, Zwerg Tintenfische zu fangen.
Jonas Steinhäuser: Okay, also sozusagen am Ende deiner Zeit in Japan konntest du programmieren und Zwerg-Tintenfische fangen.
Dr. Anna Poetsch: Genau.
Jonas Steinhäuser: OK. So wie du das berichtet hast, war dein Weg und du hast auch im Vorfeld jetzt schon das Gespräch gesagt Es ist nicht immer. Es ist nicht immer ganz einfach, Wissenschaft zu machen und der Weg ist nicht immer ganz stringent. Er ist von vielen Rückschlägen gezeichnet. Was hat dich motiviert durchzuhalten und was hast du gemacht, um an den Punkten, wo du sagst eigentlich, hier geht es gar nicht so richtig weiter, trotzdem dranzubleiben und durchzuhalten?
Dr. Anna Poetsch: Mich motivieren tatsächlich die Fragen selbst und das bringt mich tatsächlich weiter. Aber es ist tatsächlich auch so, dass ich mich selbst auch sehr stark für das Drumherum interessiere. Also ich war jetzt viel an Forschungsinstituten, die frisch aufgebaut wurden, also sowohl OIST [Okinawa Institute of Science and Technologie] wurde frisch aufgebaut. Als ich dann nach London zurückgekommen bin, war ich am Francis Crick Institute und da war ich wirklich richtig involviert. Wie man baut man das auf und so und dieses Drumherum, also wie sorgt man dafür, dass ein Institut gut funktioniert, aber auch wie managt man eine Gruppe, so dass gute Forschung hinten rauskommt, aber auch alle glücklich sind. Und diese Fragen interessieren mich sehr stark. Daher wollte ich tatsächlich auch immer eine Gruppe leiten. Es ist auch tatsächlich dieses Leute zu prägen, Leute entwickeln zu sehen und in die richtige Richtung zu schubsen. Das interessiert mich auch sehr und das hält mich auch am Laufen. Daher wollte ich eigentlich auch immer eben diese Rolle haben als Gruppenleiter und das hat mich tatsächlich sehr stark motiviert an sich. Die Forschung auch und die Fragen, da gehe ich richtig darin auf. Tatsächlich, das Handwerkliche an sich, das jetzt anzuwenden, fand ich tatsächlich nie so furchtbar spannend.
Jonas Steinhäuser: Ja, das ist ja sehr spannend, weil ich glaube, viele junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fangen ja tatsächlich irgendwie im Labor an und pipettieren. Oder sie sitzen vor dem Computer und programmieren und werten Daten aus. Und bei dir war also schon früh klar, das interessiert dich. Du möchtest die Fragen bearbeiten, aber eigentlich geht es dir noch um andere Dinge.
Dr. Anna Poetsch: Ja, es war eher so, dass mich das also quasi das Handwerkliche. Dafür habe ich mich motiviert, weil das bringt mich ja zu den nächsten Fragen. Aber es waren tatsächlich die Fragen, die mich motiviert haben. Und das handwerklich ist tatsächlich teilweise das, wo ich mich, wo ich dann durchaus auch durchhalten musste. Und ich habe auch schon immer währenddessen andere Sachen gemacht. Also erst mal hatte ich auch immer ein relativ intensives Privatleben. Also ich hatte immer irgendwo eine Gruppe und ob das jetzt ein Chor war oder eben in Konstanz die Rettungstaucher, wo ich halt wirklich auch was anderes hatte. Neben der Wissenschaft und in Heidelberg hatte ich also am DKFZ war ich Doktorandenvertreter, das heißt, ich hatte auch diese ganzen organisatorischen Sachen so nebenbei. Das ist mir dann schon auch wichtig. Das gibt mir dann halt auch wirklich so ein zweites Standbein, das mir auch so ein bisschen zeigt, wofür ich das mache. Und ich meine natürlich…
Jonas Steinhäuser: (...) Ja, wir werden immer freundlicherweise alle zehn Minuten kurz unterbrochen in unserem Redeschwall von der Band, um uns auch mal auf andere Gedanken zu bringen. Ich möchte trotzdem noch mal daran anknüpfen. Wissenschaftlerin oder Wissenschaftler zu sein, das ist ja, glaube ich, etwas, was in aller Munde ist, wo jeder irgendeine Vorstellung davon hat, was das bedeutet. Aber wenn man sich jetzt mit dir unterhält, merkt man, das ist eigentlich gar nicht so klar. Es ist nicht - ich stehe im Labor und mache die ganze Zeit irgendwelche Sachen. Magst du vielleicht ein bisschen einen Einblick geben darin, wie dein Alltag jetzt als Wissenschaftlerin und auch als Arbeitsgruppenleiterin aussieht und wie sich das im Verlauf deiner Karriere verändert hat?
Dr. Anna Poetsch: Ja, also erst mal, es hat sich sehr verändert. Also es ist jetzt gänzlich anders. Also wenn ich jetzt zum Beispiel heute den Tag durchgehe, dann ging der los mit einem Zoom-Seminar. Da hat jemand, ich glaube der sitzt in Berlin vorgetragen, ist Teil eines Großkonsortiums. Es hat eine Stunde gedauert, dann bin ich ins Büro gegangen. Da hatte ich dann mein erstes Meeting mit einer Doktorandin, wo wir eine Stunde lang ihr Projekt durchgesprochen haben bzw. einen Vortrag, den sie nächste Woche halten muss. Dann bin ich Mittagessen gegangen und dann ging der Nachmittag mit Meetings weiter. Und das sind halt immer eins zu eins Meetings mit der Gruppe. Jetzt hatten wir heute ein Meeting mit vier Leuten, die an einem ähnlichen Projekt arbeiten, wo wir dann so durchgehen. Dann hatte ich ein Meeting mit der IT-Infrastruktur, weil wir Sachen von der einen Seite des Campus auf einen anderen Campus umziehen müssen, planen, wie wir das machen können. Genau. Und das sind so, das ist so ein Standardtag. Dazwischen sind immer ein paar Lücken, um Emails zu beantworten. Ich schreibe gerade Gutachten für bestimmte Forschungsgelder und nebenbei mache ich noch so ein bisschen Programmieren, für ein Projekt, wo der Doktorand noch nicht so weit ist, es selber zu machen. Das muss ich schnell machen, damit wir das Paper abschließen können. Genau. Und dann muss ich auch noch selbst einen Antrag schreiben und verschiedene Sachen schreiben. Ja, genau so ist es. Also, der größte Teil des Tages ist Meetings mit Leuten reden, Gutachten schreiben, selbst programmieren und Forschungsanträge schreiben. Ich denke, so kann man das ganz gut zusammenfassen und Vorträge anhören.
Jonas Steinhäuser: Das heißt also, der Teil, wo vielleicht der Nichtwissende an Wissenschaft denken würde, also wirklich das aktive Arbeiten mit den Daten, das Erheben von Daten, wie viel Prozent sind das jetzt noch von deinem Tag? Und wie war das so, als du vielleicht Doktorandin warst? Wie viel Prozent waren das da.
Dr. Anna Poetsch: Genau so jetzt tatsächlich sind es ein paar Stunden die Woche. Okay, die Sache ist aber die. Es klang jetzt vielleicht ein bisschen langweilig, aber der größte Teil ist tatsächlich, dass es jetzt meine Aufgabe ist, mir über Ideen Gedanken zu machen. Ich lese mir die Sachen durch, die ich begutachten muss und sehe die Idee, die dahinter steckt, muss die verstehen können und habe halt auch wirklich das Privileg, da teilhaben zu können, was jemand anders aufs Papier gebracht hat und muss dann halt auch selber Ideen entwickeln und eben auch in diesen Meetings mit den Leuten zusammen entwickeln, damit ich die aufs Papier bringen kann. Das heißt, ich verbringe im Moment wahnsinnig viel Zeit damit, mir wirklich auf einem sehr hohen Level über unsere Forschung Gedanken zu machen, über unsere Ausrichtung Gedanken zu machen. Und das macht wahnsinnig viel Spaß, weil ich jetzt tatsächlich das Privileg habe, Ideen haben zu dürfen. Aber ich muss es nicht selbst ausführen. Und das ist tatsächlich das, was ich immer wollte.
Jonas Steinhäuser: Genau, also…
Dr. Anna Poetsch: Und in der Vergangenheit war das natürlich anders. Da musste ich mich tatsächlich eher zurückhalten. Da musste ich dann, wenn ich eine gute Idee hatte und wir sind in die Richtung gegangen, musste ich tatsächlich eher sagen Lass das mal besser weg, weil sonst, ich muss mich ja fokussieren und so und dann saß ich natürlich viel da und habe das implementiert, hatte dann Meetings mit meinem Supervisor oder mit meinen Kollegen, habe das besprochen und so, aber dann saß ich natürlich quasi zehn Jahre da und habe pipettiert und danach programmiert.
Jonas Steinhäuser: Okay, wir haben ja vorher schon im Vorgespräch ein bisschen darüber gequatscht. Was ist aktuell dein Thema, woran ihr arbeitet? Was bringt eure Arbeitsgruppe gerade für Ergebnisse hervor?
Dr. Anna Poetsch: Also wir arbeiten hauptsächlich darin, zu verstehen, wie eigentlich in diesen 3 Milliarden Buchstaben der DNA ist es kodiert, wie stabil sie ist. Also quasi wie ist es da drin eigentlich codiert, wann sie mutiert im Krebs, wann sie bricht, wann sie sich verändert oder auch einfach anders anordnet im Zellkern? Und das ist was, was wir mit dem Computer machen, also wo wir Methoden haben zu messen, wo haben wir Schaden? Dann verstehen, warum haben wir den dort wo wir ihn haben? Oder auch wir nehmen eben ganz viele Patientenproben und gucken, wo sind denn die Mutationen, um dann zu verstehen, warum sind die Mutationen da? Weil das eben so komplex ist, benutzen wir Methoden der künstlichen Intelligenz, um eben diesen Code auszulesen. Weil wir haben ja ganz viele Codes, die übereinander liegen in der DNA und das Auslesen ist schwierig. Und das funktioniert halt mit künstlichen Intelligenz Methoden und die sind sehr ähnlich zum Beispiel dem, was Chat GPT zugrunde liegt. Das ist so eine Software, die sich Text ausdenken kann und die von selbst Text verstanden hat. Und eine der Sachen, die wir jetzt gemacht haben, ist, dass wir eine ähnliche Methode entwickelt haben, wo wir quasi die DNA, die 3 Milliarden Buchstaben So behandeln, als wär's Text und haben quasi den gleichen Algorithmus draufgeworfen. Und dieser Algorithmus hat jetzt eine Art von Grammatik und Semantik gelernt. Also eine Art Sprachregeln. Und genau das verstehen wir noch nicht. Da haben wir jetzt das große Modell. Und jetzt versuchen wir halt aus diesem Modell das zu extrahieren. Weil wenn wir das aus Modell extrahieren können, dann verstehen wir es auch, wie es in der DNA selbst funktioniert. Genau. Und solche Methoden verwenden wir gerade, um das zu verstehen.
Jonas Steinhäuser: Okay. Und mit welchem Ziel? Also ich sag mal, dein großes Forschungsthema ist ja Krebs. Instabilität von DNA, Mutationen von Zellen und Krebs, der entsteht. Und man würde sich ja jetzt landläufig irgendwie vorstellen. Na ja, ein Mensch hat eine Art von Krebs. Unterschiedliche Krebsarten werden unterschiedlich behandelt. Da gibt es Medikamente, da gibt es Operationen, da gibt es Bestrahlung. An welchem Punkt kommt deine Forschung ins Spiel?
Dr. Anna Poetsch: Eigentlich an allen, wenn man es sich recht überlegt. Also das erste ist, dass die Auslösung eines Krebses hängt meistens mit genetischen Veränderungen zusammen. Das heißt, das sind Mutationen, häufig auch mit genetischen Veränderungen, die man mitbringt, Wenn man etwas erbt, wie zum Beispiel ein defizientes Brustkrebsgehen, dann hat man ein Risiko für Krebsentstehung, wie das Risiko sich quasi auslebt. Das gehört schon tatsächlich bei uns in die Forschung mit rein. Also quasi das Brustkrebsgen ist ein Gen der DNA Reparatur. Und was hat das jetzt für Konsequenzen, wenn das kaputt ist? Und dann ist es so, dass wenn auch sporadisch Krebs entsteht, der jetzt nicht unbedingt durch die Genetik entstanden ist. Dann entstehen einfach spontane Mutationen, die entstehen aber auch nicht zufällig, entstehen an bestimmten Stellen im Genom. Aber die entstehen zum Beispiel auch, wenn wir das stimulieren, wie zum Beispiel indem wir rauchen oder zum Beispiel und das ist etwas, womit wir uns beschäftigen, ist, dass die Magensäure tatsächlich auch Mutationen macht. Und da versteht man überhaupt nicht, wie das funktioniert. Nicht, überhaupt nicht, aber sehr, sehr schlecht. Also den Mechanismus, wie das genau funktioniert, versteht man nicht. Genau, und dann, wenn der Krebs dann da ist, dann wird er behandelt. Und die meisten Behandlungen machen auch DNA kaputt. Strahlung macht DNA kaputt. Die meisten Medikamente, die meisten Chemotherapien. Und das hat zum einen zur Folge, dass dann auch Mutationen und Genominstabilität im Krebs selbst passieren, aber auch, dass das im gesunden Gewebe passiert. Das führt zu Nebeneffekten, das führt zu Alterungsprozessen. Das kann dazu führen, dass weitere Krebsarten entstehen als Folge der Behandlung. Auch das interessiert uns. Genau. Und damit haben wir eigentlich fast den gesamten Lebenszyklus eines Krebses durch. Und was eben auch wahnsinnig wichtig dabei ist, ist, dass ein Krebs an sich auch so eine Evolution durchlebt. Also das geht los mit ein paar Mutationen und dann entwickelt er sich. Dann kommt das Immunsystem, möchte ihn beseitigen und dann versteckt er sich, entwickelt sich weiter, entwickelt sich weiter, entwickelt sich weiter. Das macht er tatsächlich auch mit Methoden aus der Evolution, also Mutation und Selektion. Und was man bisher relativ schlecht versteht ist quasi, wo sind da eigentlich die Mutationen. Wie weit ist das zufällig? Inwieweit ist das gesteuert? Und das ist für uns wahnsinnig wichtig, weil wenn wir das verstehen, dann können wir tatsächlich verstehen, was wird überhaupt selektiert und auch wie entwickelt sich das weiter? Der Plan ist tatsächlich dann auch zu verstehen Wie funktioniert die Evolution, Warum wird der resistent, wie entwickelt er seine Heterogenität, womit er sich dann eben auch vor Behandlungen verstecken kann und resistent werden kann? Und das sind alles so Komplikationen und Konsequenzen von diesen Mutationsprozessen. Und damit haben wir eigentlich quasi mit unserer Thematik den gesamten Lebenszyklus eines Krebses und eben auch eines Patienten im Blick.
Jonas Steinhäuser: Und das heißt, wenn ich dich jetzt richtig verstehe, so im Man redet ja immer von der personalisierten Medizin und dass man also vor 30 Jahren haben wir vielleicht eine ganz kleine Bandbreite an Therapieoptionen für Krebs gehabt. In den letzten 30 Jahren ist viel passiert und es geht immer mehr dahin, dass man sowohl die einzelnen Krebsarten eben weiter unterteilt und guckt, welche Therapiemöglichkeiten da infrage kommen und eben den einzelnen Patienten im Blick hat, anstatt das große Krankheitsbild Krebs. Da kommst du rein mit deiner Forschung und guckst, welcher Patient mit welchem Krebs. Was passiert da genau? Und dann als nächster Schritt Welche Therapien kommen für ihn in Frage?
Dr. Anna Poetsch: Genau das auch. Was wir zum Beispiel viel machen, ist, dass wir Patientenproben nehmen, also Genomdaten, die wir tatsächlich von anderen Gruppen kriegen. Weil es gibt also große Datenbanken, wo wir Krebsgenome uns anschauen können und zum Beispiel für jeden Buchstaben im Genom vorhersagen, wie wahrscheinlich ist es denn, dass der mutiert? Und damit können wir dann eine Evolution von dem Tumor nachbauen und daraus können wir Daten nehmen, mit denen wir dann Vorhersagen machen können, wie der sich weiterentwickelt und eben auch auf Therapie hin. Und dann aber eben auch zum Beispiel, wie die Therapie selbst den Tumor sich weiterentwickeln lässt. Das ist was, was wir in der Zukunft machen wollen, wo wir einfach Proben haben von dem Tumor und einer Metastase, zum Beispiel nach einer bestimmten Chemotherapie und dann sagen, welche Mutation, die da eigentlich entstanden sind in der Metastase wurden eigentlich erst durch die Therapie ausgelöst, wo es dann auch eher ein bisschen in die Richtung geht, wo müssen wir vorsichtig sein? Das ist gerade bei Kinderkrebs extrem wichtig, weil Kinderkrebs häufig sehr aggressiv behandelt wird, weil die Kinder das gut wegstecken können und das auch wirklich gut funktioniert. Also Kinderkrebs hat eine riesen Erfolgsgeschichte in der Behandlung durchgemacht in den letzten Jahrzehnten, aber die Langzeitfolgen sind wahnsinnig schwierig. Also die entwickeln sekundäre Krebserkrankungen, haben Alters-Effekte usw. und dass man sich eben auch überlegen kann, wenn wir jetzt eine gute Behandlung haben, wie weit gehen wir eigentlich um eben trotzdem den Behandlungseffekt zu kriegen, aber eben nicht die ganzen Langzeit Nebeneffekte.
Jonas Steinhäuser: (...) Ich möchte den Bogen noch mal ein bisschen zurück spannen, weil was ich jetzt total spüre und merke im Gespräch mit dir ist, wie komplex und tiefgehend deine Forschung ist und wie sehr man sich da eigentlich auch im Detail verlieren kann. Und ich zwar mit einem medizinischen Hintergrund, aber letztendlich, was das Thema angeht auch kein Experte, total überrascht bin, wie komplex, wie hochspezialisiert deine Forschung ist. Wenn wir jetzt noch mal an die Anna im Masterstudium Biochemie denken. Du hast gesagt, diese Fragen haben dich schon früh beschäftigt. Aber was war damals dein Gedanke, was dich motiviert hat loszulegen? Und wie war quasi dein Weg von deinem allgemeinen Gefühl - Mich interessiert das mit den vier Buchstaben zu. Ich entwickle eine Semantik und Grammatik von Tumoren.
Dr. Anna Poetsch: Das sind eine Menge Fragen auf einmal. Es war tatsächlich so, dass ich ganz am Anfang vom Studium wirklich DNA-Reparatur einfach faszinierend fand, weil DNA-Reparatur so komplex ist und wirklich mit allen anderen Prozessen rund um die DNA, aber auch in der Zelle usw. kommuniziert, dass mich einfach die Komplexität an sich sehr gereizt hat und auch einfach, dass ich irgendwie den Eindruck gewonnen habe, das ist einfach nicht vernünftig, verstanden. Und dann wollte ich das aber auch immer mit einer Ausrichtung Richtung Krebs machen. Was jetzt inzwischen mit dem Teil der DNA-Reparatur, den ich gearbeitet habe, ist jetzt ein wirklich Kernteil der Krebsforschung. Damals war das tatsächlich nicht so, damals war das so was Obskures von Biochemikern. Und ich habe tatsächlich nur eine Gruppe gefunden, die das mit der Krebsausrichtung gemacht hat. Und die war eben in Japan. Und dann bin ich da hin. Und genau so hat sich das entwickelt. Aber ich weiß auch noch, dass mein Mentor damals gesagt hat Du, Anna, da gibt es noch andere Sachen als DNA-Reparatur. Und das war eben auch das, weswegen ich in der Promotion dann was anderes gemacht habe, aber dann halt auch festgestellt habe Nee, das hat mich wirklich interessiert. Und das war nicht nur, weil das das Einzige ist, womit ich so quasi konfrontiert war. Was war die zweite Frage?
Jonas Steinhäuser: Also ich würde da gleich dran anknüpfen, weil das wäre meine Frage gewesen, was hat dich dann ins Ausland geführt und wie wäre das heute für Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler? Du musstest damals ins Ausland gehen, weil es gab niemanden, der das gemacht hat, was du cool fandest, was du gerne erforschen wolltest. Würdest du sagen, das ist auch immer noch so? Wenn jemand so Karriere machen möchte, wie du es gemacht hast, Arbeitsgruppenleiterin werden möchte, muss man dazu noch ins Ausland gehen, oder?
Dr. Anna Poetsch: Also dafür muss man nicht, Das würde ich nicht sagen. Aber was ich für wahnsinnig wichtig halte, für jeden in dieser Art von Position, dass man sich halt immer wieder neu stimulieren muss, mit neuen Blickwinkeln auf verschiedene Dinge. Das kann man über viele verschiedene Sachen kriegen. Das geht natürlich relativ leicht, wenn man in das Ausland geht, weil da einfach in bestimmten Ländern Menschen anders ticken. Und damit wird man automatisch anders mit der Thematik konfrontiert und auch einfach die Herangehensweise an Wissenschaft ist anders. Die Herangehensweise, wie man miteinander arbeitet, wie man jemanden, wie man gemanagt wird und managt. Führungskräfte verhalten sich anders usw. Das heißt, auch wenn jemand jetzt zum Beispiel aus dem Ausland zurückkommt, kann ich fast ein bisschen davon ausgehen, dass diese Person eine gewisse Reife dadurch entwickelt hat. Jetzt ist es natürlich auch so, dass ist jetzt wirklich dann auch familienfeindlich, wenn man sagt, jeder muss jetzt unbedingt, Man kann das auch durchaus anders kriegen, indem man einfach auch innerhalb der deutschen Forschungslandschaft zum Beispiel auch Institute wechselt, die einfach einen anderen Charakter haben. Also zum Beispiel Max Planck Institute hat eine ganz andere Herangehensweise, als zum Beispiel ein deutsches Krebsforschungszentrum. Das sind einfach ganz andere Arten von Institutstypen und eben indem man auch Felder wechselt. Also allein der Wechsel von der biochemischen Herangehensweise. Jetzt stecke ich inzwischen wirklich tief in der Informatik drin. Das ist eine ganz andere Herangehensweise an die Thematik. Heute hatte ich ein Meeting, wo ich mit Physikern gesprochen habe. Und ich muss ganz ehrlich sagen, das war ganz schön anspruchsvoll für mich. Und gar nicht, weil die Thematik an sich so komplex ist, sondern einfach, weil die Leute anders denken, anders an die Thematik rangehen. Und das kann man tatsächlich in der richtigen Umgebung auf viele verschiedene Art und Weisen kriegen. Also da muss man jetzt nicht unbedingt ins Ausland gehen, aber es ist tatsächlich teilweise im Ausland. Wenn man ins Ausland geht einfacher zu kriegen, weil man kriegt quasi gratis gleich mit.
Jonas Steinhäuser: Und hast du den Eindruck, dass das Skillset, was jetzt von jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern verlangt wird, sich verändert hat, verbreitert hat? Also wie gesagt, Biochemiestudium. Da denke ich jetzt ganz naiv ans Pipettieren im Labor und Substanz A und Substanz B machen Substanz C und mal klappt das und mal klappt das nicht so gut. Und jetzt bist du ja genau wild am Programmieren, sitzt am Computer. Was brauchen junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler heute, um erfolgreich zu sein in ihrer Forschung?
Dr. Anna Poetsch: Also Forschung bewegt sich immer schneller. Auch einfach, weil mehr und mehr Leute da drinstecken und einfach, weil das Tempo angezogen hat. Das heißt, was wirklich wichtig ist, ist eine geistige Flexibilität, dass Sachen sich weiterentwickeln. Das heißt, man kann sich jetzt nicht unbedingt ausruhen darauf, dass man mehrere Jahre an einem kleinen Detail von irgendeinem biochemischen Pathway arbeitet. Und das ist natürlich ziemlich hart für die junge Generation, auch einfach da mitzuhalten. Das läuft tatsächlich darüber, dass man wirklich lernt, die Informationen zu filtern, die Informationen zu bekommen, auszublenden, was ich nicht brauche und sich darauf zu fokussieren, was ich wirklich brauche. Und dadurch muss man sich mit den ganzen technischen Entwicklungen auseinandersetzen, dass man einfach diese ganzen Hilfen von diesen Tools, die es jetzt gibt, auch wirklich nutzen kann. Was jetzt zum Beispiel für die meisten Wissenschaftler gar nicht unbedingt so wichtig ist und das hat sich jetzt vor ganz Kurzem geändert, ist Programmieren lernen. Zum Beispiel Programmieren lernen. Hätten wir hier vor einem Jahr gesessen, hätte ich gesagt Ja, lern programmieren. Entweder R oder Python, so dass ihr da einen Einblick habt. Aber wir sind jetzt tatsächlich an dem Punkt, wo diese Sprachmodelle, also ChatGPT usw. einem das abnehmen können. Aber was man jetzt lernen muss ist, dass man mit diesen Tools sprechen kann, dass die einem, dass man den sagen kann, was man wirklich will und dass man einschätzen kann, was man rauskriegt. Und das ist tatsächlich fast sogar noch schwieriger, denn man muss tatsächlich dieses ganze Prinzip des Programmierens lernen, ohne wirklich programmieren zu lernen, damit man eben dann auch das kriegt, was man, was man braucht und das auch einschätzen kann, dass das jetzt auch stimmt. Und damit muss man eigentlich jetzt einfach wirklich auch lernen, Wie stelle ich eigentlich Fragen und wie interpretiere ich, was hinten rauskommt. Und das ist das Wichtigste. Und da sehe ich auch, dass damit viele halt auch wirklich kämpfen. Also wenn die dann quasi Ergebnisse kriegen, wie schätze ich diese Ergebnisse ein? Wie entwickle ich die neue Frage, um dann weitermachen zu können?
Jonas Steinhäuser: Und das ist ja letztendlich eigentlich ein Kernelement von Wissenschaft. Also wie stelle ich die richtigen Fragen, Wie finde ich die richtigen Methoden, um diese Fragen zu beantworten? Bloß jetzt eben im Mikrokosmos Künstliche Intelligenz, large language models Chat GPT. Das finde ich total interessant, weil das ist ja letztendlich Wissenschaft in einem Mikrokosmos, oder?
Dr. Anna Poetsch: Genau. Aber es bringt uns tatsächlich zu der ganz alten Wissenschaftsphilosophie: Wie stelle ich Fragen und die ursprüngliche wissenschaftliche Methode mit: Wie baue ich eine Hypothese, Wie verifiziere ich, wie falsifiziert ich? Und da müssen wir uns wirklich deutlich stärker darauf fokussieren, einfach um nicht den Überblick zu verlieren und einfach um eine Linie drin zu haben. Ja.
Jonas Steinhäuser: Okay. Hast du manchmal gezweifelt? Gab es Momente in deiner Karriere? Ich weiß, als Wissenschaftler, als Wissenschaftlerin hat man es nicht leicht. Viele Dinge werden abgelehnt. Man schreibt viele Anträge. Man hat ja ein bisschen gemerkt in deinem Alltag, es wird viel geschrieben, und wo viel geschrieben und beantragt wird, wird auch viel abgelehnt. Das ist gar kein Urteil über die Qualität der eigenen Arbeit, sondern Alltag. Fiel dir das immer leicht, damit umzugehen? Wie ist das jetzt im Vergleich zu früher? Und gab es auch mal Momente, wo du gesagt hast Vielleicht ist das alles hier gar nichts mehr für mich?
Dr. Anna Poetsch: Also ich muss sagen, ich habe mich, glaube ich, in jedem Institut in Zentraleuropa beworben, weil ich am Ende meiner Zeit in London meine wichtigste wissenschaftliche Arbeit hing fest im Gutachterprozess. Und die wurde nach zwei Runden Gutachten, also quasi nachdem wir schon fast ein Jahr bei den Journalen hatten, abgelehnt Und dann hatte ich tatsächlich ein Problem, weil ich wollte zurück und hatte halt die Publikationsleistungen noch nicht von meiner Zeit in London. Und dann habe ich die Stellen einfach nicht gekriegt. Ich habe ein paar Mal interviewt und so eigentlich in dem zu dem Zeitpunkt tatsächlich noch nicht mal das und dann habe ich schon ein bisschen gezweifelt. Also dann habe ich diese Stelle in Wien angenommen, die noch keine Gruppenleiterstelle war. Und da habe ich in dem Rahmen habe ich mir dann auch Boehringer Ingelheim in Wien mal genauer angeguckt, weil ich da auch Leute kannte von der Onkologie. Aber eigentlich war mir relativ klar, dass ich jetzt nicht in der Pharmafirma arbeiten wollte. Aber mir war schon auch klar, dass ich eventuell irgendwann dann auch nicht mehr unbedingt die Wahl habe. Genau. Aber dann habe ich eben diese andere Stelle in Wien angenommen, in einem Kinderkrebsforschungsinstitut. Und dann habe ich mich von da aus wieder weiter beworben. Und dann habe ich auch total meine Strategie geändert.
Jonas Steinhäuser: (...) Und hast dann quasi an deiner neuen Stelle trotzdem deine alte Arbeit noch vervollständigt. Also deine Publikation aus der London Zeit versucht rauszubringen, um dann die Qualifikation zu haben und zu sagen mit dieser Publikationsleistung kann ich dann den nächsten Schritt in meiner Karriere gehen.
Dr. Anna Poetsch: Ich glaube die Studie kam dann schon raus, bevor ich da angefangen habe. Aber ich habe dann natürlich die Arbeit generell noch weitergeführt. Es hat ja auch thematisch dort gepasst. Genau. Und dann habe ich mich nicht mehr einfach ins Blaue beworben, sondern ich habe mich tatsächlich selbst eingeladen an zwei Orten und beim zweiten hat es geklappt. Also ich habe selbst jemanden kontaktiert hier und gesagt kann ich nicht mal einen Vortrag halten? Und genau dann war eben dieses Programm und dann konnte ich mich auf dieses Programm bewerben und jetzt bin ich hier.
Jonas Steinhäuser: Okay, Und war das eine bewusste Entscheidung für Dresden, für Sachsen, für die TU Dresden? Oder hättest du gesagt Ach, Hauptsache Gruppenleiterin irgendwo?
Dr. Anna Poetsch: Nee, das war tatsächlich eine bewusste Entscheidung für Dresden. Also es gibt verschiedene Orte in Deutschland, die für mich infrage kamen und das hat alles auch was mit viel drumherum zu tun, also auch wirklich die Größe der Stadt. Also ich bin jetzt kein Typ, der wirklich nach Frankfurt passt zum Beispiel und Dresden. Ich wollte tatsächlich hier schon studieren, das hätte ich vorhin gar nicht gesagt. Ich habe mich hier beworben 2002, im Jahr der Flut, und bin nicht reingekommen. Ich weiß auch nach wie vor nicht, was da passiert ist, weil anscheinend waren die Studienplätze alle nicht besetzt zum Schluss und bin dann deshalb nach Konstanz. Aber ich wollte tatsächlich nach Dresden. Ich wollte auch tatsächlich Biologie studieren in Dresden. Da hat mich aber, weil da gab es noch diese zentrale Vergabe von Studienplätzen habe ich nicht gekriegt, habe ich stattdessen nach Göttingen geschickt und da wollte ich nicht hin. Genau. Und deshalb bin ich in Konstanz gelandet. Aber eigentlich wollte ich schon nach Dresden und seitdem war ich auch nie da. Also ich habe die Frauenkirche noch in Trümmern gesehen und dann, als ich zu meinem Interview hierher kam, war sie das erste Mal dann wieder ganz für mich. Genau. Und warum Dresden? Also erst mal finde ich Dresden sowieso schön als Stadt und nett. Ich mag auch das ganze Drumherum, die Kultur, die die Menschen, auch die Bodenständigkeit, die da mitkommt und so und Dresden hat aber auch wissenschaftlich ein paar wirklich große Boni für jemanden wie mich. Das eine ist, weil wir sind sehr interdisziplinär, das heißt, wir brauchen halt viel aus verschiedenen Bereichen. Wir brauchen gute Molekularbiologen, wir brauchen gute Mediziner und wir brauchen die ganze Computerinfrastruktur und die Expertise drum herum. Und das ist tatsächlich das in der Kombination zu kriegen ist relativ schwierig. Du hast zwar dann zum Beispiel einen guten Ort für Molekularbiologie, aber dann ist da keine Medizin oder keine Patienten. Oder der Campus ist so zerstritten, dass man da nicht arbeiten möchte und so und in Dresden ist halt einfach alles von der Größe her so, dass es kollegial die. Die Mediziner wollen mit einem arbeiten. Die Kommunikation stimmt. Wir haben die ganze Computerinfrastruktur, die wir brauchen. Wir brauchen hier wirklich Hochleistungscomputer. Die sind alle da. Das funktioniert. Und dann haben wir hier die Max Planck Institute, die Molekularbiologen. Was tatsächlich schön wäre, wären ein paar mehr Genetikleute hier zu haben. Aber man kann halt auch nicht alles haben. Also man muss halt dann auch Kompromisse eingehen. Aber jetzt gerade auch im Genetikbereich entwickelt sich das toll.
Jonas Steinhäuser: Forschung heutzutage, insbesondere in deinem Bereich, funktioniert gar nicht mehr nur mit Molekularbiologinnen und -biologen, sondern das ist immer ein interdisziplinäres Feld, wo ganz viele Köpfe und Professionen zusammenkommen. Würdest du sagen, auch das ist eine Herausforderung für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler? Ich habe jetzt zum Beispiel Medizin studiert. Wenn ich mich jetzt mit einem Informatiker oder Physiker treffe, da hätte ich vermutlich viele Fragezeichen über dem Kopf. Aber eigentlich ist es ja das, was gebraucht wird. Oder dass man mit diesen Menschen auch reden kann mit diesen Professionen.
Dr. Anna Poetsch: Ja, aber man braucht nicht alles. Also die Sache ist, ich glaube, es gibt verschiedene Wege, das zu lösen. Es gibt die Leute, die quasi mehrere Disziplinen in einer Person vereinen und es gibt die Leute, die wirklich sehr spezialisiert sind in ihrem Bereich und man braucht beides. Besonders man braucht diese breiten Leute auch, um zu übersetzen. Aber ich denke, so ein richtiger Spezialist ist schon noch sinnvoll. Und das ist auch tatsächlich ein Gespräch, das ich häufig mit neuen Gruppenmitgliedern habe, weil die natürlich auch gucken, wie mache ich die Sachen? Und ich erkläre das immer ganz gerne so, dass quasi mein Wissen ist ein Schweizer Käse. Also es ist ein Käse, der ist sehr groß, aber da sind eine Menge Löcher drin und was wir machen ist quasi zwischen Medizin, Biologie und Informatik und ich weiß aber in diesem ganzen Bereichen nicht alles. Und wenn ich auf ein Loch stoße, dann überlege ich mir, lohnt sich das jetzt zu füllen? Oder lasse ich das Loch jetzt einfach mal da und suche mir ein anderes Loch? Das muss aber nicht heißen, dass das für jemand anders auch gut ist, weil das kann auch sehr schnell sehr frustrierend sein, weil du lange das Gefühl hast, du weißt gar nichts und dich unsicher fühlst. Und manche Leute brauchen das halt wirklich, dass sie einen Bereich haben, in dem sie sich so richtig auskennen und dann suchen sie sich diesen Bereich und dann erweitern die den in was auch immer für eine Richtung und grenzen dann an andere Gebiete, aber haben wirklich quasi ihr mentales Zuhause. Und die meisten Leute funktionieren so und ich finde das ist auch gut so und die brauchen wir auch. Aber wir brauchen halt wirklich Diversität. Also wir brauchen Diversität auf allen Ebenen. Wir brauchen Diversität, quasi wie Leute an Fragen herangehen, wie Leute funktionieren, wie Leute Sachen machen wollen. Und das kriegt man eben auch durch normale Diversität. Also das heißt, wir brauchen Leute mit unterschiedlichen Lebensläufen, mit unterschiedlichem Aufwachsen aus unterschiedlichen Teilen der Welt, unterschiedliche Welteinstellungen Usw. Und dann kriegen wir eben diese Mischung, die einfach dieses Glitzern quasi hervorruft.
Jonas Steinhäuser: Ja, ich habe jetzt davon gehört, dass es in Dresden eine neue Initiative gibt, um gerade eben die Krebsforschung ein bisschen zusammenzubringen. ONCOnnect heißt das, glaube ich. Kannst du mir dazu ein bisschen was erzählen?
Dr. Anna Poetsch: Ja, da sind wir auch Teil von. Das ist eine Initiative, um auch interdisziplinär die verschiedenen Teile der Krebsforschung zusammenzubringen. Also da haben wir verschiedene Wege, Krebs von verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Also ein Radioonkologie Teil, einen Personalized Oncology Teil und eben den Data Science Teil. Data Science, also Datenwissenschaft. Da sind wir mit Teil von zusammen mit Professor Jakob Kather der macht auch Eiforschung also der beschäftigt sich hauptsächlich mit Pathologiebildern und wir beschäftigen uns mit Genen und damit ist das sehr komplementär zueinander. Und im Rahmen dieses Programms haben wir jetzt eine gemeinsame Doktorandin, die einen relativ toughen Job hat. Jetzt sich sowohl in die Genetik einzuarbeiten als auch in die Bilder und dann das Ganze mit verschiedenen künstlichen Intelligenzmodellen zusammenzubringen, um eben Vorhersagen zu machen, wie sich also wie man welchen Krebs behandeln soll bzw. wie sich das weiterentwickelt.
Jonas Steinhäuser: Das finde ich ganz spannend. Da möchte ich noch mal daran anknüpfen, weil du hast gerade gesagt, Jakob Karther war ja auch schon Gast hier im Podcast und aus der letzten Ausgabe und er beschäftigt sich ja mit künstlicher Intelligenz und Bilddaten. Du beschäftigst dich ja jetzt mit künstlicher Intelligenz und Genomen und DNA, also letztendlich Text oder viele Buchstaben hintereinander. Wie kriegt man das unter einen Hut? Also künstliche Intelligenz gibt, kann ja normalerweise mit einer Form von Daten umgehen. Und jetzt muss auf einmal beides zusammenkommen.
Dr. Anna Poetsch: Ja, ich meine, wenn alle Stricke reißen. Was man immer machen kann, ist, dass man alle Daten in einen gemeinsamen Typ überführen kann. Also letztendlich kriegt man mit allem irgendwie eine Tabelle hin. Das heißt, wir können zum Beispiel Bilddaten konvertieren in zu sagen wie viel Prozent von irgendwas ist auf diesem Bild drauf. Das gleiche können wir mit den Genomdaten machen. Welche Gene werden wo benutzt und sind wie stark exprimiert oder welche Mutationen haben wir wie oft wo? Und dann haben wir plötzlich Daten, die harmonisierbar sind. Das wäre tatsächlich so, was wir machen können. Aber man kann natürlich jetzt auch Daten auf einem ganz anderen Level zusammenbringen. Eben mit diesen wirklich aufwendigen Transformer-Architekturen, die sowohl auf Bilddaten als auch auf Genomdaten funktionieren. Und bei Genomdaten ist das eben als Sequenzdaten und auf Bilddaten ist es mit Bildern und auch da kann man eben. Da wird es dann aber natürlich komplex von der Struktur der der Modelle kann man das auch direkt zusammenführen.
Jonas Steinhäuser: (...) Diese ganzen Daten zu gewinnen, zu generieren, zu bekommen, das ist ja glaube ich nichts, was ein Standort allein leisten kann. Habt ihr da internationale Kooperationen? Profitierst du von deiner Auslandserfahrung durch Netzwerke, die du geknüpft hast, um an diese Daten zu kommen? Um neuronale Netze, um eine künstliche Intelligenz zu trainieren. Und wie wichtig ist dieser Aspekt des Networkings, des Vernetzens sowohl in Deutschland, auch innerhalb eines Standorts nur in Dresden mit unterschiedlichen Professionen, aber eben auch weltweit. Wie wichtig ist das?
Dr. Anna Poetsch: Es kommt immer auf die Fragestellung an. Wir haben ein paar Fragestellungen, wo wir wirklich eine ganze Menge Daten brauchen von verschiedensten Patienten. Und da kriegen wir die Daten tatsächlich aus internationalen Datenbanken. Also es gibt wirklich Zehntausende an Krebsgenomen, die international verwendet werden können. Man braucht ja auch deshalb international, weil wenn man Schlussfolgerungen daraus trifft, möchte man ja auch, dass das weltweit zutrifft. Wenn ich jetzt alle Genomdaten aus Dresden kriegen würde, dann weiß ich quasi, wie das in einem Genom von einem Sachsen funktioniert, Aber das trifft dann nicht unbedingt zu auf einen Südvietnamesen. Und das ist natürlich auch wichtig, weil wir die Forschung natürlich auch so gestalten wollen, dass wir eben nicht diese Inbalancen, die wir sowieso in der Medizin schon haben, noch weiter treiben. Genau. Aber das sind halt diese Fragestellungen. Und dann gibt es aber spezialisiertere Fragestellungen, wo wir dann noch wirklich ganz gezielt Daten brauchen. Und da gibt es verschiedenste Netzwerke, also internationaler Natur. Aber jetzt besonders unsere größeren Netzwerke sind tatsächlich national. Also wir sind Teile der Dekade gegen Krebs, wo es ganz klar darum geht, Heterogenität und Resistenz in Sarkomen besonders zu untersuchen und da eben ganz viele verschiedene Datentypen für eine kleinere Anzahl an Patienten zu generieren, damit man wirklich tief die Entwicklung der Tumore versteht. Das ist hauptsächlich eben mit Gruppen in Dresden, aber auch in Heidelberg und in Köln und München und auch in Berlin. Genau. Also das sind dann solche Arten von nationalen Netzwerken. Und jetzt haben wir aber auch wirklich in Dresden ganz gezielt Kollaborationen, wo wir dann auch ganz flexibel sagen können okay, wir wollen jetzt genau diesen Tumor untersuchen, da werden dann Organoide gemacht, das sind so quasi kleine Tumore, die da aus diesem Tumor gezüchtet werden. Und da können wir dann aber wirklich sagen, wir möchten den jetzt so und so behandeln, wir möchten damit jetzt das und das machen. Und da messen wir zum Beispiel jetzt, welcher DNA-Schaden passiert von einer bestimmten Chemotherapie. Und dann können wir aber auch wirklich sagen Oh, könnt ihr bitte das mal machen? Könnt ihr bitte das mal machen? Weil die Daten möchten wir haben und so und wenn diese Kommunikation funktioniert, dann führt das wirklich zu Ergebnissen. Und da können wir jetzt eben die Daten aus den internationalen Datenbanken nehmen und das dann auch alles miteinander integrieren. Und so braucht man einfach alles. Also man braucht die kurzen Wege und die guten Kollaborationen vor Ort und man braucht aber auch die nationalen Kollaborationen und dann braucht man die großen internationalen Datenbanken, einfach um dann die großen Datenmengen zu bekommen.
Jonas Steinhäuser: Okay, das heißt, was ich aus der Antwort bei dir schon raushöre, dass ja innerhalb von Deutschland die Vernetzung eigentlich schon gut klappt. Du hast ja Erfahrungen aus England, Japan und Österreich. Richtig? Fehlt noch was in der Liste von.
Dr. Anna Poetsch: Äh, nee.
Jonas Steinhäuser: Das reicht ja auch. Das heißt, du hast schon ganz viele, auch unterschiedliche Forschungssysteme kennengelernt und bist jetzt Arbeitsgruppenleiterin in der deutschen Forschungsinfrastruktur. Was ist so dein Eindruck? Was können wir also? Was funktioniert hier besonders gut? Vielleicht um die positiven Sachen zu sagen. Aber auch Was können wir von anderen Ländern, die hochqualitative Forschung machen lernen?
Dr. Anna Poetsch: Also was richtig gut funktioniert, ist wirklich die Kommunikation, also wirklich auch die direkte Kommunikation. Das ist auch, was ich wirklich schätze. Also ich arbeite sehr stark mit Daniel Stange zusammen. Der ist Chirurg für gastrointestinale Erkrankungen. Der hat viel zu tun, weil er den größten Teil seines Tages im OP steht. Das heißt, es wird einfach ganz klar kommuniziert. So machen wir das, dann machen wir das und gut ist.
Jonas Steinhäuser: Typisch Chirurg.
Dr. Anna Poetsch: So, ja oder nein? Okay, gut. Wir gehen vorwärts. So in der Art, und das schätze ich sehr. Und das ist auch was, was ich bisher so in dem so noch nicht hatte, was in Deutschland tatsächlich für Leute wie mich ein Dilemma ist, ist, dass ich auf der einen Seite tatsächlich wirklich für Datenschutz usw. Das finde ich wichtig, Das finde ich toll, besonders auch in der jetzigen Zeit. Und das ist es ist wirklich wichtig, dass man das beschützt. Aber es hat zum Beispiel auch zur Konsequenz jetzt gerade auch in der Zeit der COVID-Forschung, da war ich auch mit dabei. Da waren eigentlich alle Krebsgenomiker in Deutschland auch mit involviert. In gewisser Weise, dass wir halt die Daten nicht tauschen können zwischen den Unikliniken. Das heißt, das sind eigentlich meistens wollen die Patienten eigentlich, dass wir daraus Erkenntnisse gewinnen und sie möchten eigentlich, dass wir die Daten tauschen können, aber dann dürfen wir das halt nicht. Und das ist tatsächlich ein Problem, um jetzt eben große Datenmengen in Deutschland selbst zu generieren, die dann der Forschung zur Verfügung stehen. Einfach weil, weil der Datenschutz uns Hürden in den Weg legt, die keiner will. Also das wollen die Patienten nicht, das wollen eigentlich die die Leute, von denen die Daten kommen, wollen das nicht. Aber das macht uns halt die Arbeit schwer. Und ich habe da auch keine goldene Lösung für. Aber ich denke, dass man im akademischen Bereich sich Sachen überlegen muss, dass man dann auch sagt, das ist jetzt ja auch nicht eine große Firma, dass wir das auf die andere Seite der Welt schicken und das jetzt für irgendwas benutzen. Wir geben ja eh unsere ganzen Daten an Google und Co relativ freiwillig. Aber die lokalen Unikliniken können nicht unbedingt mit den Daten Forschung machen, wie die Patienten das eigentlich selbst wollen. Und das ist tatsächlich einer der großen Standortnachteile Deutschlands für die Art von Forschung.
Jonas Steinhäuser: Weil das zum Beispiel jetzt in England, also ich denke UK Biobank ist ja vielleicht so ein Begriff, der da fallen würde, wo das besser funktioniert.
Dr. Anna Poetsch: Also ich glaube, die Datenschutzregeln in England sind tatsächlich ähnlich strikt, aber die UK Biobank ist so ein Großprojekt, wo der Wellcome Trust und eine ganze Menge andere Organisationen einfach eine Menge Geld in die Hand genommen haben und gesagt okay, wir bauen das jetzt auf Und ich meine, das wäre jetzt natürlich auch was, was in Deutschland möglich wäre, dass sich alle möglichen Funding Organisationen zusammentun und sagen wir machen das jetzt. Ich meine die UK Biobank. Ich glaube, ich habe letztens eine Zahl gesehen 50 Millionen, die da reingeflossen sind. Das ist natürlich auch ordentlich Geld.
Jonas Steinhäuser: Das heißt, das wäre was, was Deutschland lernen könnte. Davon mehr Geld in die Hand zu nehmen, um eine zentrale Lösung aufzubauen und so was, um so was dann eben zu verhindern, dass einzelne Unikliniken einzelne Standorte aufgrund von datenschutzrechtlichen Bedenken oder anderen Problemen lieber zurückhaltend sind.
Dr. Anna Poetsch: Da muss man sich schon auch überlegen, ob das jetzt die effizienteste Methode ist, etwas Zweites aufzubauen. Ich meine, die UK Biobank ist eine tolle Sache und da können jetzt viele von profitieren. Ob wir das jetzt alles gleich nachbauen müssen, ist noch eine andere Frage. Ich glaube, wenn man jetzt wirklich Kosten-Nutzen rechnet, ist tatsächlich die Digitalisierung das, was uns jetzt am weitesten bringen würde. Dass man einfach sagt, man hat die Patientenakten digital, man kann die sammeln, man hat entsprechend das auch organisiert, was man benutzen darf, was man nicht benutzen darf, dass man das teilen darf, dass man es teilen kann, technisch und so einfach wirklich die die Infrastruktur aufzubauen der Digitalisierung in der medizinischen Forschung vernünftig funktioniert usw. Das würde uns momentan, glaube ich richtig, richtig weit bringen.
Jonas Steinhäuser: Also da würdest du sagen, weil das sind ja Daten, die wir schon im klinischen Kontext erheben. Wenn jemand im Krankenhaus ist und Tests gemacht werden, landen die dann in einem Krankenhausinformationssystem, sind dort auch sicherlich datenschutzrechtlich gut geschützt, aber stehen nicht der Forschung zur Verfügung, sind nicht anonymisiert irgendwo zentral gelagert. Das wäre also was, was du dir wünschen würdest.
Dr. Anna Poetsch: Genau. Und auch einfach, dass diese Daten aufbereitet werden. Also man muss dann halt schon auch klinische Dokumentare haben, die dann auch wirklich dafür sorgen, dass das die Daten gut sind, dass da alles stimmt, dass jetzt nicht Daten falsch drinstehen, weil viele Ärzte natürlich auch nicht die Zeit haben, da jetzt wahnsinnig viel Zeit reininvestieren.
Jonas Steinhäuser: (...) Willst du den Gedanken noch zu Ende führen?
Dr. Anna Poetsch: Was auch wichtig ist, ist, dass es attraktiv ist, zum Beispiel auch für die Ärzte, das gut zu machen. Auch die Dokumentation gut zu machen. Die haben eigentlich, die haben wenig Anreiz, sich da jetzt reinzuknien, das gut zu machen, außer wenn sie eben auch wissen, dass damit Leute dann gute Sachen mitmachen können und eben auch, dass es Kommentare gibt, die die Daten aufbereiten usw. Also es ist, man sollte sich wirklich überlegen, was kann man machen, damit diese Sachen einfach flüssiger funktionieren, sowohl technischer Natur als auch eben die Anreize bieten, dass sich zum Beispiel auch mehr Ärzte für Forschung interessieren und dann eben auch sehen, wo der Benefit ist, wenn sie wirklich die Daten schön aufbereiten.
Jonas Steinhäuser: Okay, ich habe noch zwei Fragen vorbereitet. Die eine wäre: Du bist ja jetzt Arbeitsgruppenleiterin. Im wissenschaftlichen Kontext würde man wahrscheinlich sagen Du, du hast es geschafft. Also du hast die Hürde des Studiums genommen, des Bachelors, des Masters genommen, einen PhD gemacht, Erfahrungen gesammelt und jetzt leitest du deine eigene Arbeitsgruppe. Was würdest du jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern mitgeben, die vielleicht jetzt im Masterstudium sind? Woran können die arbeiten, um deinen Weg mitzugehen? Was sind so Erfahrungen, die du mit denen teilen würdest und Ratschläge, die du geben würdest?
Dr. Anna Poetsch: Ich glaube, das Wichtigste für jeden jungen Wissenschaftler oder für jeden Menschen generell tatsächlich ist, sich selbst kennenzulernen, was man will. Ich finde auch nicht, dass jeder jetzt unbedingt an die Wissenschaft gehen muss. Aber was wirklich wichtig ist, ist, dass die jungen Wissenschaftler einfach auch sich selbst kennenlernen. Was ist ihnen wichtig? Was wollen sie und wo wollen Sie eigentlich hin mit Ihrem Leben? Weil man doch sehr viel sieht, dass viele sehr spät zu dieser Entscheidung kommen. Also auch, dass Doktoranden anfangen, aber eigentlich gar nicht richtig wissen: Wollen sie das jetzt eigentlich? Und dann relativ frustriert werden in der Doktorarbeit und sowas. Das sieht man relativ häufig, einfach weil viele halt auch nicht wissen, dass ihr Weg einfach auch eventuell ein ganz anderer ist als der von anderen. Und dass man, dass es das Wichtigste ist eigentlich zu diesem Entschluss zu kommen. Wer bin ich eigentlich? Was will ich eigentlich? Was bedeutet mir was? Und dass man sich auf diesen Weg begibt und eben aber auch zum Beispiel dann Entscheidungen wie zum Beispiel möchte ich eine Wissenschaftlerkarriere, möchte ich Familie? Es ist hart, das beides zu machen. Möchte ich beides? Wenn ich beides möchte, wie kann ich das eigentlich hinkriegen, so dass das eben auch machbar ist? Oder wenn mir halt das eine dann halt auch wichtiger ist als das andere? Gibt es, gibt es einfachere Wege, die trotzdem das erfüllen, was mir eigentlich was bedeutet. Und damit kann man einfach eine Menge Frustration auch abwenden, weil viele kommen halt zu dem Entschluss Wer bin ich eigentlich? Wo will ich eigentlich hin? Was will ich eigentlich mit meinem Leben, relativ spät und das ist fast ein bisschen schade, weil je früher man das rauskriegt, desto mehr hat man von dem Leben, was man haben will.
Jonas Steinhäuser: Und zum Abschluss Ich habe dir jetzt ganz viele Fragen gestellt und das Gespräch so ein bisschen geleitet. Ich möchte dir eigentlich noch mal den Raum geben. Gibt es noch irgendwas, was du loswerden möchtest, was du sagst, das haben wir heute nicht besprochen. Das wäre mir ganz wichtig, sowohl den Zuschauern und Zuschauerinnen hier als auch der Podcastwelt da draußen mitzuteilen.
Dr. Anna Poetsch: Ja, mir fällt da jetzt tatsächlich gar nicht so wirklich was ein.
Jonas Steinhäuser: Ja gut, dann. Dann heißt das auch, dass wir all die wichtigen Fragen und all die wichtigen Themen vielleicht heute beantwortet haben. Und dann danke ich dir ganz herzlich, dass du dir Zeit genommen hast. Vielen Dank an das Publikum hier vor Ort, an die Menschen draußen, an den Empfangsgeräten und natürlich auch an die Band für die musikalische Begleitung. Und wir freuen uns auf den nächsten Podcast. Wenn es dann wieder heißt You ask We explain.
Dr. Anna Poetsch: Und vielen Dank für die Moderation.
Jonas Steinhäuser: Gerne.
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© André Wirsig

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When: October 18, 2023, 6:00 - 7:00 pm
Where: Ballroomstudios (Hopfgartenstraße 1a)
Our speaker:
- Dr. Anna Poetsch - Research group leader at BIOTEC with the Biomedical Genomics working group
Moderator: Jonas Steinhäuser
This project is funded by the Federal Ministry of Education
and Research (BMBF) and the Free State of Saxony as part of the Excellence Strategy of the
Federal and State governments.