16.01.2020
Klinisch forschenden Nachwuchs stärken, heißt die Therapien von morgen entwickeln
Noch vor 30 Jahren bedeutete eine Krebsdiagnose in den meisten Fällen ein Todesurteil. Nur intensive kliniknahe Forschung hat es möglich gemacht, gezielte Therapien zu entwickeln, die die Heilungschancen heute deutlich verbessern. So können jetzt etwa die Hälfte aller Krebspatienten geheilt werden. Das ist jedoch kein Zustand, auf dem man sich ausruhen sollte. Eine konsequente Forschung rund um klinische Fragestellungen ist die Voraussetzung für eine zukunftsfähige und patientenorientierte Versorgung.
Doch diejenigen, die eben jene Forschung realisieren können, bleiben aus. Immer weniger Ärzte entscheiden sich für eine Kombination aus Klinik und Forschung. Die Gründe dafür sind vielfältig. Der Spagat zwischen einer bestmöglichen ärztlichen und gleichzeitig wissenschaftlichen Ausbildung ist oft zu groß. Zusätzlich fehlen klare Karriereperspektiven und forschungsfreundliche Arbeitsbedingungen für das Berufsfeld des sogenannten „Clinician Scientists“. Doch dieses Problem bleibt nicht ungesehen und Fördergeber wie die DFG, BMBF und auch Stiftungen reagieren vermehrt mit Förderprogrammen.
So auch die Deutsche Krebshilfe. Mit ihrem Programm der “Mildred-Scheel-Nachwuchszentren” wird über einen Zeitraum von fünf Jahren mit 10 Mio. Euro die Etablierung klinisch forschender Arbeitsgruppen in fünf deutschen onkologischen Spitzenzentren gefördert. Dazu gehört seit Anfang 2019 auch die Medizinische Fakultät der TU Dresden. Mit dem Konzept „P²- Personalisierte Karriereplanung in der Präzisionsonkologie“ werden onkologisch-forschende Ärzte und Grundlagenwissenschaftler durch die Förderung einer eigenen Nachwuchsgruppe unterstützt. „Wir wollen für unsere forschenden Ärzte eine planbare wissenschaftliche Karriere in der Hochschulmedizin schaffen und gleichzeitig Grundlagenwissenschaftlern einen tieferen Einblick in den klinischen Alltag geben “, sagt Prof. Martin Bornhäuser, Klinikdirektor der Medizinischen Klinik 1 und Sprecher des Programms. So erhalten die Geförderten neben finanzieller Unterstützung auch wissenschaftlichen und administrativen Support. Ein begleitendes Mentoringprogramm ermöglicht den Nachwuchswissenschaftlern von der Expertise erfahrener Gleichgesinnter aus Klinik und Forschung zu profitieren. Weiterer wichtiger Aspekt des Programmes ist die Zusammenarbeit zwischen beiden genannten Berufsgruppen, die sich auch im Team für die Förderung bewerben können.
Und es funktioniert! „Wir konnten bereits im ersten Jahr viele unserer Programmziele umsetzen“, sagt Prof. Martin Bornhäuser. So erforschen die vier ersten Arbeitsgruppen beispielsweise den Stoffwechsel einzelner Krebszellen, bilden Mini-Tumore in Kultur nach, charakterisieren die Immunzellpopulationen in Krebspatienten, und nutzen Immunzellen zur Therapie in der Onkologie. Dabei wurde für jeden Nachwuchsforscher eine individuelle Lösung gefunden. Ein Beispiel ist das Team um Dr. med. Sebastian Garcia, der begleitend zu seiner chirurgischen Facharztweiterbildung gemeinsam mit dem Molekularbiologen Dr. Jovan Mircetic an Therapiemöglichkeiten für aggressive Magenkarzinome forscht - ein wirklich translationaler Ansatz. Denn der Assistenzarzt kann im OP gewonnene Patientenproben im Forschungslabor mit den neuesten Methoden untersuchen.
Und man hat noch viel vor. Für das Jahr 2020 stehen erneut Rekrutierungen von Forschungsgruppenleitern an. „Wir freuen uns auf translationale und interdisziplinäre Projekte, bei denen wir die Forschungsvorhaben an verschiedenen Kliniken und Forschungsinstituten des Biomedizinischen Campus der TU Dresden realisieren können.“ sagt Frank Buchholz, Professor für Medizinische Systembiologie und ebenfalls Sprecher des MSNZ. Zudem soll es viele Möglichkeiten geben, sich zu vernetzen. Bei Retreats, Summer schools und Meetups finden die Ärzte und Wissenschaftler geeignete Plattformen um ins Gespräch zu kommen. „Know-how und Alltagswissen sollen transportiert werden. Das geht am besten im persönlichen Austausch.“, so Martin Bornhäuser. Langfristig sollen die geschaffenen Strukturen in die Campusstrukturen integriert und von der Hochschule getragen werden.