LTR-Retrotransposons
LTR-Retrotransposons sind die am weitesten verbreiteten TEs in pflanzlichen Genomen. Sie vermehren sich durch reverse Transkription eines RNA-Intermediates, wodurch die Kopienzahl eines Elements sehr schnell ansteigen und es zu einer enormen Vergrößerung des pflanzlichen Genoms kommen kann. LTR-Retrotransposons können der Genomvergrößerung durch illegitime Rekombination aber auch entgegenwirken. Flankiert werden sie von Long Terminal Repeats (LTRs), die die Promotorregion für die reverse Transkription enthalten. Die essentiellen Proteine für die reverse Transkription und Integration der neuen LTR-Retrotransposon-Kopie werden im gag-pol-Polyprotein in einem oder zwei Open Reading Frames (ORFs) codiert. Anhand der Reihenfolge der codierten Proteine werden LTR-Retrotransposons in die Ty3-gypsy Familie (Metaviridae), die Ty1-copia Familie (Pseudoviridae), und die BEL-Pao Familie unterteilt, wobei letztere bislang nur in Genomen von Metazoen beschrieben wurde.
Am Lehrstuhl für Zell- und Molekularbiologie der Pflanzen wird untersucht, welchen Einfluss LTR-Retrotransposons auf die Struktur und Evolution eines Genoms ausüben. Hierfür untersuchen wir LTR-Retrotransposons in Pflanzengenomen der Gattungen Beta und Patellifolia auf struktureller und funktioneller Ebene, insbesondere hinsichtlich eingeschränkten Vorkommens (centromerische Retrotransposons) oder besonderer Merkmale (env-like ORF).
Ihre transkriptionelle Aktivität, die Konservierung ihrer Sequenz innerhalb der Familie und die Lokalisation im centromerischen Heterochromatin lassen vermuten, dass LTR-Retrotransposons einen bedeutenden Bestandteil des Centromers von P. procumbens-Chromosomen darstellen.
Die Akkumulation in spezifischen Chromosomenregionen, insbesondere stillgelegtem Heterochromtain, lässt sich vermutlich auf unterschiedliche Integrationsmechanismen zurückführen. So könnte das Vorhandensein einer zusätzlichen Chromo-Domäne (CD) am C-Terminus die gezielte Integration von LTR-Retrotransposons ins Wirtsgenom vermitteln. Ty3-gypsy-Retrotransposons, die eine Chromo-Domäne besitzen, werden als Chromoviren bezeichnet. In Pflanzen existieren vier Chromovirus-Kladen (CRM, Tekay, Galadriel, Reina), wobei sich die Chromo-Domäne der centromerischen Ty3-gypsy-Retrotransposons (CRs) erheblich von den übrigen unterscheidet.
In pflanzlichen Genomen wurden darüber hinaus LTR-Retrotransposons identifiziert, die einen zusätzlichen ORF downstream des gag-pol-Polyproteins besitzen. Diese LTR-Retrotransposons sind mit den Retroviren verwandt; der zusätzliche ORF enthält Domänen, die von den envelope (env)-Genen der Retroviren abgeleitet sind. Env-like-Retrotransposons existieren sowohl in der Ty3-gypsy Familie (Errantivirus), als auch in der Ty1-copia Familie (Sirevirus). Vertreter beider Familie wurden in Beta Species durch das Screening von BAC- und cot1 DNA-Banken charakterisiert.
Zugehörige Publikationen
- Weber et al. (2013): Highly diverse chromoviruses of Beta vulgaris are classified by chromodomains and chromosomal integration. Mobile DNA, 4:8. read article
- Wollrab et al. (2012): Evolutionary reshuffling in the Errantivirus lineage Elbe within the Beta vulgaris genome. Plant Journal, 72:636-651 read article
- Weber et al. (2010) :The Ty1-copia families SALIRE and Cotzilla populating the Beta vulgaris genome show remarkable differences in abundance, chromosomal distribution, and age. Chromosome Research, 18:247-263. read article
- Weber and Schmidt (2009): Nested Ty3-gypsy retrotransposons of a single Beta procumbens centromere contain a putative chromodomain. Chromosome Research, 17:379-396 read article