30.10.2025
UN-Tag 2025 in Dresden: Bildung im Fokus – Wege zu mehr Chancengleichheit in MINT-Berufen
Mit einer feierlichen Veranstaltung unter dem Motto „Bildung gestaltet Zukunft“ kamen am 24. Oktober 2025 Institutionen, Initiativen und interessierte Bürger:innen der Dresdner Zivilgesellschaft im Rathaus der Stadt Dresden zusammen, um gemeinsam den Tag der Vereinten Nationen zu begehen.
Neben dem Fokus auf aktuelle Herausforderungen stellte die Veranstaltung die Themen geschlechterspezifische Ungleichgewichte bei der Berufswahl sowie den bestehenden Gender Gap in den MINT-Fächern – Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik in den Mittelpunkt.
Ziel des Austauschs war es, konkrete Wege aufzuzeigen, wie das UN-Nachhaltigkeitsziel 4 „Hochwertige Bildung“ auch auf lokaler Ebene gefördert werden kann. Diskutiert wurden unter anderem Maßnahmen zur frühzeitigen Förderung von Mädchen in naturwissenschaftlich-technischen Bereichen und die Rolle von Bildungseinrichtungen bei der Chancengleichheit.
Der diesjährige UN-Tag stand aber auch im Zeichen zweier Jubiläen. Gefeiert wurde sowohl die Gründung der Vereinten Nationen am 24. Oktober 1945 vor 80 Jahren als auch das 50-jährige Bestehen der Universität der Vereinten Nationen (UNU). Seit einem halben Jahrhundert setzt sich die UNU weltweit für Wissen, Bildung und evidenzbasierte Lösungen ein, um eine nachhaltigere und friedlichere Zukunft zu gestalten.
Festveranstaltung und Preisverleihung
Jan Donhauser, Erster Bürgermeister der Landeshauptstadt Dresden und Beigeordneter für Bildung, Jugend und Sport, eröffnete die Zeremonie und hob in seinem Grußwort hervor, dass gerade in Zeiten multipler Krisen Bildung und gesellschaftliches Engagement zentrale Pfeiler einer friedlichen und gerechten Zukunft seien. Bildung dürfe jedoch nicht allein der individuellen Entwicklung dienen, sondern müsse immer auch ein Beitrag zum Zusammenhalt der Gesellschaft sein.
Jan Donhauser, Erster Bürgermeister der Landeshauptstadt Dresden und Beigeordneter für Bildung, Jugend und Sport
Donhauser betonte zudem die Bedeutung von Chancengleichheit und verwies auf bestehende Herausforderungen wie Armut, Krieg, Klimawandel, soziale Ungleichheit und den zunehmenden Fachkräftemangel, der auch in Dresden spürbar ist. Um dem entgegenzuwirken, setzt die Stadt auf gezielte Investitionen in Bildung und Ausbildung wie z.B. den Neubau des Berufsschulzentrums Elektrotechnik.
Abschließend gratulierte Herr Donhauser den Preistägerinnen und Preisträgern zu ihren Auszeichnungen und bedankte sich für deren Engagement.
Im Anschluss eröffnete Prof. Dr. Christian Leßmann (Professur für Volkswirtschaftslehre, insb. Internationale Wirtschaftsbeziehungen, Technischen Universität Dresden (TUD)) die Diskussion.
Prof. Dr. Christian Leßmann (Professur für Volkswirtschaftslehre, insb. Internationale Wirtschaftsbeziehungen, Technische Universität Dresden)
In seinem kurzen Impuls machte Leßmann deutlich, dass ein hohes Bildungsniveau entscheidend für wirtschaftliches Wachstum und gesellschaftlichen Wohlstand sei, sowohl global wie auch lokal. Dies lasse sich u.a. an der Korrelation zwischen Testergebnissen von Schülerinnen und Schülern in typischen Bildungstests wie Pisa und der Wachstumsrate von Ländern erkennen. Darüber hinaus verwies er auf sinkende Kompetenzwerte in Deutschland, wachsende soziale Ungleichheiten beim Bildungserfolg und anhaltende Geschlechterunterschiede in MINT-Fächern. Besonders betonte Leßmann den engen Zusammenhang zwischen Bildungsgerechtigkeit, sozialem Status und den langfristigen Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Mit Blick auf den zunehmenden Fachkräftemangel sind dies alles Themen, die an Bedeutung gewinnen.
In der anschließenden Podiumsdiskussion beleuchteten Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft und Wirtschaft verschiedene Perspektiven auf Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit.
Paneldiskussion beim UN-Tag 2025: v.l.n.r.: Prof. Christian Leßmann, TUD; Frank Bösenberg, Silicon Saxony; Henriette Greulich, ZiLL; Prof.in Kamila Cygan-Rehm, TUD; Prof.in Edeltraud Günther, UNU-FLORES
Laut Prof.in Dr. Edeltraud Günther (UNU-FLORES) wählen Frauen in vielen Ländern MINT-Fächer, weil sie darin Unabhängigkeit und Entwicklungsmöglichkeiten sehen. In ärmeren Ländern, wie Indien oder in afrikanischen Staaten, sind Frauenanteile in diesen Bereichen oft höher. Herausforderungen bestehen dort vor allem in der fehlenden Laborausstattung. Die Vereinten Nationen fördern daher neue Ansätze, um MINT-Ausbildung auch ohne Labore zu ermöglichen. Auffällig sei zudem das sogenannte „Gleichstellungsparadox“, bei dem in Ländern mit hoher Gleichstellung, wie z.B. Skandinavien, weniger Frauen MINT-Fächer studieren.
Prof.in Dr. Kamila Cygan-Rehm (TUD) betonte, dass soziale Ungleichheiten schon vor dem Kindergarten beginnen und insbesondere Familien aus bildungsfernen Schichten oft strukturelle Hürden beim Zugang zu frühkindlicher Betreuung erleben. Sie forderte transparentere und niedrigschwellige Verfahren bei der Kita-Platzvergabe, um gleiche Startchancen für alle Kinder zu ermöglichen.
Henriette Greulich (Zentrum für interdisziplinäres Lernen und Lehren (ZiLL)) wies darauf hin, dass Unterschiede in mathematisch-naturwissenschaftlichen Fähigkeiten bereits in der Schulzeit entstehen und an Hochschulen nur bedingt ausgeglichen werden können. Programme zur Studienorientierung und zum Abbau von Einstiegshürden seien wichtige Instrumente, um insbesondere junge Frauen für MINT-Fächer zu gewinnen. Zugleich mahnte sie, Geschlechterrollen nicht zu verfestigen und mehr interdisziplinäre Ansätze zu fördern, die technische und gesellschaftliche Kompetenzen verbinden.
Als Beitragender aus der Praxis gab Frank Bösenberg, Geschäftsführer Silicon Saxony, Einblicke in seinen Erfahrungsschatz. Die Silicon Saxony ist ein eingetragener Verein mit Sitz in Dresden, der das Ziel verfolgt, die Wirtschaftsregion Sachsen als Standort für Mikroelektronik national und international zu stärken. Bösenberg betonte in der Diskussion die zentrale Rolle der MINT-Fächer für die Bewältigung globaler Herausforderungen. Ingenieurwissenschaften und angewandte Naturwissenschaften seien unverzichtbar, um technologische und gesellschaftliche Probleme zu lösen. Gleichzeitig machte er deutlich, dass es in der Ausbildung nicht nur auf fachliche Exzellenz, sondern auch auf Kommunikations- und Teamfähigkeit ankomme. Dies seien Kompetenzen, die im Studium bislang zu wenig vermittelt würden.
Bösenberg sprach sich zudem für eine stärkere Wertschätzung der beruflichen Ausbildung aus. Neben akademischen Abschlüssen seien auch qualifizierte Fachkräfte entscheidend, um den Bedarf der Industrie zu decken und junge Talente in der Region zu halten. Er plädierte dafür, alternative Karrierepfade als gleichwertig anzuerkennen.
Mit dem Blick auf globale und lokale Perspektiven betonten die Teilnehmenden, dass Bildung der Schlüssel zu gesellschaftlichem Fortschritt und Gleichberechtigung sei und dass es gemeinsames Engagement brauche, um dieses Ziel zu erreichen.
Bürgermeisterpreis übergeben von der zweiten Bürgermeisterin Eva Jähnigen an die Initiative „Chancen für die Chancenlosen"
Im Rahmen der Feierlichkeiten zum UN-Tag fand auch die Preisverleihung für besondere Beiträge zur nachhaltigen Entwicklung Dresdens statt, die bereits im 26. Jahr von der Lokalen Agenda für Dresden e.V. und dem Lions Club Dresden Agenda 21 organisiert wird. In diesem Jahr erhielten vier regionale Initiativen den renommierten Lokale Agenda Preis.
Musikprojekt Musaik e.V.
Die musikalische Untermalung der Festveranstaltung erfolgte durch das soziale Musikprojekt Musaik e. V., dessen Ziel es ist, Kindern und Jugendlichen aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten und kulturellen Kreisen neue Perspektiven zu eröffnen, ihnen Zugang zu musikalischer Bildung zu verschaffen und soziale Integration und kulturelle Teilhabe zu fördern.
Zudem wurde die BNE Sachsen-Ausstellung der Kuratorin Sophia Schott (ZukunftsAkademe Leipzig e. V.) gezeigt, die unter dem Motto „Wege zur Bildung für Nachhaltige Entwicklung – Gute Beispiele und praktische Impulse.” steht. Die Ausstellung möchte alle Besuchenden ermutigen, BNE in die eigene Arbeit stärker zu integrieren und vielleicht selbst zum nächsten guten Beispiel zu werden.
Zu den Organisierenden des Tags der Vereinten Nationen in Dresden gehören neben UNU-FLORES die Lokale Agenda 21 für Dresden e. V., die Landeshauptstadt Dresden, die Technische Universität Dresden und deren Zentrum für Internationale Studien (ZIS), die Gesellschaft für die Vereinten Nationen Landesverband Sachsen, Sachsen-Anhalt & Thüringen und der Lions Club Dresden Agenda 21 e. V..
Die Veranstaltung wurde live auf dem YouTube-Kanal der Landeshauptstadt Dresden übertragen. Eine Aufzeichnung der Veranstaltung ist auch im Nachgang über denselben Link verfügbar.
Die Veranstaltung startet ca. ab der 40. Minute.