30.06.2023
Mit Lernhappen aus der Wissenschaft zu unternehmerischen Magneten
Dagmar Möbius
Wenn junge Leute die Region verlassen und verbleibende Arbeitskräfte immer älter werden, müssen sich Firmen etwas einfallen lassen, um attraktiv zu bleiben. Doch im unternehmerischen Alltag fehlen dafür meist Zeit und Ressourcen. Das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderte Projekt „Cultural fit“ setzt dort an.
„Der Fachkräftemangel ist in der Oberlausitz nochmal etwas ganz anderes“, sagt Stefanie Hanke. Die promovierte Betriebswirtin mit Schwerpunkt Marketing und Unternehmenskommunikation ist im Dreiländereck zu Hause. Hier hat sie studiert, hier lebt sie. Seit 2007 ist sie am IHI tätig, aktuell als Referentin des Studiendekans und lange Zeit auch als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Produktionswirtschaft und Informationstechnik. Außerdem ist sie Alumni-Beauftragte und hat noch „einige andere Aufgaben am Institut“, wie sie lachend sagt.
„Es muss auf beiden Seiten matchen“
Für viele Oberlausitzer Betriebe ist der Fachkräftemangel eine Existenzfrage. Aber wie kann ein Unternehmen ein Alleinstellungsmerkmal schaffen, das nicht kopiert werden kann und so Mitarbeiter finden, binden oder zurückgewinnen? „Personal immun gegen Abwerbeversuche zu machen, gelingt nur, wenn sich die Arbeitskräfte langfristig auf eine Beziehung mit dem Arbeitgeber einlassen. Dafür müssen die Werte zueinander passen“, erklärt Dr. Stefanie Hanke. Welche Rolle spielen Hierarchien? Müssen Überstunden geleistet werden? Wie wird mit Konflikten umgegangen? „Es muss auf beiden Seiten matchen.“ Stimmt die Chemie zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden, bleiben Mitarbeitende treu, sind mit ihrer Arbeit zufriedener, produktiver und seltener krank. Die Fluktuation ist gering und die Innovationsfreude größer.
Maßnahmen müssen ins Tagesgeschäft passen
Das wissenschaftliche Konzept Cultural fit steht für kulturelle Übereinstimmung oder Passung. „Wir kennen die Region und vermitteln das Konzept in Weiterbildungen und in Praxisphasen in den Unternehmen im Landkreis Görlitz“, sagt Stefanie Hanke. Das im März 2023 im Rahmen des STARK-Förderprogramms nach zweijähriger Antragsphase gestartete Projekt wird von Professor Thorsten Claus und Prof. Remmer Sassen geleitet und läuft bis August 2026. Zehn Prozent der Fördersumme von rund 530.000 Euro muss das Internationale Hochschulinstitut selbst aufbringen. Partnerfirmen lernen, langfristige, tragfähige und für beide Seiten zufriedenstellende Mitarbeiterbeziehungen aufzubauen. Mit Lernhappen von zwei bis drei Stunden wird auf die knappe Zeit der Führungskräfte und Personalverantwortlichen Rücksicht genommen. Methoden und Theorien müssen im Tagesgeschäft realisierbar sein. „Wir entwickeln nichts, was nicht passt“, lautet der Anspruch.
Solides Fundament für Mitarbeiterbindung
Die Unternehmen werden zu Change Agenten in „Cultural fit“ ausgebildet. Dazu gehört, offen dafür zu sein, eigene Prozesse zu überprüfen. Zahlreiche Unternehmen und Behörden der Oberlausitz unterstützen das Projekt, beispielsweise die QESTIT AG, ATN Hölzel GmbH; OKA Büromöbel GmbH & Co. KG, die Trixi Park GmbH und die Bundesagentur für Arbeit sowie Politikerinnen und Politiker.
„Mitarbeiterbindung ist mir ein persönliches Anliegen“, sagt Dr. Stefanie Hanke. „Menschen sind keine kleinen Automaten, an denen man ständig drehen kann. Wir müssen uns fragen: Geht es uns allen in der Organisation noch gut?“ Als Allheilmittel und Ad-hoc-Lösung möchte sie „Cultural fit“ nicht verstanden wissen. Aber als solides Fundament, das erarbeitet werden kann und sich auszahlt.
Kontakt:
Cultural Fit für gelingendes Employee-Relationship Management
Dr. Stefanie Hanke
Tel.: +49 3583-6124199
(*) Die in diesem kreierten Instagrammbeitrag enthaltenen Bilder haben folgende Quellen: Hagenwerder (Görlitz): Schaufelradbagger 1452 vom stillgelegten Braunkohletagebau: https://bit.ly/3GWlUjw, Urheber: Jörg Bobelt; Tagebau Turów von Süden (Sept. 2021): https://bit.ly/3CH67Cm; Berg Oybin im Zittauer Gebirge: https://bit.ly/3CFkqaA, Urheberin Kora27; Postplatz in Görlitz: https://bit.ly/3IHQ9ff, Urheber Südstädter