14.08.2024
Trauer um den Wegbereiter der Internationalen Studien
Prof. Ulrich Fastenrath
Der Gründer und Initiator des Zentrums für Internationale Studien (ZIS) und des Studiengangs „Internationale Beziehungen" ist kürzlich verstorben. Prof. Reiner Pommerins Vision war es, Studierende auf Tätigkeiten in aller Welt vorzubereiten: interdisziplinär und international ausgerichtet, mit einem obligatorischen Auslandsstudium, kombiniert mit einer Ausbildung in modernen Sprachen.
Als Inhaber des Lehrstuhls für Neuere und Neueste Geschichte an der TU Dresden von 1992 bis 2008 war er in besonderer Weise mit dem Studiengang „Internationale Beziehungen (IB)“ und dem ZIS verbunden. Er gehörte nicht nur zu den Gründerinnen und Gründern; er war es, von dem die Initiative dazu ausging. Seine Idee war ein Studiengang mit Modellcharakter, der Studierende auf Tätigkeiten in aller Welt vorbereitet und nach amerikanischem Vorbild organisiert ist: interdisziplinär und international anschlussfähig, mit einem obligatorischen Auslandsstudium, kombiniert mit einer Ausbildung in modernen Sprachen und untergliedert in ein Bachelor- und Masterstudium mit studienbegleitenden Prüfungen. Was heute nach flächendeckender Einführung des Bologna-Systems nicht so ungewöhnlich klingt, war geradezu revolutionär, als Reiner Pommerin 1996 erstmals an Kollegen und Kolleginnen anderer Disziplinen herantrat. Ein Jahr später, nach seiner Rückkehr von einer Gastprofessur in den Vereinigten Staaten von Amerika, nahm die Konzeption des IB-Studiengangs Fahrt auf. So schnell, dass bereits 1998 der erste Jahrgang das Studium aufnehmen konnte – aus dem Stand mit 90 Bewerbungen für die 30 Studienplätze.
Bürokratie war seine Sache ebenso wenig wie das Werben um Unterstützung in den beteiligten Fakultäten. Deshalb übernahm Reiner Pommerin in den Jahren 2003 und 2004 das Steuer als Wissenschaftlicher Direktor erst, als mit dem ZIS eine unabhängige Institution für die Trägerschaft des Studiengangs IB errichtet war und dieser sich – um ein für den passionierten Reserveoffizier der Luftwaffe passendes Bild zu wählen – in einem rasanten Steigflug befand. Er konnte allerdings nicht lange an Bord bleiben. Im Bologna-System mit der in Punkten bemessenen Arbeitsbelastung der Studierenden ließ sich eine grundständige inhaltliche wie methodische Ausbildung in den vier Disziplinen Internationale Geschichte, Internationale Politik, Internationales Recht und Internationale Wirtschaftsbeziehungen nicht abbilden (obwohl die Studierenden das Pensum durchaus bewältigt haben). Ein Fach musste wegfallen – und dieses war die Geschichte.
Trotz seines Ausscheidens blieb Reiner Pommerin dem Studiengang IB weiterhin verbunden. Bei den Veranstaltungen anlässlich des 20-jährigen Bestehens des Studiengangs saß er angeregt mitdiskutierend auf dem Podium, und beim 25. Jubiläum im Herbst 2023 hat er es genossen, sich mit den fast vollzählig erschienenen Absolventinnen und Absolventen des ersten Jahrgangs zu unterhalten. Das ZIS und der Studiengang IB verdanken ihm außerordentlich viel. Seine Vision, an einer deutschen Universität Studierende für internationale Berufsfelder auszubilden, ist in glänzender Weise aufgegangen. Wir trauern um ihn. Unser Mitgefühl gilt seiner Familie.