Nov 01, 2021
„Wir werden gehört und wir bewegen etwas“
Dagmar Möbius
Seit 32 Jahren engagieren sich Studierende für Klimagerechtigkeit an der TU Dresden und generell. Warum die 1989 gegründete TU Umweltinitiative „tuuwi“ offen für alle ist, wie sie arbeitet und was bei den regelmäßigen Grillabenden auf die Teller kommt, erzählten stellvertretend zwei Gruppenmitglieder für Kontakt-online.
Tom Stieler antwortete schnell. Bei „tuuwi“ ist er eine von mehreren Personen, die sich um das E-Mail-Postfach kümmern. „Klingt langweilig, ist aber echt spannend“, lacht er. Innerhalb von zwei Tagen organisierte er für das Absolventenmagazin ein Videogespräch, an dem auch Paula Clemens teilnahm. Die 22-Jährige studiert seit 2017 Maschinenbau mit Vertiefung Energietechnik und Interesse für Erneuerbare Energien an der TU Dresden. Bei einer Einführungsveranstaltung hörte sie von der TU Umweltinitiative. „Ich habe mich schon immer für Umweltthemen und Ernährung interessiert und dachte, gemeinsames Grillen klingt gut. Es war klasse, ich ging danach regelmäßig zum Plenum.“
„Es gab Sojasteaks (vom veganen Dresdner Restaurant Falscher Hase), die wirklich gut schmeckten“, wirft Tom Stieler schmunzelnd ein. Der 23-Jährige studiert Lehramt für Berufsbildende Schulen in den Fächern Maschinenbau und Physik. Über einen Umweltfilmabend im Kino im Kasten kam er 2018 zur „tuuwi“. „Magie der Moore“, ein Dokumentarfilm „fast ohne Ton“, wurde gezeigt. Eigentlich interessiert er sich eher für Fledermäuse, nahm aber auch an der ergänzenden Moorwanderung in der Dresdner Heide teil. Danach ging er regelmäßig zu den wöchentlichen Treffen im „tuuwi“-Garten. Immer dienstags. „Etwa ein halbes Jahr war ich nur dabei, weil ich so geflasht war von den Eindrücken, was und wie viel die machen“, blickt er zurück. Nach sechs Monaten sprang er dann als „Feuerwehrmann“ ein, immer wenn jemand gebraucht wurde: an der Kinokasse oder bei organisatorischen Aufgaben. Inzwischen ist das Mailpostfach seine feste Aufgabe. Kooperationsanfragen, Interview- oder Mitmachwünsche sowie Auskunftsersuchen gehen ein. „Wir pflegen den Kontakt nach außen, Kommunikation ist wichtig“, beschreibt er.
Paula Clemens hat auch Erfahrungen im Postfach. Sie entschied sich für die Mitarbeit in der AG Mensa, nachdem sie mit einem Gruppenmitglied gesprochen hatte. Klimafreundliches Essen, sprich aus regionalen, saisonalen, regelmäßig pflanzlichen Produkten, das Müll vermeidet, gehörte zu den Forderungen der Gruppe an die Universität. Die kürzlich erstmals anlässlich des Weltvegantages stattfindende Aktionswoche hat die AG über ein Jahr geplant und vorbereitet, u.a. in Kooperation mit dem Studierendenwerk. „Es gibt nicht nur ein besonderes Essensangebot, sondern auch Informationen über Umwelt, Klima, Veganismus und Gesundheit“, fasst Paula Clemens zusammen.
Die AG Mensa hat aktuell die meisten Aktiven. Die AG Film könnte dagegen Verstärkung vertragen. Zum harten „tuuwi“-Kern gehören momentan ungefähr 20 Personen, insgesamt fühlen sich der Umweltinitiative 50 Studierende, Absolventinnen und Absolventen sowie Postdocs zugehörig. Der basisdemokratisch aufgestellte Zusammenschluss Engagierter ist viel mehr als eine Vernetzungsplattform, in der alle per Du sind. „Wir schicken niemanden weg und sind immer offen für Ideen“, sagt Tom Stieler. „Es entsteht etwas, nicht andersherum.“ Die durch das Studium bedingte natürliche Fluktuation hat allerdings zur Folge, dass nicht alle Arbeitsgemeinschaften zu jeder Zeit arbeiten. Die Liste der aktuellen Projekte ist trotzdem lang. Kerngeschäft sind die Umweltringvorlesungen zu sozialökologischen Themen. Seit 20 Jahren werden diese ausschließlich durch Studierende organisiert. „Wir sind in der Umsetzung, inklusive Prüfungsleistung, total frei“, sagt der angehende Berufsschullehrer Tom Stieler stolz. Wer an „tuuwi“-Lehrveranstaltungen teilnimmt, erhält mit acht LP/CP/ETCS-Punkten aus mindestens vier Vorlesungen ein offizielles Zertifikat des studium oecologicum.
Das Interesse an der „tuuwi“ ist groß, bestätigen Paula Clemens und Tom Stieler. Aber wie ist die Resonanz auf die Aktivitäten? Stoßen die Beteiligten immer auf Gegenliebe? Beide lachen. „Aus studentischer Sicht ist die Laufzeit für manche Projekte manchmal sehr lang, manchmal ist es insgesamt schwierig“, antwortet Tom Stieler. Ein Beispiel waren die Baumpatenschaften. „Die haben wir initiiert, aber das Umsetzen mussten wir delegieren.“
An eine Aktion von 2019 erinnern sich die Aktiven. Damals stand vor dem Hörsaalzentrum ein vier mal vier Meter großer schwarzer Kubus, der auf den durch Bildung entstehenden Kohlendioxid-Ausstoß hinwies. Die TUD soll mehr Ökostrom beziehen, ist eine noch aktuelle Forderung. „Wir werden gehört und wir können etwas bewegen“, ist das Fazit. Deshalb bleiben Paula Clemens, Tom Stieler und die anderen Mitglieder der „tuuwi“ treu. Dienstags ab 18:30 Uhr treffen sich die Aktiven im „tuuwi“-Garten oder im digitalen Plenum über BigBlueButton.
Wer an einer Veranstaltung teilnehmen möchte, findet alle Termine auf der Website, bei Facebook, am Grünen Brett oder über den Telegram-Veranstaltungskanal www.t.me/input_dd, der u.a. von zwei „tuuwi“s betrieben wird.
Kontakt:
„tuuwi“
Haus der Jugend/StuRa-Baracke (ohne Leerzeichen)
Zimmer 13
George-Bähr-Str. 1e
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