Ein Ehemaliger der MedAk erzählt
(porträtiert im Jahr 2014)
Susann Mayer
Gottfried Wozel – Professor, Alumnus sowie „Mitbegründer“ der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus gehört zu denjenigen, die ihr Studium an der damaligen Medizinischen Akademie absolvierten und dort auch jahrelang wissenschaftlich arbeiteten.
Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit lag auf der Dermatopharmakologie, zu der er später habilitierte. Anfang der 1990er Jahre erlebte er den „medizinischen Umbruch“ hautnah mit, da er in der Gründungskommission der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus tätig war.
Kontakt sprach mit Prof. em. Dr. med. Gottfried Wozel über seine Erinnerungen an diese Zeit.
Prof. Wozel – was bewog Sie, Medizin studieren zu wollen; und weshalb genau die Spezialisierung auf die Dermatologie?
Der Wunsch wurde wesentlich durch meine Mutter geprägt, die als OP-Schwester im Frontlazarett während des Zweiten Weltkrieges eingesetzt war. Spätere Schilderungen über ihre Tätigkeit haben mich im Schulalter immer wieder sehr bewegt und den Berufswunsch verfestigt. Durch die tatsächliche Möglichkeit, nach dem Abitur ein Hochschulstudium aufzunehmen, war aus eigener Perspektive die definitive Entscheidung für das Medizinstudium gefallen. Im frühen Alter der ärztlichen Ausbildung wurde meine Liebe zu einem Fach wesentlich durch die Vorbildwirkung der Chefs geprägt. Deshalb hatte ich unter Prof. Hanns Büschelberger – ein Chef mit hoher Verehrung – die Facharztausbildung für Orthopädie begonnen. Leider erkrankte kurze Zeit später Prof. Büschelberger, sodass mein Vorbild letztlich verlustig ging und damit auch das Fach. Deshalb wechselte ich in die Dermatologie unter dem damaligen Chef Prof. Heinz-Egon Kleine-Natrop – eine wirklich ärztliche Persönlichkeit im dermatologischen Fach.
Ein Studium an der Medizinischen Akademie – wodurch zeichnete es sich in den 1970er-Jahren aus?
Die drei medizinischen Akademien in der damaligen DDR – Dresden, Erfurt, Magdeburg – waren ausschließlich für die klinische Ausbildung zuständig. Die vorklinische Ausbildung erfolgte in Form einer Delegation an bestehende Volluniversitäten. Somit habe ich meine vorklinische Ausbildung an der Humboldt-Universität zu Berlin abgeschlossen, um die spätere klinische Ausbildung bis 1971 an der Medizinischen Akademie „Carl Gustav Carus“ Dresden zu absolvieren. Abgesehen von der allgegenwärtigen, damals alle Lebensbereiche umfassenden offiziellen, politischen Doktrin sind mir die Zeiten in beiden Studieneinrichtungen ausgesprochen positiv in Erinnerung; sie waren sehr praxisnah und klinisch bezogen.
Sie studierten, forschten und habilierten – können Sie kurz Ihren Werdegang beschreiben?
Meine Biographie in Kürze:
- 1971: Aufnahme der Facharztausbildung an der Medizinischen Akademie Dresden
- 1976: Facharzt für Dermatologie
- 1978: Promotion
- 1990: Habilitation über experimentelle Studien zur Pathogenese der Psoriasis
- 1994: Berufung zur C3-Professur für Dermatologie mit dem Schwerpunkt Dermatopharmakologie
- 2010: kommissarischer Direktor der Klinik und Poliklinik für Dermatologie
- Gründungskommissionsmitglied (1991 bis 1994)
- Studiendekan (1994 bis 1997)
- Mitglied der Ethikkommission der Sächsischen Landesärztekammer seit ihrer Gründung
- Mitglied in verschiedenen wissenschaftlichen und akademischen Gremien (Gesellschaften, Stiftungen, Advisory Boards, Reviewer für wissenschaftliche Zeitschriften, Autor/Herausgeber von Büchern seit 1996, Investigator in über 60 klinischen Studien)
Eine 40-jährige Ära der Medizinischen Akademie ging 1993 zu Ende; wie würden Sie die Grundstimmung beschreiben?
Die Ära der Medizinischen Akademie Dresden war offiziell mit der Gründungsfeierlichkeit am 25.10.1993 Geschichte geworden – eine wichtige Zäsur für Historiker – jedoch waren nach wie vor viele ungelöste Detailfragen zu beantworten. In kürzester Zeit waren Berufungskommissionen zu wählen, um rasch die ausgeschriebenen C4- und C3-Stellen besetzen zu können. Viele Probevorlesungen waren zu organisieren usw. Als Folge war die Gründungskommission gezwungen, bis weit in das Jahr 1994 tätig zu sein. Naturgemäß haben Umbrüche bei einer Reihe von Mitarbeitern Bedenken, Sorgen, z.T. Ängste induziert, die sich auf einen Reihe von Fragen reduzierten: Wird mein Arbeitsplatz in der neuen Struktur erhalten bleiben? Wird die Zahl der unbefristeten Verträge drastisch reduziert werden? Welche bislang nicht absehbaren Konsequenzen wird das Sächsische Hochschulerneuerungsgesetz darüber hinaus haben?
Aufgrund der neuen Struktur war beispielsweise der vorhandene Personalbestand in Qualität und Quantität nicht 1:1 zu übernehmen, andererseits konnten soziale Sachverhalte nicht a priori ausgeklammert werden. Insgesamt war die Grundstimmung zunächst mehr von fragendem Charakter, teils von Unruhe geprägt, aber nicht konfliktbeladen akzentuiert. Ein sozialer Sprengstoff lag keinesfalls vor. Überwiegend schaute die Mehrzahl der Mitarbeiter mit fortschreitender Zeit optimistisch und motiviert in die Zukunft. Die buchstäbliche Mangelwirtschaft hatte ein Ende. Wissenschaftliche Ideen in Kliniken/Instituten konnten ungleich rascher und unkompliziert verwirklicht werden. Neue Kooperationen bahnten sich ihren Weg (z.B. Kernforschungszentrum Rossendorf, Institute der TU Dresden), usw. Durch den Studiengang Public Health konnten weitere Synergien gebündelt werden.
Sie waren Mitglied der Gründungskommission bei der Schaffung der Medinzischen Fakultät – vor welchen konkreten Aufgaben standen Sie?
Nachdem der Wissenschaftsrat in seinen Empfehlungen zur Hochschulmedizin in den neuen Ländern und Berlin vom 27.09.1991 ausgeführt hatte, dass im Bundesland Sachsen neben Leipzig auch Dresden als Standort für ein Hochschulklinikum gut geeignet wäre, wurde hingegen die Weiterführung der Medizinischen Akademie Dresden nicht empfohlen. Ein realistisches Ziel war indessen ein echter Neubeginn mit Gründung einer Medizinischen Fakultät an der TU Dresden (TUD). Der damalige Staatsminister für Wissenschaft und Kunst Prof. Dr. Hans Joachim Meyer hat deshalb unbürokratisch schnell einen Gründungsdekan von der Universität Würzburg – den emeritierten Neurochirurgen Prof. Dr. Karl-August Bushe – sowie weitere Mitglieder der Kommission berufen, deren erste konstituierende Sitzung im Dezember 1991 im Schloss Wachwitz stattfand. Es war im Übrigen die Zeit, in der gerade die notwendigen gesetzlichen Grundlagen in Sachsen geschaffen werden mussten (z.B. Sächsisches Hochschulerneuerungsgesetz vom 21.06.1991). Vor diesem umbruchintensiven Hintergrund müssen die wichtigsten Aufgaben der Gründungskommission gesehen werden: Erarbeitung von Vorschlägen für die Fakultätsstruktur, Festlegung der Personalausstattung sowie Erfassung/Beschreibung von den sächlichen Bedingungen (siehe auch § 127 SHEG). Das klingt aus heutiger Sicht einfach, fast banal, war damals – nicht sofort erkennbar – eine immense herausfordernde Aufgabe, zumal die Gründung nicht auf der „grünen Wiese“ erfolgen konnte, sondern Personalbestand, Gebäude, etc. zu integrieren waren. Zeitvolumen und logistischer Aufwand waren immens.
Was waren die größten Erfolge dieser Umbruchs-Zeit?
Sichtbarster Ausdruck und zugleich symbolträchtig waren für mich für die neue Fakultät der Neubau des Medizinisch-Theoretischen Zentrums (MTZ), dem viele Detailplanungen, wie Raumbuch-Erstellung, vorausgegangen waren. Gleichermaßen war der Erhalt der Zahnmedizin ein ganz wichtiger Erfolg. Für mich persönlich war die gesamte Phase der Tätigkeit in der Gründungskommission mit Abstand der beeindruckendste, interessanteste und lehrreichste Abschnitt meiner akademischen Ausbildung. Sie war insgesamt geprägt von dem außerordentlichen Willen, etwas Neues, Bleibendes zu schaffen. Das Ergebnis lässt sich heute auf beeindruckende Weise zeigen.
Fühlen sich die „Johannstädter“ an der TUD angekommen?
Die Frage würde ich ganz unkonventionell gern umkehren. Die TUD hat sich zur Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus mit ihren ca. 4.000 Mitarbeitern nach Johannstadt auf den Weg gemacht.
Kontaktdaten:
TU Dresden
Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus