Lebenslauf ohne Lücke
(interviewt im Jahr 2023)
Dagmar Möbius
Chenghao Dai ist Doktorand an der Professur für Produktionswirtschaft und Informationstechnik am Internationalen Hochschulinstitut in Zittau. Warum der 26-jährige Wirtschaftsingenieur dafür nach Deutschland zurückgekehrt ist, weshalb und wo er noch eine zweite Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter inne hat, was er nach seiner Promotion tun möchte und warum er Schnee mag, erzählte er Kontakt-online.
„Meine Forschung hat gerade erst angefangen,“, sagt Chenghao Dai bescheiden. Seit Mai 2023 ist er Doktorand an der Professur für Produktionswirtschaft und Informationstechnik am IHI in Zittau.
„Dass ich aus China stamme, ist offensichtlich“, stellt sich Chenghao Dai vor. Im Videocall bei 36° Außentemperatur sitzt er vor einem virtuellen Schnee-Foto. Im Hintergrund ein Gebäude der TU Dresden. Welches genau es ist, weiß er noch nicht. Aber Winter und Schnee mag er: „Ich habe gern Ruhe und in meiner Heimat schneit es nicht so oft.“
Eher Stratege als Operativer
„Deutschland ist meine zweite Heimat.“ Direkt nach seinem Abitur absolvierte er von 2014 bis 2018 ein Bachelor-Studium in Wirtschaftsingenieurwesen. Während eines Praktikums bei einer Volkswagen-Tochter in China hörte er vom Bereich Simulation und Modellierung für Produktion und Logistik der Universität Kassel. Hier schloss er von 2018 bis 2020 seinen Master Wirtschaftsingenieurwesen ab. Anschließend kehrte er nach China zurück und arbeitete als Supply Chain Planer für ein britisches Unternehmen der FMCG-Branche. FMCG steht für Fast Moving Consumer Good und meint sogenannte schnelldrehende Konsumgüter wie Süßwaren, Erfrischungsgetränke, Energydrinks, Reinigungsmittel, Kosmetika, rezeptfreie Arzneimittel oder Nahrungsergänzungsmittel. „Ich habe gemerkt, dass mir operative Arbeit nicht so liegt, sondern ich mich eher für den innovativen Ansatz im Bereich Supply Chain Management interessiere“, erzählt er. „Deshalb suchte ich eine Forschungsstelle in Deutschland.“
Lückenloser Lebenslauf
Gefunden und angenommen hat er zwei halbe Stellen als wissenschaftlicher Mitarbeiter: Beim Internationalen Hochschulinstitut in Zittau und beim Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung (IFF). Das erfordert gute Organisation. Von Montag bis Mittwochmittag arbeitet Chenghao Dai beim IFF Magdeburg, Außenstelle Cottbus, von Mittwochnachmittag bis Freitag an der Professur für Produktionswirtschaft und Informationstechnik in Zittau bzw. Dresden. „Die Kombination Lebenserfahrung und Forschung ist ideal und es gibt eine sehr gute Infrastruktur“, schwärmt der 26-Jährige. Er ist sich bewusst, ein relativ junger Doktorand zu sein. „Ich habe keine Lücke im Lebenslauf“, schmunzelt Chenghao Dai.
Deutsch lernte der junge Mann seit seinem zweiten Bachelor-Studienjahr beim Goethe-Institut. Aus Interesse. „Qingdao ist eine ehemalige deutsche Kolonie. Sie sieht wie eine normale deutsche Stadt aus, man kann sogar ein Gefängnismuseum besuchen“, erzählt er. Dass er seine Deutsch-Prüfung nach drei Jahren im dritten Anlauf bestand, auch.
Entschlossen zur Promotion
Der Name Chenghao steht für Entschlossenheit, Selbstdisziplin und Höflichkeit. Chenghao Dai weiß, was er will. Dennoch war es für ihn nach seinem Berufseinstieg nicht einfach, nach Deutschland zurückzukehren. Während seines Master-Studiums hatte er hier seine chinesische Frau kennengelernt. Sie arbeitet heute als Deutsch-Lehrerin an einer städtischen Schule in Guangzhou. „Die Entscheidung für meinen jetzigen Forschungsaufenthalt war schon lange getroffen. Ich möchte etwas machen, was ich wirklich möchte“, sagt der Doktorand. Mindestens einmal im Jahr plant das junge Ehepaar sich zu treffen.
Die Projektergebnisse aus Tests bei Fraunhofer hofft Chenghao Dai, für seine Doktorarbeit nutzen zu können und Forschungsfragen zu entwickeln. Auch wenn sich der 26-Jährige noch in der Orientierungsphase sieht, ist klar, dass es bei seinem Thema um Resilienz Wertschöpfungsnetzwerk gehen soll, weil er als Supply Chain Planner wegen der Pandemie viel mit den vielfältigen Supply Chain Disruptionen erlebt hatte. Noch gebe es viele offene Fragen.
Berufliche und persönliche Pläne
Nach seiner Promotion möchte Chenghao Dai nach China zurückkehren und an der Industrieberatung mitarbeiten. Zudem: „Ich bin Einzelkind in meiner Familie, ich muss mich um meine Eltern kümmern.“
In Deutschland findet der zurzeit in Dresden Lebende „die Natur sehr schön und die Leute nett.“ Allerdings stellte er fest: „Eng befreundet man sich nicht so einfach.“
Kontakt:
TU Dresden
Internationales Hochschulinstitut (IHI) Zittau
Professur für Produktionswirtschaft und Informationstechnik
Chenghao Dai
Tel: +49-3583-612-4194