Mitautor des Fortschrittsberichts zur Klimatechnologie 2023
(befragt im Jahr 2024)
Dagmar Möbius
Dr. Adedoyin Adeleke hat Maschinenbau und Energiewirtschaft in Nigeria studiert. Nach seiner CIPSEM-Kursteilnahme hatte er einen Plan. Doch der funktionierte in seiner Heimat nicht. Was ihn heute konkret beschäftigt und wie er es geschafft, eine Straße in „Green Growth Avenue“ umbenennen zu lassen, hat er Kontakt-online erzählt.
Bitte erzählen Sie uns etwas über Ihren beruflichen Werdegang.
Mein beruflicher Werdegang verläuft immer wieder an der Schnittstelle von Wissenschaft, Politik und Praxis. Meinen Bachelor-Abschluss habe ich in Maschinenbau an der Obafemi Awolowo University in Nigeria erworben. Mein Interesse, etwas zur Lösung der trotz des großen Potenzials an erneuerbaren Energien in Nigeria herrschenden Energiekrise beizutragen, hat mich dazu bewogen, einen multidisziplinären Master-Studiengang in Energiewirtschaft mit dem Schwerpunkt erneuerbare Energien an der University of Ibadan zu absolvieren, ebenfalls in Nigeria. Dann hatte ich die Gelegenheit, am 69. UNEP/UNESCO/BMUB International Short Course in Renewable Energy and Energy Efficiency am Centre for International Postgraduate Studies of Environmental Management (CIPSEM) in Dresden teilzunehmen.
Am Ende dieses Kurzkurses musste jeder der Teilnehmenden einen Aktionsplan vorlegen, der nach dem Kurs umgesetzt werden sollte. Ich erläuterte meine Absicht, Kurse zum Aufbau von Humankapital für die Entwicklung erneuerbarer Energien in Afrika zu entwickeln. Nach meiner Rückkehr stellte sich heraus, dass meine anfänglichen Bemühungen nicht funktionierten, also verbesserte ich die ursprüngliche Idee, und so entstand das heutige „Mentoring for Research Programme“. Im Rahmen dieses Programms stellen wir fachliche und thematische Mentoring-Beziehungen zwischen Fachleuten aus der ganzen Welt und Doktorandinnen und Doktoranden an afrikanischen Universitäten her. Die Fachleute als Mentorinnen und Mentoren unterstützen die Studierenden in allen Bereichen bei ihren Forschungsprojekten zu Themen des grünen Wachstums. Das Programm wurde 2017 zur Vorreiterinitiative von Green Growth Africa und hat bislang fast 200 Doktorandinnen und Doktoranden an 55 Universitäten in 22 afrikanischen Ländern unterstützt. Die Organisation wurde als Internationales Unterstützungsnetzwerk für Afrikanische Entwicklung (ISNAD-Africa) gegründet, woraus dann das Nachhaltigkeitsnetzwerk für Grünes Wachstum in Afrika (Green Growth Africa) entstand. Seitdem hat die Organisation in mehr als 20 afrikanischen Ländern zahlreiche weitere Initiativen zu grünem Wachstum initiiert und durchgeführt, unter anderem in den Bereichen Klima, Biodiversität und nachhaltige Energie sowie zu anderen aktuellen Themen wie Kompetenzaufbau, politische Interessenvertretung und Entwicklung.
Im Bereich der Politik war ich an verschiedenen globalen Berichten beteiligt, u. a. als führender nationaler Mitwirkender zu den vier aufeinanderfolgenden Jahresberichten des Netzwerks für Erneuerbare Energien für das 21. Jahrhundert (REN21), und zwar dem „Global Status Report“ zu erneuerbaren Energien für die Jahre 2017, 2018, 2019 und 2020. Außerdem habe ich 2018 für mein Land zur zweiten Ausgabe des UNEP-Klimaberichts zu erneuerbaren Energien und Energieeffizienz (1 Gigaton Report) beigetragen. Im Jahr 2023 war ich einer der 33 Wissenschaftler aus aller Welt, die den vom UNEP Copenhagen Climate Centre, dem United Nations Climate Technology Centre & Network (CTCN) und UN Climate Change herausgegebenen Fortschrittsbericht 2023 zur Klimatechnologie erstellt haben. Darüber hinaus wirke ich als Autor am Global Environment Outlook-7 (GEO-7) mit, der von UNEP veröffentlicht werden wird. Außerdem war ich Gutachter für das UNESCO-Länderprofil für Nigeria zum Thema Klimakommunikation und Bildung. Zudem habe ich an verschiedenen öffentlichen politischen Diskursen zu diversen politischen Themen in den Medien teilgenommen, über die in mehr als 80 Zeitungsartikeln und anderen Medien innerhalb und außerhalb Afrikas berichtet wurde. In diesen politischen Diskursen ging es u.a. um grünes Wachstum, grüne Wirtschaft, gerechten und grünen Wandel, Klimawandel, biologische Vielfalt, nachhaltige Energie und Umweltverschmutzung durch Plastik.
In den vergangenen drei Jahren habe ich außerdem zwei neue digitale Initiativen ins Leben gerufen, die die Politikentwicklung für grünes Wachstum und die Eindämmung von Umweltproblemen in Afrika revolutionieren würden. Wenn alles gut geht, werden die beiden Initiativen in diesem Jahr (2024) gestartet. Ebenfalls in diesem Jahr werden wir ein grünes Gebäude, das Green Growth Hub, in Auftrag geben – ein Gebäude aus Plastikflaschenabfällen, das mit Solarenergie betrieben wird und von Green Growth Africa unterstützt wird. Ich möchte auch erwähnen, dass ich Green Growth Africa – in Zusammenarbeit mit den Interessenvertretern der Gemeinde und der Regierung – dazu gebracht habe, die Straße, in der sich das Gebäude befindet, „Green Growth Avenue” zu nennen.
Was die Wissensgenerierung betrifft, so führe ich Forschungsarbeiten über den Zusammenhang zwischen dem Zugang zu Energie und den Nachhaltigkeitszielen (SDGs) durch, womit ich bereits in meiner Doktorarbeit begonnen habe, nun mit dem Schwerpunkt auf grüner Wirtschaft. Ich bin Fellow an der UNESCO-Professur für Energie für nachhaltige Entwicklung am Institut für Energie des Politecnico di Milano in Mailand, Italien. In dieser Funktion beteilige ich mich an mehreren Forschungs- und Projektarbeiten zu verschiedenen Themen im Zusammenhang mit Energie und Entwicklung, von denen einige von der Europäischen Kommission finanziert werden, darunter „Ambassadors for sustainable transition“ (AMBITION), die langfristige gemeinsame Forschungs- und Innovationspartnerschaft für erneuerbare Energien (LEAP RE) zwischen der Europäischen Union und der Afrikanischen Union.
In Anerkennung meiner Arbeit und Beiträge wurde ich mit verschiedenen Preisen, Stipendien und Auszeichnungen geehrt, darunter Einladungen zu wichtigen globalen Plattformen. So wurde ich unter anderem als erster Afrikaner in die Liste der „30 Under 30 Gamechangers” in Environmental Education aufgenommen, einer globalen Preisinitiative, die von den Regierungen der USA und Taiwans finanziert wird, sowie in die Liste der „40 Under 40 Changemakers” in Solar Energy von Renewable Energy World (damals im Besitz der Pennwell Corporation, USA) und in die Top 100 Shakers and Movers in Corporate e-learning. Außerdem wurde ich eingeladen, meine Arbeit auf der Nationalen Konferenz für Entwicklungszusammenarbeit zu präsentieren, an der u. a. der italienische Premierminister, Staatsoberhäupter afrikanischer Länder, Kommissare der Europäischen Kommission und Minister der italienischen Regierung teilnahmen. Nicht zuletzt wurde ich von US-Außenminister Anthony Blinken eingeladen, im Dezember 2022 am Gipfeltreffen führender Politiker aus den USA und Afrika unter der Leitung von US-Präsident Joe Biden in Washington, D.C. teilzunehmen.
Welchen CIPSEM-Kurs haben Sie besucht? Wie haben Sie davon erfahren?
Ich besuchte den 69. UNEP/UNESCO/BMUB International Short Course in Renewable Energy and Energy Efficiency im Jahr 2016. Der Kurs vermittelte ein umfassendes Verständnis für erneuerbare Energien und Energieeffizienz, das meinen Weg und meine Arbeit bis heute prägt.
Was genau machen Sie heute und was sind Ihre Aufgaben?
Wie bereits erwähnt, bewegt sich meine Arbeit im Schnittfeld von Wissenschaft, Politik und Praxis. Indem ich die drei Dimensionen meiner Arbeit nutze, entwickle ich neue Lösungen, wobei ich buchstäblich am laufenden Band erfinde, neu erfinde und Partnerschaften aufbaue. Ich leite unser Team bei Green Growth Africa und trage als Fellow der UNESCO-Professur für Energie für nachhaltige Entwicklung am Politecnico di Milano, Italien, zu Forschungs- und Entwicklungsprojekten bei. Außerdem leiste ich einen Beitrag zu globalen entwicklungspolitischen Rahmenkonzepten und Strategien, einschließlich politischer Dialoge und Debatten.
Was ist Ihre schönste Erinnerung an Ihre Zeit in Dresden?
Dresden war die erste nicht-afrikanische Stadt, in der ich fast einen Monat lang geblieben bin. Meine schönste Erinnerung an die Stadt ist wiederum das CIPSEM-Team. Das Zusammentreffen mit einer breit gefächerten Gemeinschaft von Experten aus verschiedenen Ländern dieser Welt, mit denen wir über Tausende von Kilometern hinweg befreundet geblieben sind. Erinnerungen an die Gespräche und die Unterstützung von Dr. Anna und Dr. Andre mit wichtigen Hinweisen. Ich bin dankbar für ihre Hilfe damals, als ich 2016 am CIPSEM war, und ich profitiere auch heute noch von ihrer Unterstützung.
Kontakt:
Adedoyin Adeleke, PhD
Executive Director, Green Growth Africa
Ibadan, Nigeria