Noch keine alltägliche vietnamesische Karriere
(porträtiert im Jahr 2019)
Dagmar Möbius
Die chemische Verfahrenstechnikerin promovierte vor 15 Jahren an der TU Dresden über Methoden zur Verbesserung der Klebfestigkeit. Heute ist Dr. Phung Lan Huong Direktorin des Büros für Externe Beziehungen an der Universität Hanoi.
Phung Lan Huong stammt aus einer intellektuellen Familie in Vietnam. Sie wurde in Hanoi geboren und wuchs dort auf. An der Universität Hanoi studierte sie ab 1990 Chemische Verfahrenstechnik. Vorbild war ihre Mutter, die dort zwischen 1966 und 1971 Chemie mit Schwerpunkt Silizium studiert hatte. In dem asiatischen Land ist es auch heute noch nicht selbstverständlich, dass Frauen ein technisches Fach studieren. „In den letzten Jahren hat sich die Zahl erhöht“, sagt Phung Lan Huong. An der Hanoi University of Science and Technology (HUST) mit knapp 35 000 Studierenden beträgt die Quote heute 23,2 Prozent. An den Ingenieursabschluss schloss die Chemikerin ein zweijähriges Masterstudium bis 1998 an. Danach lehrte sie am Fachbereich Chenmieingenierwesen.
Als 1999 das Vietnamesisch-Deutsche Zentrum an der HUST eröffnete, rieten ihr die Direktorin des DAAD-Büros und einige Professoren, die in Deutschland studiert hatten, sich für ein Promotionsstipendium zu bewerben. Professor Uwe Füssel, Fügetechnik-Experte an der TU Dresden, führte damals ein Projekt mit der HUST durch. Phung Lan Huong bekam im Jahr 2000 ein sechsmonatiges Praktikumsstipendium. Ab 2001 begann sie mit einem für drei Jahre gewährten Stipendium der Daimler-Benz-Stiftung an der TUD zu promovieren. Im September 2005 verteidigte sie ihre Dissertation erfolgreich an der Professur für Fügetechnik. Das Thema: „Grenzflächenuntersuchungen an geklebten Fügeteilen und Entwicklung von Methoden zur Verbesserung der Klebfestigkeit“. Professor Füssel und Professor Kleinert betreuten die Arbeit.
Prof. Uwe Füssel, seit 1993 Inhaber der Professur Fügetechnik und Montage am Institut für Fertigungstechnik der TUD-Fakultät Maschinenwesen, hatte 2001 mit dem Aufbau des Vietnamesisch-Deutschen Ausbildungs- und Forschungsinstitutes in Vietnam begonnen. Mit ihm und einigen Wegbegleitern ist die Chemikerin heute noch im guten Kontakt. Mit der Stadt Dresden verbindet sie sehr viele schöne Erinnerungen. Auch der Sohn wohnte zwischen seinem dritten und sechsten Lebensjahr mit in der sächsischen Landeshauptstadt.
Dass in Deutschland mehr Frauen technische Fächer studieren als in ihrer Heimat, beeindruckt Dr. Phung Lan Huong. „Sie haben auch höhere Positionen in der Gesellschaft“, hat sie beobachtet und nennt als Beispiel Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Physik studiert hat. „In Vietnam werden die Rollen der Männer mehr geschätzt. Frauen sind oft Hausfrau oder als Sozialarbeiterin tätig“, erzählt sie. „Traditionell sollen sich Frauen in Vietnam um die Hausarbeit kümmern. Sie müssen deshalb doppelt so viel arbeiten wie Männer mit den gleichen Qualifikationen.“ Allerdings kennt sie viele Frauen, die ein technisches Fach studierten und heute wichtige Positionen bekleiden, so beispielsweise die Vorsitzende des Universitätsrats der HUST, die Erdölchemie studierte.
Phung Lan Huong war nach ihrer Rückkehr nach Vietnam zunächst wieder in der Lehre in ihrem Fach „Chemische Verfahrenstechnik“ an der HUST tätig. Von 2009 bis 2016 leitete sie das „Bach Khoa Publishing House“, eine 2005 gegründete Kooperation unter dem Dach der HUST und des vietnamesischen Ministeriums für Information und Kommunikation. In dem Unternehmen stand die Produktion digitaler Lehrbücher für 40.000 Studierende mit Fokus auf adaptives Lernen auf der Agenda. Phung Lan Huong fungierte nicht nur als Direktorin, sondern auch als Chefredakteurin.
Seit November 2019 leitet die Wissenschaftlerin die Abteilung für Externe Kooperationen der HUST. Zuvor war sie drei Jahre als Verwaltungsleiterin und Assistentin des Rektors für interne Angelegenheiten tätig. In ihrer neuen Position ist Dr. Phung Lan Huong auch dafür verantwortlich, dass sich die Zusammenarbeit mit Deutschland weiterentwickelt. Sie wünscht sich ein gutes Miteinander zwischen den Technischen Universitäten Hanoi und Dresden. „Ich hoffe auf noch mehr gute Ergebnisse für die akademische Ausbildung und Forschungsprojekte“, fasst sie zusammen. Die Chancen stehen seit November 2019 noch einmal besser. Während eines Alumnitreffens in Hanoi traf sie nicht nur Prof. Füssel wieder, sondern lernte auch die Leiterin der Stabsstelle Internationalisierung, Katharina Schmitt, kennen. Diese zeigt sich begeistert: „Frau Dr. Huong ist für uns ein wahrer Glückfall. Internationalisierung ist wie Diplomatie – sie baut stark auf gegenseitiges Verständnis und Vertrauen auf. Frau Huong ist nicht nur interessiert an der Zusammenarbeit, sondern kennt die TU Dresden auch sehr gut; beides sind optimale Voraussetzungen für die zukünftige Partnerschaft mit der HUST.“
Dabei kann sie auch an ihrer Hochschule auf ein gutes Netzwerk zurückgreifen. Viele vietnamesische Alumni der TU Dresden haben heute wichtige Positionen an der HUST inne, so der Präsident Prof. Hoang Minh Son, der Vize-Direktor des Büros für Akademische Angelegenheiten Prof. Nguyen Dac Trung oder die Direktorin des Institutes für Forschung und Entwicklung von Naturprodukten, Nguyen Minh Tan. Einen engen Verbündeten hat sie auch in der eigenen Familie: Ihr Mann ist Juniorprofessor im Bereich chemische Verfahrenstechnik und Direktor der Zulassungsabteilung der HUST.
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